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Diese ehemalige "GNTM"-Teilnehmerin wurde Opfer von Cybermobbing – so hat sich ihr Leben verändert

Lijana Kaggwa war nach ihrer Teilnahme bei Germany's Next Topmodel massivem Cybermobbing ausgesetzt. - Copyright: Lars Ternes
Lijana Kaggwa war nach ihrer Teilnahme bei Germany's Next Topmodel massivem Cybermobbing ausgesetzt. - Copyright: Lars Ternes

"Ich habe noch nie einen so ekelhaften Menschen wie dich gesehen." Das ist der erste Hass-Kommentar, den Lijana Kaggwa über sich liest. Zu diesem Zeitpunkt ist ihr noch nicht klar, dass Cybermobbing ihr Leben verändern wird.

Es ist März 2020 und gerade wurde die vierte Folge der Model-Castingshow "Germany's Next Topmodel" (GNTM) ausgestrahlt. Kaggwa ist eine der Kandidatinnen. Sie weiß zu diesem Zeitpunkt bereits, dass sie es ins Finale der Show schaffen wird. In den vergangenen Monaten ist sie mit "GNTM" um die halbe Welt gereist. Jetzt kann ganz Deutschland im Fernsehen mitverfolgen, wie sich Kaggwa und ihre Kolleginnen von einer Challenge zur nächsten schlagen.

Als die vierte Folge gerade über die Bildschirme flimmert, sitzt Kaggwa im Flugzeug nach Jamaika, wo über sie ein Beitrag gedreht werden soll. Als sie landet, liest sie ihren ersten Hate-Kommentar – und findet noch tausend andere. "Ob Instagram, Twitter, Facebook, Tiktok – aus allen Kanälen schoss gefühlt nur noch Häme und Hass auf mich ein", sagt Kaggwa. Warum, wusste sie nicht. In der Sendung war der Eindruck entstanden, dass Kaggwa mit einer anderen Teilnehmerin Streit gehabt habe. Ab da wird sie zum Hassobjekt vieler Zuschauer. Die folgenden Wochen und Monate werden für die junge Frau zur Tortur. "Ich war immer ein total fröhlicher Mensch", sagt Kaggwa. "Aber zu diesem Zeitpunkt hatte ich Suizidgedanken."

Cybermobbing hat ihr Leben verändert

Das ist jetzt drei Jahre her. Seither hat sich für Lijana Kaggwa vieles verändert. Mittlerweile nutzt sie ihre Reichweite auf Social Media, um über Cybermobbing und seine Folgen aufzuklären. "Ich will die ganze Gesellschaft auffordern, sich einzumischen", sagt sie.

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Außerdem hat sie im April 2023 ihr Buch „Du verdienst den Tod!“ veröffentlicht, in dem sie ihre teilweise schockierenden Erlebnisse rund um "GNTM" und die Hasswelle, die anschließend im Netz auf sie einbrach, schildert.

Demnach hätten Fans der Sendung mitunter eigene Accounts auf Instagram gegründet, deren Ziel es war, Kaggwa schlecht zu machen. Diese Kanäle trugen Titel wie "alle.hassen.lijana" oder "we.hate.lijana.gntm2020".

Kaggwa berichtet auch, wie sich die Attacken gegen sie irgendwann vom Digitalen ins echte Leben verlagerten: Bei einem Spaziergang mit ihrem Hund sei sie von einer Gruppe Jugendlicher angespuckt worden. Und in ihrem Garten habe jemand Giftköder für ihren Hund ausgelegt, die Kaggwa gefunden habe.

Damals sei sie in ein tiefes Loch gefallen, sagt Kaggwa. "Ich habe angefangen, alles, was mich als Persönlichkeit ausmacht, zu hinterfragen." Ihre Familie und ein auf Cybermobbing spezialisierter Experte hätten ihr geholfen, mit der Situation umzugehen.

Wenn die 27-Jährige heute über ihre Erfahrungen spricht, wirkt sie sortiert und gefasst. "Ich weiß bis heute nicht, wieso mich fremde Menschen so gehasst haben." Die damals beginnende Corona-Pandemie habe vielleicht als Brandbeschleuniger gewirkt, sagt sie.

Lijana Kaggwa setzt sich gegen Hass im Netz ein

Mittlerweile konnte Kaggwa eine Art gesunden Abstand zu ihren Erfahrungen gewinnen. "Ich habe verstanden, dass ich nicht Schuld war – dass diese Kommentare nichts mit mir zu tun hatten", sagt sie. "Und das will ich auch anderen Opfern von Cybermobbing vermitteln."

Kaggwa hat einen Verein gegründet, der sich gegen Cybermobbing einsetzt: Love Always Wins e.V. (zu Deutsch: Liebe gewinnt immer). Sie selbst steht ihm vor.

Kaggwa bemängelt beispielsweise, dass Online-Plattformen zu schlecht mit den Behörden kooperierten oder dass die Algorithmen der Plattformen häufig Hass-Kommentare sogar hervorhöben, wenn diese viele Likes holen.

Ziel des Vereins ist es – unter anderem via Social Media – über Cybermobbing aufzuklären. "Jeder hat Cybermobbing schon einmal gesehen, aber viele schauen weg", sagt Kaggwa. "Ich kann das verstehen, für mich war das auch kein Thema, bevor ich es selbst erlebt habe." Umso wichtiger sei es, darüber aufzuklären.

"In jeder Klasse gibt es Betroffene"

Etwa an zwei bis drei Tagen in der Woche sei sie in im Namen ihres Vereins unterwegs – ist Gast bei Panels oder an Schulen. Besonders die Arbeit mit Kindern sei ihr wichtig. In jeder Klasse gebe es Betroffene und Täterinnen und Täter. "Das sehe ich in den Gesichtern der Kinder, wenn ich meine Geschichte erzähle", sagt sie. Den Opfern stünden oft die Tränen in den Augen, während die Mobber beginnen, sich zu hinterfragen. "Denen wird dann oft erst bewusst, was auch nur ein gemeiner Kommentar auslösen kann", sagt Kaggwa. "Ich erreiche damit wirklich etwas. Diese Arbeit ist mir unglaublich wichtig."

Was Lijana Kaggwa erlebt hat, wird sie wohl für immer prägen. Bis heute ist sie in psychologischer Betreuung. Trotzdem hat die junge Frau es geschafft, sich aus der Hass-Spirale zu befreien. Einen wichtigen Schritt dorthin machte sie selbst, als sie im Finale von "GNTM" 2020 verkündete, selbstbestimmt aus der Show auszusteigen. In einer Rede erklärte die 24-Jährige damals, dass sie niemand Fremden über ihren Wert bestimmen lassen werde und verabschiedete sich mit: "Love always wins! Und mein Sieg ist Glückseligkeit."

Lukas Pohland will es noch in dieser Legislaturperiode schaffen, einen Gesetzentwurf zu Cybermobbing als Straftatbestand in den Bundestag zu bringen.
Lukas Pohland will es noch in dieser Legislaturperiode schaffen, einen Gesetzentwurf zu Cybermobbing als Straftatbestand in den Bundestag zu bringen.