Werbung
Deutsche Märkte schließen in 5 Stunden 20 Minuten
  • DAX

    18.051,14
    +133,86 (+0,75%)
     
  • Euro Stoxx 50

    4.973,79
    +34,78 (+0,70%)
     
  • Dow Jones 30

    38.085,80
    -375,12 (-0,98%)
     
  • Gold

    2.361,30
    +18,80 (+0,80%)
     
  • EUR/USD

    1,0737
    +0,0003 (+0,03%)
     
  • Bitcoin EUR

    60.075,38
    +625,36 (+1,05%)
     
  • CMC Crypto 200

    1.390,03
    -6,51 (-0,47%)
     
  • Öl (Brent)

    83,93
    +0,36 (+0,43%)
     
  • MDAX

    26.269,32
    +226,14 (+0,87%)
     
  • TecDAX

    3.309,76
    +43,00 (+1,32%)
     
  • SDAX

    14.291,00
    +295,23 (+2,11%)
     
  • Nikkei 225

    37.934,76
    +306,28 (+0,81%)
     
  • FTSE 100

    8.118,61
    +39,75 (+0,49%)
     
  • CAC 40

    8.041,09
    +24,44 (+0,30%)
     
  • Nasdaq Compositive

    15.611,76
    -100,99 (-0,64%)
     

VOLKSWAGEN IM FOKUS: Gewinnsträhne hält trotz Widrigkeiten

WOLFSBURG (dpa-AFX) - Europas größter Autokonzern Volkswagen <DE0007664039> bleibt bei den Gewinnen in der Erfolgsspur, obwohl sich die Probleme weiter aufzutürmen scheinen. Auch im ersten Quartal verdienten die Wolfsburger kräftig. VW-Chef Herbert Diess kann das Geld für die anstehenden Aufgaben gut gebrauchen, vor allem, falls sich das Umfeld noch einmal deutlich eintrüben sollte. An diesem Mittwoch gibt es Details zum ersten Quartal.

DAS IST LOS IN WOLFSBURG:

Auf den ersten Blick ist die Lage für VW und auch für die Branche ziemlich brenzlig: An allen Ecken fehlen nach wie vor Elektronikchips für die Autoproduktion. Durch den russischen Krieg gegen die Ukraine hat sich die Lage bei wichtigen Zulieferteilen nochmal verschärft - und vor allem drohen hohe Preissteigerungen bei Rohmaterialien und Energie. In China, dem wichtigsten Einzelmarkt für VW und der von Managern vielbeschworenen "zweiten Heimat", sorgte der restriktive Umgang mit Covid-Infektionen ebenfalls dafür, dass die Bänder für längere Zeit angehalten werden mussten, weitere Produktionsstopps drohen.

So kam es, dass VW bei einer laut eigener Aussage nach wie vor starken Nachfrage im ersten Quartal im Jahresvergleich weltweit nur 1,9 Millionen Fahrzeuge an die Kunden ausliefern konnte - gut ein Fünftel weniger als vor einem Jahr. Hochgerechnet auf das Jahr wären das weniger als 8 Millionen Fahrzeuge, vor dem Ausbruch der Corona-Krise verkaufte VW fast 11 Millionen Stück.

WERBUNG

Aber: Schon seit geraumer Zeit haben sich die Finanzzahlen von den Verkaufszahlen ein Stück weit entkoppelt. Denn das geringe Angebot an Fahrzeugen sorgt bei hoher Nachfrage und langen Lieferzeiten für deutliche Preissteigerungen bei Neu- und Gebrauchtwagen. Von beidem profitieren die Hersteller. Bei neuen Autos müssen kaum noch Rabatte gegeben werden. Und die Leasing-Rückläufer können teils weit über den erwarteten Restwerten weiterverkauft werden. Bei etwa zwei Drittel Anteil gewerblicher Fahrzeuge an den Neuzulassungen ist auch das ein riesiges Geschäft für die Autobauer.

Volkswagen fuhr in den Monaten Januar bis März laut vorläufigen Zahlen ein um Sondereinflüsse bereinigtes Ergebnis vor Zinsen und Steuern von 8,5 Milliarden Euro ein. Davon stammten 3,5 Milliarden Euro aus Sicherungsgeschäften, mit denen sich VW gegen anziehende Preise bei Rohmaterialien absichert. In der Bilanz steigt der rechnerische Wert dieser Verträge mit tatsächlich steigenden Preisen an - wie zuletzt angesichts des Krieges in der Ukraine geschehen. Tatsächlich zu Geld machen kann VW die Kontrakte kaum, weil das Unternehmen auf die Teile angewiesen ist.

Doch auch ohne diese Finanzgeschäfte hätte der operative Gewinn rund 5 Milliarden Euro erreicht und damit die 4,8 Milliarden Euro aus dem Vorjahr übertroffen, in denen bereits ebenfalls positive Effekte aus Derivaten enthalten waren. VW sprach von einer robusten operativen Entwicklung, was so viel heißt wie: Die Wolfsburger haben weiter von hohen Verkaufspreisen und dem Trend zu teureren Autos profitiert.

Diesen Trend im sogenannten Absatzmix befeuert VW angesichts des Chipmangels auch aktiv, in dem vorrangig margenstärkere Autos mit den knappen Chips bestückt werden. Insbesondere bei der Edeltochter Porsche, aber auch bei Audi gingen die Auslieferungen deutlich weniger zurück als etwa bei der Kernmarke VW Pkw. Auch die Elektroautos, die von Diess als künftige Hauptsäule des Geschäftes auserkoren wurden, werden in ihrem starken Wachstum bei der Chipzuteilung bevorzugt. Hier kann VW im Verkauf auch dank der staatlichen Förderung weiter spürbar zulegen.

Allerdings gab sich Volkswagen zuletzt trotz der guten Gewinnlage betont vorsichtig, was den weiteren Verlauf der Geschäfte angeht. Die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs auf Wechselkurse und Rohstoffpreise sowie auf die Lieferketten könnten kaum treffend eingeschätzt werden. Beobachter werteten das vor allem als Skepsis. Bisher steht noch das Ziel, in diesem Jahr vom Umsatz 7,0 bis 8,5 Prozent als operativen Gewinn einzubehalten. Die Auslieferungen sollten - Stand Mitte März - um 5 bis 10 Prozent über denen des vom Chipmangel belasteten Vorjahres liegen. Beim Umsatz erwartete Finanzchef Arno Antlitz 8 bis 13 Prozent mehr als vergangenes Jahr.

Zudem laufen die Planungen für einen Megabörsengang der Sportwagentochter Porsche AG ungeachtet des Ukraine-Kriegs weiter. Sollte sich die Malaise an den Börsen weiter hinziehen, könnte die für das vierte Quartal angepeilte Erstnotiz aber auch noch in Bedrängnis geraten. Anleger werden sich daher dafür interessieren, wie das Management um Diess und Antlitz die Chancen für einen ungestörten Börsengang sieht und wie es die Situation rund um Chips, Lieferengpässe und Kostensteigerungen nun genau bewertet.

DAS SAGEN ANALYSTEN:

Analyst Tom Narayan von der kanadischen Bank RBC sah wegen der guten vorläufigen Zahlen zum ersten Quartal einen Anlass, seine Erwartungen an das Gesamtjahr noch ein wenig in die Höhe zu schrauben. Die Preisentwicklung bei Oberklasse- und Massenmodellen sei noch besser als erwartet.

Die Kommentare des Managements rund um die Eckdaten hätten die bestehenden Risiken für die Geschäfte betont, schrieb George Galliers von Goldman Sachs. Abgesehen davon seien die Zahlen im Tagesgeschäft etwas besser ausgefallen als gedacht.

Stifel-Experte Daniel Schwarz sah allerdings den freien Netto-Finanzmittelzufluss im Automobilgeschäft mit 1,5 Milliarden Euro deutlich unter den Erwartungen. VW hatte davon gesprochen, dass der Konzern wie saisonal üblich die Vorräte hochgefahren habe. Das bindet finanzielle Mittel. Da VW zwar die Risiken in den Vordergrund gestellt habe, auf die Jahresprognose aber nicht eingegangen sei, sei das zu dem Zeitpunkt eine Bestätigung, meinte Schwarz. Die Ziele seien ambitioniert, daher wertete er das als positives Zeichen. Es bestehe jedoch das Risiko, dass VW zu einem späteren Zeitpunkt die Prognose doch noch kappen müsse.

Bis dato rechnen von Bloomberg befragte Analysten für das Gesamtjahr mit einem Umsatzplus von gut 6 Prozent auf 266 Milliarden Euro. Die operative Gewinnmarge dürfte sich demnach bei 7,8 Prozent einpendeln - die Experten liegen damit also in der Mitte der vom Konzern derzeit anvisierten Spanne.

SO LÄUFT DIE AKTIE:

Die im Dax <DE0008469008> notierte VW-Vorzugsaktie dümpelte in den vergangenen Wochen meist um die 150 Euro und kam über 160 Euro kaum hinaus. Im Vergleich mit den Kursen auf dem Höhenflug vor gut einem Jahr von zumeist deutlich über 200 Euro ist das ein Rückschritt für die VW-Anleger.

Damals hatten erneut aufgeflammte Spekulationen über einen Börsengang von Porsche und die erhöhte Schlagzahl von Diess bei Elektroautos und Batterien die Fantasie der Investoren genährt und den Kurs der Vorzugsaktie im Hoch im März auf über 250 Euro getrieben. Die Stammaktie zog sogar noch kräftiger an. Zeitweise war Volkswagen damit bei der Börsenkapitalisierung an SAP <DE0007164600> und Linde <IE00BZ12WP82> vorbeigezogen und zum wertvollsten deutschen Konzern aufgestiegen. Auch die mittlerweile ebenfalls im Dax notierte Dachgesellschaft Porsche Automobil Holding SE der Eigentümerfamilien Porsche und Piëch konnte beim Aktienkurs von der Hausse profitieren.

Im aktuellen Umfeld kann aber auch die Aussicht auf den geplanten Börsengang von Porsche kaum Begeisterung bei den Investoren auslösen, auch wenn sich Analysten viel Wertsteigerungspotenzial von dem Schritt versprechen. Der Beweis, dass VW die Probleme im von Experten argwöhnisch beäugten Hochlauf der Elektroflotte in China dauerhaft in den Griff kriegt, steht noch aus. Dies ist jedoch mitentscheidend für die künftige Marktposition im größten Automarkt der Welt, in dem VW Marktführer ist.

VW ist an der Börse aktuell rund 92 Milliarden Euro wert. Selbst zusammen mit Mercedes-Benz <DE0007100000> (66 Mrd Euro) und BMW <DE0005190003> (52 Mrd Euro) kommen die deutschen Hersteller damit nur auf knapp ein Viertel dessen, was der US-Elektroautopionier Tesla <US88160R1014> von Star-Unternehmer Elon Musk wert ist, der 935 Milliarden Dollar oder umgerechnet 889 Milliarden Euro auf die Waage bringt. Vor allem bei den großen Profi-Investoren scheint die Zukunft bei den Autowerten an der Börse also schon entschieden - und zwar pro Elektro.