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So viel verdienen die profitabelsten Vermögensverwalter

Privatanleger bezahlen für Aktienfonds oft bis zu zwei Prozent Jahresgebühr. Etwa die Hälfte davon bleibt im Schnitt bei der Bank, die das Produkt vertreibt. Foto: dpa

Vermögensverwalter arbeiten sehr rentabel. Ihre hohen Gewinnmargen kommen nur langsam unter Druck. Der Grund: Privatanleger achten zu wenig auf die Gebühren.

Den Geldverwaltern geht es hervorragend. Ihr Geschäft ist höchst rentabel, wie exklusive Zahlen zeigen, die dem Handelsblatt vorliegen. Die Branche profitiert außerordentlich vom scheinbar unendlichen Börsenboom und hohen Margen für das verwaltete Kapital. Tatsächlich gibt es nur ein lukrativeres Geschäftsmodell, und das heißt Immobilien. Allerdings: Einer breiteren Öffentlichkeit ist das praktisch unbekannt.

Wichtige Erfolgsmesslatte ist die Gewinnmarge, das heißt Einnahmen abzüglich der operativen Kosten im Verhältnis zu den Einnahmen. In Europa ist das Immobiliengeschäft unschlagbar. Es steht mit 45 Prozent an der Spitze. „Auf Platz zwei folgt bereits Asset-Management mit 30 Prozent“, sagt Gaston Michel, Vorstand beim Vermögensverwalter Source for Alpha.

Er errechnete die Daten für das Handelsblatt. Basis der Kalkulationen sind die im Stoxx Europe 600 enthaltenen Unternehmen. Branchenzugehörigkeit und die Firmenangaben basieren auf Daten des Informationsdienstleisters Refinitiv. Um jährliche Ausreißer zu glätten, verwendete Michel Fünfjahresdurchschnitte. Er stellte zusätzlich die Margen für die im Index enthaltenen Geldverwalter zusammen, verwendete dazu die Angaben des letzten Geschäftsjahres.

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Asset-Management ist eine Branche mit Gewicht. Die Anbieter in Europa verwalteten nach Angaben der Unternehmensberatung McKinsey im vergangenen Jahr rund 25,7 Billionen Euro. Der Großteil ist Kapital institutioneller Investoren wie Pensionsfonds oder anderer Altersvorsorgeeinrichtungen. Ein kleinerer Teil der Gesamtsumme – rund elf Billionen Euro – steckt laut der Datenbank Morningstar in rund 35.000 Investmentfonds, die vorwiegend auf Privatanleger zielen.

Im vergangenen Jahr erwirtschaftete die Branche laut Schätzung von McKinsey Gewinne von etwa 21,7 Milliarden Euro. Allerdings schränkt McKinsey-Experte Philipp Koch ein: „Eine Dekade mit immer neuen Rekordgewinnen ist vorbei, im laufenden Jahr dürften die Erträge etwas kleiner ausfallen.“

Vermögensverwaltung ist nach der Rechnung von Source for Alpha sogar rentabler als jene Branchen in der Realwirtschaft, die im Zuge der Coronakrise boomen: Technologie mit den Bereichen Hardware und Software zeigt ebenso geringere Margen wie der Sektor Pharma und Biotech.

Banken weniger rentabel

Auch auf dem engeren Feld der Finanzen ist die Verteilung klar: Banken erreichen Margen von 17 Prozent, die Versicherer nur sieben Prozent. „Bei den Banken belasten die geschwundene Zinsmarge, die hohen Gehälter und die vielen Filialen“, erklärt Lutz Johanning, Finanzwissenschaftler an der WHU – Otto Beisheim School of Management. Versicherungen und gerade die Lebensversicherungen würden durch die Tiefzinsen noch stärker unter Druck stehen.

Auf der anderen Seite des Margenspektrums innerhalb des Finanzsektors liegen die in der Übersicht nicht aufgeführten Wertpapier-Handelsplätze. Laut Experte Michel erreichen Deutsche Börse und Euronext mit ihren monopolartigen Stellungen hohe Margen von fast 50 Prozent. Da müssen die großen Asset-Manager mit breitem Produktangebot passen.

Nur manche spezialisierte Anbieter von wenig liquiden Investments im alternativen Bereich stehen besser da. Die Partners Group mit Fokus auf Private Equity glänzt etwa mit 66 Prozent Marge. „Bei alternativen Angeboten gibt es bei institutionellen Investoren in den Niedrigzinszeiten große Nachfrage, aber nur begrenztes Angebot – das sorgt für hohe Gebühren“, erklärt Johanning. Doch auch hier gelte es, die hohen Gebühren auf ein vernünftiges Maß zu begrenzen.

Die Diskrepanz beim Vergleich auch mit anderen wichtigen Wirtschaftsbranchen ist groß. Das liegt teilweise auch am harten Wettbewerb um die Kunden. Deshalb ist die Marge beispielsweise im Autogeschäft mit sieben Prozent sehr tief, im Einzelhandel mit neun Prozent ebenso. „Im Einzelhandel etwa sind die Produkte gut vergleichbar, die Kunden entscheiden dann oft nach dem günstigsten Preis, das hält die Gewinnspannen der Anbieter sehr klein“, erklärt Alexander Kempf, Finanzwirtschaftler am Centre for Financial Studies der Universität Köln.

In der Vermögensverwaltung sei das jedoch anders. Es würden die unterschiedlichsten Strategien angeboten. Und die seien weit schwerer vergleichbar. Deshalb wirke der Preismechanismus hier weniger.

Erfolg durch Dauereinnahmen

Ein wichtiger Grund für die hohen Margen in der Vermögensverwaltung ist bereits im Geschäftsmodell verankert. Ein Autohersteller oder Einzelhändler wird nur einmal bezahlt, nämlich dann, wenn der Kunde sein Produkt kauft. Ein Vermögensverwalter hat jedoch eine Dauereinnahme: Der Anleger zahlt jährlich einen fixen prozentualen Satz auf sein investiertes Kapital, manchmal kommt sogar noch ein Erfolgshonorar oben drauf. So hat der Asset-Manager automatische und regelmäßige Einnahmen, jedes Jahr aufs Neue – solange der Kunde sein Kapital nicht abzieht.

Dieses Prinzip wirkte in den vergangenen elf Jahren mit boomenden Wertpapiermärkten fast wie eine automatische Gelddruckmaschine für die Anbieter. Die Kurse stiegen, also stieg auch das angelegte Kapital – und die Vermögensverwalter verbuchten immer höhere Einnahmen. „Anleger haben also mehr Gebühren wegen der gestiegenen Kurse bezahlt, nicht für die eigentliche Leistung ihres Asset-Managers, der ja Mehrrenditen gegenüber dem Markt erzielen soll“, sagt Kempf.

Der Boom an den Wertpapiermärkten war allerdings außergewöhnlich. Deshalb steht das automatische Geldverdienen unter Vorbehalt, denn der Zusammenhang wirkt auch in umgekehrter Richtung. „Manche Verwalter wären beim typischen Bezahlmodell schnell raus aus dem Geschäft , wenn sie mit beispielsweise nur zehn Prozent Marge in schlechten Börsenzeiten kommen würden“, meint Jan-Peter Dolff, Chef der unabhängigen französischen Vermögenverwaltung Comgest.

Entscheidenden Einfluss auf Gewinne und Margen haben die Privatkunden. Dieser Teil des Fondsgeschäfts ist nach Schätzung der Unternehmensberatung McKinsey für Anbieter vier Mal lukrativer als das mit institutionellen Großinvestoren wie Pensionsfonds. Privatanleger bezahlen beispielsweise für Aktienfonds oft bis zu zwei Prozent Jahresgebühr, von denen im Schnitt der Vertrieb, etwa eine Bank, durchaus die Hälfte erhalten kann.

Großinvestoren wie Pensionsfonds bekommen das dagegen viel günstiger. „Die verhandeln sehr stark und oft auch jedes Jahr die Konditionen neu“, sagt Dolff. Hier erkennen Berater bereits seit Jahren einen Trend sinkender Gebühren. Diese Großanleger sind preissensibel und können wegen ihrer großen Anlagesummen ihre Forderungen leichter durchsetzen.

Kosten sind zu hoch

Wenn Experten über das Thema Margen und Gebühren diskutieren, dann steht gerade das Geschäft mit Privatkunden im Fokus. Laut Wissenschaftler Johanning hat der gesamte Finanzsektor die Digitalisierung und damit Kostensenkungen verschlafen: „Obwohl diese Branche für die Digitalisierung prädestiniert ist.“ Die Anbieter müssten also ihre Ausgaben kappen und die Einsparungen an die Anleger weitergeben. Johanning stellt fest: „Bei den aktuellen Margen können die Vermögensverwalter schon heute ihre Gebühren für die Privatanleger-Fonds herunternehmen, die Digitalisierung würde zusätzlichen Raum nach unten schaffen.“

Auf die hohen Margen im Vergleich zu anderen Wirtschaftsbereichen angesprochen, mauern viele Geldverwalter. Bei Deka Investments heißt es: „Wir wollen uns nicht äußern.“ Ähnlich reagiert Union Investment: „Zu diesem Thema äußern wir uns nicht öffentlich.“

Allianz Global Investors „kann nicht für die Branche sprechen“, nennt aber immerhin noch die eigene operative Marge von 28 Prozent, abgeleitet aus veröffentlichten Zahlen des börsennotierten Mutterkonzerns Allianz.

Die eigenständig gelistete DWS „kann zur Zeit leider keinen Gesprächspartner zur Verfügung stellen“. Das Haus weist eine Marge von 33 Prozent aus. Der große französische Verwalter Amundi antwortet ausweichend, die britische Schroders ebenso. Die schweizerische Partners Group verweist auf ihren Geschäftsbericht.

Die im Index Stoxx Europe 600 enthaltenen Asset-Manager bieten nur einen Ausschnitt der Branche, denn viele Geldverwalter in Europa sind nicht börsennotiert – im Gegensatz zu den USA. Sie sind außerdem den erfolgreichsten unabhängigen Asset-Managern noch unterlegen: Wirtschaftsprüfer Jürgen App errechnete für die führenden deutschen Adressen auf diesem Feld operative Margen von spektakulären 92 Prozent für Flossbach von Storch, 75 Prozent für Loys, 65 Prozent für Sauren Finanzdienstleistungen, 59 Prozent für DJE Kapital.

„Das ist allerdings eine extreme Positivauswahl, dem Gros der meist sehr kleinen Verwalter geht es viel schlechter“, räumt Wirtschaftsprüfer App ein. Er untersuchte insgesamt 220 unabhängige Anbieter, von denen die große Mehrheit sehr wenig Kapital betreut. Ohne die Top Ten erreichen diese Häuser im Schnitt nur Rentabilitäten um die zehn Prozent. Das Handelsblatt hatte die Daten unlängst veröffentlicht.

Fonds als Gewinntreiber

Die hohen Margen in der Vermögensverwaltung größerer Anbieter haben drei Gründe: Konzentration auf Privatanleger mit deutlich höheren Gebühren als im Geschäft mit institutionellen Kunden ist einer. Fokus auf Aktienstrategien ist ein weiterer, denn hier winken höhere Erträge als bei Anleihen, und die Manager können höhere Gebühren fordern.

Der dritte Grund sind erfolgreiche Fonds. Ein Investmentfonds kann beliebig viele Anleger und ihr Kapital aufnehmen. Wenn der Fonds schnell wächst, steigen die Gebühreneinnahmen im gleichen Maße, aber die Kosten kaum. Flossbach von Storch ist das Paradebeispiel: Das Anlagekapital verdreißigfachte sich in zehn Jahren auf 60 Milliarden Euro, davon steckt die Hälfte im Flaggschifffonds „Multiple Opportunities“.

Auf die Frage, warum die hohen Margen in der Vermögensverwaltung einer breiteren Öffentlichkeit so wenig bekannt sind, findet Matthias Hübner, Partner und Asset-Management-Experte bei der Beratungsfirma Oliver Wyman, gleich mehrere Erklärungen: „Es ist schon das mangelnde Interesse an Wirtschaft generell“, sagt er. Fehlendes Wissen komme hinzu, und der technische Begriff Gewinnmarge schrecke eher ab.

An den hohen Margen wolle auch niemand etwas ändern. „Für Banken, Anlageberater und die Anbieter ist das sehr komfortabel“, sagt Hübner. „Aber die Privatanleger hinterfragen das kaum.“ Kempf sieht das ähnlich: „Solange die Anleger hier wenig preissensitiv sind, gibt es für die Anbieter auch keinen Grund, die Sätze zu senken und damit auf Einnahmen zu verzichten.“

Ein echter Preiskampf unter den Anbietern aktiver Fondsstrategien ist bisher kaum erkennbar. Und das trotz des Überangebots von vielen Hundert Vermögensverwaltern, die viele Tausend Fonds offerieren. Doch daraus entsteht laut Hübner kein Wettbewerb. Er sieht eine Ursache im dreigliedrigen Bankensystem von Privatbanken, genossenschaftlichem Bankenverbund und den Sparkassen. Die jeweiligen Fondsanbieter der Gruppen würden immer noch insgesamt etwa drei Viertel des Marktes beherrschen.

Preisdruck durch Indexprodukte

Zwar gelten seit einigen Jahren neue Beratungsregeln mit größerer Transparenz auch für die Kosten von Anlageprodukten wie Fonds, Zertifikaten und Versicherungen. Doch laut Hübner lesen viele Betroffene die entsprechenden Produktunterlagen mit den Informationen gar nicht. „Und eine neue Initiative ist auch nicht zu erwarten, weder von Verbraucherschützern noch von den Politikern noch von der Aufsicht“, sagt Berater Hübner. In der Pandemie seien viele Dinge wichtiger.

An diesem Punkt gehen die Meinungen allerdings auseinander. Wissenschaftler Johanning glaubt: „Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Privatanleger merken, dass die Gebühren zu hoch sind.“ Hoffen lässt ihn das boomende Geschäft mit den preiswerten Indexfonds. Hier gebe es schon einen starken Wettbewerb.

Börsengehandelte Produkte auf populäre Aktienindizes wie Euro Stoxx 50 oder MSCI Welt sind teilweise für Jahresgebühren um die 0,1 Prozent zu haben. Der einmalige Ausgabeaufschlag von häufig fünf Prozent bei Aktienfonds entfällt beim Börsenhandel ohnehin.

Ein gewisser Abwärtstrend ist bereits spürbar. Die Auswertung von Michel für die vergangenen fünf Jahre zeigt: In der Verwalterbranche sank die operative Marge über diesen Zeitraum im Schnitt um etwa ein Fünftel.