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Eine Ikone des Büros – USM-Möbel will sich nicht nur auf die Klassiker verlassen

Der Familienbetrieb USM hat eine Designikone geschaffen. Der Firmenchef will dem Klassiker die Treue halten, aber doch auf der Höhe der Zeit bleiben.

Manchmal schlummern Stärken dort, wo man sie selbst nicht vermutet hätte. Die Firma USM aus dem Schweizer Örtchen Münsingen zum Beispiel hat früher Fensterbeschläge gebaut. Doch in der Sammlung des New Yorker Museum of Modern Art stehen heute keine USM-Fenster, sondern legendäre Möbel. Denn der Familienbetrieb hat fast nebenbei eine Designikone geschaffen, die heute weltweit gefragt ist.

Und das kam so: Anfang der 1960er-Jahre beauftragte der damalige USM-Chef Paul Schärer den Architekten Fritz Haller mit dem Bau einer neuen Fabrik, die aus modularen Stahlbauteilen bestehen sollte. Was fehlte, waren die passenden Möbel fürs Büro. So erdachten die Beiden ein flexibles Möbelsystem für den Eigenbedarf.

Doch die Inneneinrichter der Pariser Bank Rothschild entdeckten die Möbel in einem Designmagazin – und waren von der Idee so angetan, dass sie eine Großbestellung lancierten. Der Rest ist Designgeschichte. Die Firma liefert ihre Möbel heute in mehr als 40 Länder.

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Patron Paul Schärer starb im Jahr 2011. Die Geschäfte führt sein Sohn Alexander in vierter Generation. Die Hauptaufgabe für den USM-Chef: der Designphilosophie die Treue wahren, aber trotzdem auf der Höhe der Zeit bleiben – und das auch im Homeoffice. Schon seit zehn Jahren peile man bewusst die Schnittstelle zwischen Büro und Heimbereich an, sagt Alexander Schärer. In der Coronakrise ist das ein Trost: „Viele Menschen nutzen die Chance, um ihr Homeoffice neu einzurichten“.

Früher steuerten Privatleute rund 20 Prozent zum Umsatz bei – USM Möbel waren ein Distinktionsmerkmal für Architekten und Designer. Heute macht die Firma zwischen 35 und 40 Prozent des Umsatzes mit Privatleuten, schätzt Schärer.

Deutschland bleibt der wichtigste Markt

Das Ziel: „Wir wollen eine feine, aber globale Marke sein“. So bewahrheitet sich ein Bonmot, das schon Designvordenker Fritz Haller zugeschrieben wird: „Arbeit wird überall gemacht“, sagte der Architekt, als der Begriff „Homeoffice“ noch gar nicht erfunden war.

Deutschland bleibt der wichtigste Markt, hier arbeiten rund 175 der insgesamt 400 USM-Mitarbeiter. Die Beschäftigten am Standort Leipzig, wo die Möbel für den europäischen Markt zusammengebaut werden, schätzen ihren Arbeitgeber. Manchmal wundern sie sich aber auch über helvetische Besonderheiten. „Das Verhalten bei Themen wie Mitbestimmung oder Arbeitnehmerrechten sorgt manchmal für Irritationen“, heißt es in Arbeitnehmerkreisen.

Das Unternehmen hält dagegen: „Natürlich mag es den ein oder anderen Reibungspunkt bei der Mitbestimmung geben, aber Arbeitnehmerrechte werden bei uns selbstverständlich hochgehalten“, sagte ein Sprecherin. Das Herzstück der Designmöbel wird bis heute in der Schweiz produziert: Tag für Tag fallen in Münsingen tausende glänzender Stahlkügelchen aus einer Maschine wie Pralinen in der Schokoladenfabrik. Die Kugeln verbinden Stahlrohre und Blechplatten in 14 Farben – von „enzianblau“ bis „rubinrot“.

Wobei sich die meisten Unternehmenskunden dann doch für die Klassiker in schwarz, weiß oder grau entscheiden, wie der Patron berichtet. Die Optik ist bis heute prägend. „Manchmal rufen mich Freunde an und sagen: Das im ‚Tatort‘ war doch ein Möbel von USM!“, sagt Schärer.

Doch ist das charakteristische Design nicht auch eine Last? „Im Gegenteil“, sagt der USM-Chef, „die Optik ist prägend, aber zeitlos. Und die Gestaltungsmöglichkeiten sind nahezu unendlich“. Die Kunden schätzen, dass sich die Bauteile immer wieder neu kombinieren lassen.

Auch der Trend zum Großraumbüro bereitet dem Firmenchef keine schlaflosen Nächte. So arbeitet die Firma an einem Upgrade für die Rollschränke, in denen Nomaden im Großraumbüro ihr Hab und Gut verstauen. Dank digitaler Technik können die Schränke zentral verwaltet, geöffnet und geschlossen werden.

Der Klassiker hat seinen Preis

Die Designmöbel gelten als zeitlos und langlebig, dafür haben sie ihren Preis. Das USM Haller-Sideboard mit zwei Klapptüren kostet mehr als 1000 Euro. Doch macht sich diese Hochpreisstrategie bezahlt? Bei den Zahlen bleibt der Patron verschlossen wie seine Sideboards: Nicht einmal den Umsatz will Schärer verraten. Es darf geschätzt werden: Eine Beratungsfirma taxierte die Erlöse auf rund 186 Millionen Euro, aber die Zahl ist auch schon wieder vier Jahre alt.

Soviel verrät der Chef: Mit dem vergangenen Jahr sei er „sehr zufrieden“ gewesen, sagt Schärer, doch dann kam 2020 – und das Coronavirus. Über dessen Auswirkungen hält sich Schärer bedeckt. Man sei weiter lieferfähig, zudem leisteten die Handelspartner „ausgezeichneten Service“. Auch den Alltag des USM-Chefs hat die Krise durcheinandergewirbelt.

Eigentlich gilt das Möbelgeschäft als „People’s Business“. Doch Treffen mit wichtigen Kunden oder Mitarbeitern im Ausland erledigt Schärer dieser Tage nur virtuell. „Immerhin merkt man jetzt, was sich per Videokonferenz alles regeln lässt“.

Dabei hatte Schärer eigentlich andere Pläne, als die Firma zu führen: Nach dem Maschinenbaustudium arbeitete er für einen amerikanischen Konsumgüterkonzern, wollte einen Wirtschafts-MBA machen. Doch an einem kalten Herbsttag im Jahre 1995, so erinnert sich Schärer, rief ihn sein Vater an. Seine Worte: „Ich war lange genug Manager“. Der Sohn erbittet sich etwas Bedenkzeit, dann fällt die Entscheidung: Er kehrt zurück.

Manches hat sich dort seitdem geändert. „Mein Vater hat über jedes Detail entschieden“, sagt er. „Heute will ich natürlich bei wichtigen Entscheidungen eingebunden werden, aber man muss nicht alles persönlich regeln“. Delegation ist eine Kunst, die Freiräume schafft. Wenn Schärer nicht arbeitet, fährt er gerne Ski, außerdem ist er passionierter Hochseesegler. Im vergangenen Jahr gewann er mit seiner 72-Fuß-Yacht den Rolex Giraglia Cup. Das Rennen von St. Tropez nach Genua gilt als Highlight des Regattakalenders im Mittelmeer.

Manchmal geht Schärer es aber auch langsam an. Vor ein paar Monaten – es gab noch keine Ausgangsbeschränkungen – war der USM-Boss mit dem Fahrrad in Berlin unterwegs. Er betrat den Showroom eines großen Autobauers, um sich einen Elektrosportwagen anzuschauen – und wurde aus dem Laden gebeten. Der Grund: Fahrräder waren im Laden verboten. Die Geschichte hat Schärer auch seinen Mitarbeitern erzählt: „Als Negativbeispiel. Man soll seine Kunden nie unterschätzen!“, lacht er. „Und Fahrradständer zu haben, schadet auch nicht“.