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Wohnriester – Allheilmittel oder Marketingerfolg?

Die Wohn-Riester hat auch Tücken (Bild: Thinkstock)
Die Wohn-Riester hat auch Tücken (Bild: Thinkstock)


In der letzten Zeit haben wir bei mehreren Finanzierungsangeboten gesehen, dass Wohnriester-Verträge aktiv angeboten werden. Da dabei offenbar viele Halbwahrheiten verbreitet werden, möchte ich Ihnen in sieben Punkten Wissenswertes und Kritisches zu Wohnriester mitteilen.



Doch eines vorweg: Ich habe kurz nach der Einführung des Wohnriesters ein Tagesseminar zu diesem Thema besucht. Seitdem habe ich ein sehr gespaltenes Verhältnis zu Wohnriester, denn ich war geschockt, dass der renommierte Professor, der den Workshop hielt, auf meine hartnäckigen Rückfragen zugeben musste, dass ich recht hätte – man müsste sich auch die Besteuerung im Alter ansehen, um endgültig zu sagen, ob sich Wohnriester lohnt oder nicht. Seine Ausführungen damals reichten aber immer nur bis zum Renteneintritt und den Ersparnissen bis dahin. Die Programme damals gaben eine Berechnung im Ruhestand überhaupt noch nicht her.

Seitdem sind einige Jahre vergangen und man sieht Riester-Angebote in der Praxis und findet auch Rechner über die Besteuerung.

Wie funktioniert Wohnriester?
Ziel des Wohnriesters ist es, die Bildung von selbstgenutztem Wohneigentum zu fördern. Man zahlt also in einen Bausparvertrag oder tilgt ein Darlehen, statt in einen Riester-Rentenvertrag zu zahlen. Logischerweise steht auf diese Art und Weise kein Kapital zum Rentenbeginn zur Verfügung. Der Staat muss also, wenn etwas besteuert werden soll, einen fiktiven Wert bilden. Daher wird ein Wohnförderkonto angelegt, das unterstellt, dass sich alle Beiträge um jährlich 2 Prozent verzinsen.

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An einem Beispiel habe ich das einmal durchgerechnet:
Läuft eine Finanzierung mit Wohnriester noch 35 Jahre, so kommt es bei zwei Kindern (und vielen Annahmen zu Einkommen und Förderungsdauer der Kinder) zu einem Wohnförderkonto in Höhe von rund 147.000 Euro. Dieser Betrag kann dann auf einen Schlag versteuert werden (mit 30 Prozent Nachlass).

Dies würde eine Steuerbelastung von ca. 30.000 bis 39.000 Euro – je nach persönlichem Steuersatz – bedeuten. Die Steuerschuld kann auch in Raten bis zum Alter 85 abbezahlt werden (im Todesfall vor dem Alter 85 müssen die Erben den Rest begleichen). Die monatliche steuerliche Mehrbelastung liegt dann bei ca. 150-170 Euro. Bekämen Sie Ruhestandseinkünfte von um die 3.000 Euro wären somit 5 Prozent für die Steuer abzugeben (bis Alter 85).

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Die heute verfügbaren Online-Rechner zeigen sehr schön, dass sobald das Riester-Darlehen getilgt ist (was früher ist, als das normale Darlehen), die monatlich „gewohnte“ Rate für die Tilgung der Steuerschuld gespart werden sollte. Zum Tilgungsende des normalen Darlehens werden die ausgegebenen Summen verglichen. Ich habe diverse Szenarien durchgespielt und kam zu verschiedenen Ergebnissen: 2.000 Euro Vorteil für Riester. Aber auch: 2.000 Euro Nachteil für Riester.

Mein Fazit aus diesen Berechnungen:
1)    Viele Berechnungen werden knapp ausgehen. 2.000 Euro über eine gesamte Finanzierungszeit können durch kleine Veränderungen der Ausgangssituation (z.B. Sohn studiert doch nicht und es gibt dadurch 5 Jahre weniger Zulage) ruck-zuck weg sein.

2)    Bei einem gewählten sehr hohen Darlehen war die Riester-Variante deutlich schlechter (im 20.000 Euro-Bereich!)

3)    Wer sich für Wohnriester entscheidet, muss die Steuer im Blick haben, alle Steuervorteile während der Laufzeit konsequent für die Sondertilgungen einsetzen und am besten einen Sparplan für die Steuerzahlung im Ruhestand laufen haben.

4)    Wer wohnriestert muss daran glauben, dass alles gut geht. So müssen die Zulagen regelmäßig fließen, keine plötzlichen Streichungen seitens der Zulagenstelle kommen, etc.

5)    Man muss sich im Klaren sein, dass man später im Ruhestand für etwas zahlt, was man längst „genossen“ hat. Die Steuern aus dem Wohnförderkonto werden unweigerlich auf den Wohn-Riester-Sparer zukommen. Ich bin sicher, es wird vielen Rentnern weh tun, wenn plötzlich von der Rente ein Betrag X an Steuern weggeht. Sie werden nicht vorgesorgt haben. Das Haus hat dann vielleicht gerade eine Sanierung nötig und dann kommt diese Belastung für etwas, was praktisch „vorbei“ ist. Ich halte das nach wie vor für sehr schwierig.

6)    Es darf in Ihrer Lebensplanung nichts schief gehen. Sie müssen Zulagen und Steuervorteile zurückzahlen, wenn Sie Ihr Haus oder Ihre Wohnung verkaufen oder vermieten und sich kein neues Eigentum zulegen. Jedoch gibt es einige Ausnahmen, wie ein beruflich bedingter Umzug von begrenzter Dauer, oder wenn die Absicht besteht, das Objekt später wieder selbst zu nutzen (bis spätestens mit Alter 67). Jede dritte Ehe in Deutschland wird jedoch geschieden. Gerade nach einer Scheidung kann es sich oft kein Partner leisten, Wohneigentum zu halten. Bedenken Sie auch solche Eventualitäten.

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7)    Grundsätzlich: Wohnriester hat gar nichts damit zu tun, wozu Riester ursprünglich gedacht war. Riester-Renten sollten die Lücken stopfen, die durch die Rentensenkung entstanden waren. Es kommt mir vor, wie ein Fehler im Programm. Oder wie sehr gute Lobbyarbeit.

Trauen Sie dem Angebot eines Wohnriesters nicht ungeprüft. Rechnen Sie nach und überlegen Sie, wie viel Einschränkung und Vorgabe für Ihr Wohneigentum Sie hinnehmen möchten.

Ihre Stefanie Kühn