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Vestas schwebt über allen

Der dänische Windkraftkonzern Vestas deklassiert die Konkurrenz. Deutsche Turbinenbauer wie Siemens, Nordex oder Senvion hinken bei der Marge weit hinterher. Nur in einem Bereich taugt Vestas kaum als Vorbild.

Rekordumsatz, Rekordgewinn, Rekordaufträge: Vestas hat 2016 das beste Geschäftsjahr in der Geschichte des Unternehmens erzielt. Der weltgrößte Hersteller von Windenergieanlagen mit Sitz in der dänischen Hafenstadt Aarhus erwirtschaftete im vergangenen Jahr einen Umsatz in der Höhe von 10,2 Milliarden Euro. Das ist ein Zuwachs von mehr als 21 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Der Gewinn schoss um 41 Prozent in die Höhe – auf 965 Millionen Euro. Und auch die Auftragslage hat sich im Vergleich zu 2015 um 15 Prozent verbessert. Bei Vestas gingen 2016 insgesamt Bestellungen für Windturbinen und Serviceleistungen im Wert von 9,5 Milliarden Euro ein.

„Wir sind äußerst zufrieden“, sagte Anders Runevad am Mittwoch vor Analysten. Der Vestas-Chef kann die Konkurrenz mit der Rekordbilanz 2016 auf Distanz halten. Mit einer Gewinnmarge vor Zinsen und Steuern (Ebit) von 13,9 Prozent ist Vestas in puncto Profitabilität weiterhin unerreicht. Weder Siemens, Nordex noch Senvion können hier ansatzweise mithalten. Das deutsche Trio hinkt weit hinterher.

So weist etwa der Münchner Industrieriese Siemens für seine Windsparte lediglich eine Ebit-Marge von 7,8 Prozent für das vergangene Geschäftsjahr aus. Der Hamburger Windradbauer Nordex rechnet für 2016 nur mit einer Marge von maximal 8,7 Prozent vor Zinsens und Steuern. Und der ebenfalls in der Hansestadt ansässige Windanlagenhersteller Senvion erzielte in den ersten neun Geschäftsmonaten des vergangenen Jahres gerade einmal eine Gewinnspanne von 8,1 Prozent.

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Dass Vestas die deutschen Wettbewerber derart übertrumpft, ist eine eher neue Entwicklung. Schließich liefen die Geschäfte bei den Dänen längst nicht immer so gut. Zwischen 2011 und 2013 häufte Vestas gar einen Verlust von insgesamt mehr als einer Milliarde Euro an. Jahrelang machten dem Konzern gekürzte Subventionen, Produktionsprobleme und die Billigkonkurrenz aus China schwer zu schaffen. Mit Anders Runevad als neuem Chef drehte sich aber der Wind.

Der gebürtige Schwede wechselte Mitte 2013 vom Mobilfunkriesen Ericsson zu Vestas, um den damals schwer angeschlagenen Branchenprimus wieder auf Kurs zu bringen. Seitdem geht es bergauf. Die Kosten sanken. 2014 Jahr gab es erstmals wieder einen Gewinn. Und die vergangenen beiden Jahre waren die erfolgsreichsten in der Geschichte des Unternehmens, das in Dänemark fast wie ein ökonomisches Nationalheiligtum behandelt wird.

2017 könnte der Höhenflug von Vestas aber vorerst enden. Vorstandschef Runevad prognostiziert für dieses Jahr einen leicht rückläufigen Umsatz in einer Bandbreite zwischen 9,25 und 10,25 Milliarden Euro. Auch die Gewinnspanne fällt verhaltener als im Vorjahr aus. „Wenn wir uns den gesamten Markt ansehen, dann sehen wir einen gewissen Rückgang“, rechtfertige Runevad die verhaltene Geschäftsprognose. Der Vestas-Chef geht zwar nicht von einem großen Einbruch aus, aber 2017 könnten dennoch weltweit weniger Windräder neu ans Stromnetz angeschlossen werden als noch im Vorjahr.


15 Entlassungen wegen Compliance-Verstößen

Von dieser Entwicklung dürfte sich Vestas nicht ganz abkoppeln können, wenngleich Runevad etwaige Einbußen über Markanteilszugewinne wettmachen will. Den so wichtigen US-Markt, indem Vestas fast die Hälfte seines Umsatzes erwirtschaftet, sieht Runevad als „stabil“ an. Der neue Präsident der Vereinigten Staaten ist allerdings alles andere als ein Freund von mehr als 200 Meter hoch in den Himmel ragenden Windmühlen.

So wütete Donald Trump bereits 2012 auf Twitter gegen Windräder, die seiner Ansicht nach ein „ökologisches und ästhetisches Desaster“ seien. Bei einem Besuch der amerikanischen Tageszeitung „New York Times“ kurz nach seiner Wahl legte Trump noch einmal nach: „Windmühlen töten Vögel, und Windmühlen benötigen massive Subventionen“. Es störe ihn zudem, dass nicht alle Windräder, die in Amerika installiert werden, auch in den USA hergestellt werden. Inwieweit Trumps Abneigung gegen Windkraftanlagen aus Europa tatsächlich in eine nachteilige Politik für Konzerne wie Vestas münden könnte, ist offen.

Vestas-Chef Runevad geht jedenfalls davon aus, dass die 30-prozentigen Steuervergünstigungen, die in den USA für Windenergieanlagen gelten, bis 2020 Bestand haben werden. Während der neue US-Präsident Runevad also kaum Sorgen bereitet, kämpft der Manager im eigenen Unternehmen weiterhin gegen mutmaßlich korrupte Mitarbeiter.

2016 wurden bei Vestas 111 mögliche Verstöße gegen Compliance- oder Ethikregeln gemeldet. Substanziell nachweisbares Fehlverhalten lag laut Geschäftsbericht in 19 Fällen vor, 16 weitere Fälle werden noch untersucht. In der Folge hat Vestas wie bereits 2015 insgesamt 15 Mitarbeiter entlassen und mehrere Beschäftigte verwarnt.

Der deutsche Vestas-Standort im nordfriesischen Husum könnte womöglich ein Knotenpunkt für unlautere Praktiken gewesen sein. Die Staatsanwaltschaft Kiel ermittelte bis zuletzt gegen drei Ex-Manager wegen des Verdachts der Untreue. Sie sollen mit Hilfe überhöhter Rechnungen in die eigene Tasche gewirtschaftet haben. Der vermutete Schaden beträgt rund 18 Millionen Euro.

Ende 2015 erklärte Vestas-Chef Runevad im Handelsblatt-Interview, dass er „null Toleranz“ zeige, wenn es um Korruption gehe. Er habe den Ethikkodex überarbeitet, Überprüfungen ausgeweitet und stelle in Schulungen sicher, dass seine Mitarbeiter die Regeln kennen. Im vergangenen Jahr hatten aber offenbar noch nicht alle Beschäftigten die Vorgaben ihres Chefs völlig verinnerlicht.