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Wirecard-Skandal: Bundesregierung kündigt Gesetzesverschärfungen an

Finanzminister Scholz und Justizministerin Lambrecht legen einen Aktionsplan vor: Die Bilanzkontrolle soll reformiert, die Bafin gestärkt werden. Doch vieles bleibt vage.

Die Bundesregierung hat sich auf erste Konsequenzen aus dem Wirecard-Bilanzskandal verständigt. Bundesfinanzminister Olaf Scholz und Justizministerin Christine Lambrecht (beide SPD) stellen am Mittwoch in Berlin einen „Aktionsplan“ vor, der zuvor auch im Kabinett besprochen wurde. Es gehe um eine effektivere Kontrolle und mehr staatliche Durchgriffsrechte, sagte Scholz.

Unterdessen forderte der zuständige EU-Kommissar Valdis Dombrovskis Konsequenzen auf EU-Ebene aus dem mutmaßlichen Milliardenbetrug. Mängel vor allem in der Finanzaufsicht müssten aufgehoben werden, sagte Dombrovskis am Mittwoch im Plenum des Europaparlaments. Die EU-Kommission halte es für wichtig, ein EU-weites Regelbuch einzuführen, so der Kommissionsvize. Es müsse strengere Regeln für immer komplexer werdende Systeme geben. Die Kommission werde dazu bis Ende des Jahres einen Vorschlag vorlegen, so Dombrovskis.

Im Aktionsplan der Bundesregierung heißt es, dass der Wirecard-Skandal nicht vollständige aufgearbeitet sei. „Dennoch lassen sich auf Grundlage der gegenwärtigen Erkenntnisse bereits erste Schlussfolgerungen für die Verbesserung der Bekämpfung von Bilanzbetrug und zur Stärkung der Kontrolle über Kapital- und Finanzmärkte ziehen“. Tatsächlich finden sich in dem Papier noch keine konkreten Vorschläge für Gesetzesänderungen, sondern vor allem Ankündigungen und Prüfaufträge. Scholz kündigte aber an, schon bald Gesetzesentwürfe vorzulegen.

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Ein Schwerpunkt liegt bei der Bilanzkontrolle. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY war in die Kritik geraten, weil sie über Jahre Wirecard korrekte Bilanzen attestierte, obwohl es Hinweise über Unregelmäßigkeiten gab.

Die Bilanz- und Abschlussprüfung solle schlagkräftiger gemacht werden, heißt es nun in dem Papier. So kündigt die Bundesregierung an, dass große börsennotierte Unternehmen den Wirtschaftsprüfer häufiger wechseln müssen. „Wir werden die Unabhängigkeit der Abschlussprüferinnen und Abschlussprüfer stärken, indem wir auch für Kapitalmarktunternehmen eine verpflichtende externe Prüferrotation nach zehn Jahren vorsehen“, heißt es. So solle verhindert werden, dass Wirtschaftsprüfer „betriebsblind“ werden, sagte Lambrecht.

Zudem wolle man „die Trennung zwischen Prüfung und Beratung (…) verschärfen“. Wie genau das geschehen soll, steht in dem Papier allerdings nicht. Auch bei der Frage der Aufsicht und Kontrolle bleiben die Ankündigungen noch vage. Das Verfahren werde man grundlegend zugunsten eines stärker staatshoheitlich geprägten Bilanzkontrollverfahrens reformieren, heißt es in dem Papier. Dazu soll die Rolle der Finanzaufsicht Bafin gestärkt werden. „Wir wollen mehr Biss für die Bafin“, sagte Scholz.

Die Bafin brauche „ein Prüfungsrecht gegenüber allen kapitalmarktorientierten Unternehmen einschließlich Auskunftsrechte gegen Dritte, die Möglichkeit forensischer Prüfungen sowie das Recht, die Öffentlichkeit früher als bisher über ihr Vorgehen bei der Bilanzkontrolle zu informieren“, heißt es in dem Papier. „So werden Bilanzkontrollen insgesamt schneller, transparenter und effektiver.“

Schnelle Eingreiftruppe für die Finanzaufsicht?

Bisher gab es ein zweistufiges Verfahren: Für die Kontrolle ist die privatrechtlich organisierte „Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung“ (DPR) zuständig. Die Bafin kann das Verfahren an sich ziehen, wenn sie Zweifel an der ordentlichen Kontrolle hat. Bei Wirecard hat sie das lange nicht getan, sondern auf die Prüfung der DPR gewartet.

Die Bundesregierung hatte als Konsequenz bereits den Vertrag mit der DPR gekündigt. Wie die Kontrolle künftig genau ablaufen soll, ist aber offensichtlich noch immer nicht klar. Man prüfe, wie eine privatrechtlich organisierte Prüfstelle auch künftig eine Funktion bei der Bilanzkontrolle übernehmen kann, heißt es in dem Papier.

Was konkret bei der Finanzaufsicht Bafin geändert werden soll, steht in dem Aktionsplan nicht. Immerhin heißt es, dass man die „Personalausstattung der Bafin umfassend untersuchen“ wolle. „Dies schließt die Prüfung des Aufbaus einer schnellen Eingreiftruppe ein“.

Es steht auch ebenfalls noch nicht fest, ob es Änderungen bei der Wirtschaftsprüferaufsicht Apas geben wird. Eine „Stärkung der Aufsichtsbefugnisse“ der Apas werde geprüft, heißt es in dem Papier.

Auch die Aufsicht innerhalb von börsennotierten Konzernen soll verschärft werden. Doch auch hier bleibt es bei der Ankündigung: „Wir werden Maßnahmen zur Stärkung der Corporate Governance von börsennotierten Unternehmen ergreifen“, heißt es in dem Aktionsplan. Als Beispiel werden etwa die „obligatorische Einrichtung eines Prüfungsausschusses“ und die „Stärkung der Informationsrechte des Aufsichtsrates“ genannt.

Der Plan soll ein Zeichen setzen

Die Anti-Geldwäsche-Einheit beim Zoll, die FIU, soll ebenfalls gestärkt werden. Aber auch hier bleiben die Pläne relativ unkonkret. Die Bafin und die FIU sollten sich „noch enger abstimmen“, heißt es in dem Papier. Die FIU solle zudem „die Datenübermittlung an die Strafverfolgungsbehörden intensivieren“. Was damit genau gemeint ist, wird nicht klar. Denn eigentlich hat die FIU die Aufgabe, Verdachtsmeldungen zu filtern und nur die relevanten Fälle an die Staatsanwaltschaft und Landeskriminalämter weiterzugeben.

Noch nicht entschieden ist, ob die FIU auf mehr Daten zugreifen darf. Auch hier gibt es bisher nur einen Prüfauftrag in dem Aktionsplan. „Wir werden prüfen, ob und gegebenenfalls wie weit der FIU eine Befugnis zum automatisierten Zugriff auf die bundesweit verfügbaren steuerlichen Grunddaten von Bürgerinnen und Bürgern sowie Unternehmen eingeräumt werden sollte“, heißt es in dem Papier.

Aus der Opposition gab es Kritik. „Der Aktionsplan ist eine Enttäuschung“, sagte Grünen-Finanzpolitiker Danyal Bayaz. „Er bietet als Antwort auf den Wirecard-Skandal wenig mehr als die Ankündigung, dies oder jenes zu prüfen.“ FDP-Generalsekretär Volker Wissing sagte: „Der Aktionsplan unterstreicht die nach Einschätzung von Herrn Scholz vorhandenen Defizite in der Finanzaufsicht.“ Er stellte die Frage, ob es dazu erst den Bilanzbetrug bei Wirecard gebraucht habe. „Wir brauchen gerade in der Finanzmarkregulierung mehr vorausschauendes Handeln anstelle des blinden Aktionismus der Bundesregierung.“

Der Aktionsplan wurde zwar am Mittwoch im Kabinett besprochen und gilt damit innerhalb der Bundesregierung als abgestimmt. Bei konkreten Gesetzesentwürfen dürfte es innerhalb der Regierung dann aber noch Diskussionen geben.

Insofern ist der Aktionsplan vor allem auch ein Zeichen von Finanzminister Scholz, um Änderungswillen zu demonstrieren. Denn am Donnerstag soll die konstituierende Sitzung des Wirecard-Untersuchungsausschusses im Bundestag stattfinden. Bei dem stehen vor allem Finanzminister Scholz und die ihm unterstehenden Behörden Bafin und FIU im Fokus.