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US-Wachstum: Rekordzahlen mit Schönheitsfehler

Kurz vor den Präsidentschaftswahlen melden die USA den weltweit größten Sprung im Wachstum. Doch die Wirtschaft steht auf einem fragilen Fundament.

Nach einem schlechten zweiten Quartal steigt das BIP in den USA um 33,1 Prozent. Foto: dpa
Nach einem schlechten zweiten Quartal steigt das BIP in den USA um 33,1 Prozent. Foto: dpa

Die Folgen der Corona-Pandemie lösen in den USA extreme Schwankungen in der Wirtschaftsleistung aus. Neue Zahlen der US-Regierung zum dritten Quartal 2020 zeigen das weltweit schnellste Wachstum seit dem Zweiten Weltkrieg. Demnach wuchs das US-Bruttoinlandsprodukt zwischen Juli und September um rund 7,4 Prozent gegenüber des vorangegangenen Quartals, als die USA mit einem historischen Wirtschaftseinbruch von rund neun Prozent kämpften.

Die Schätzung des US-Wirtschaftsministeriums ist der letzte offizielle Gradmesser für den Zustand der US-Konjunktur vor den Präsidentschaftswahlen am kommenden Dienstag. Sowohl Präsident Donald Trump als auch sein Herausforderer Joe Biden versprechen Millionen Jobs und einen Boom für die Wirtschaft.

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Dass parallel ein Plus von 33,1 Prozent kursiert, liegt an einer Besonderheit: Die US-Regierung meldet vierteljährliche Veränderungen des BIP so, als ob sie ein ganzes Jahr anhalten würden. Runtergebrochen auf das Quartal ergibt sich eine deutlich niedrigere Zahl. Auch der Blick auf 2019 relativiert den vermeintlichen Rekord. Die aktuellen Zahlen sind 3,5 Prozent niedriger als im vergleichbaren Zeitraum des Vorjahres.

Im Frühjahr hatte der Beginn der Pandemie das öffentliche Leben und ganze Branchen lahmgelegt, die USA rutschten in eine Blitz-Rezession. Die neuen Zahlen zeigen, dass sich die US-Wirtschaft in den Folgemonaten zumindest teilweise erholen konnte, der Wert aller produzierten Waren und Dienstleistungen kletterte deutlich. Doch sie sagen isoliert betrachtet wenig darüber aus, wie nachhaltig der jüngste Aufschwung ist.

Nach dem ersten Corona-Schock im Frühsommer versuchten im dritten Quartal viele Firmen, sich mit der neuen Realität zu arrangieren. Auch die Verbraucher gaben wieder mehr Geld aus, der Immobilienmarkt brummt dank niedriger Zinsen. Dazu wirkten die insgesamt 2,5 Billionen schweren Hilfspakete des US-Kongresses in Bundesstaaten, Städten und Kleinunternehmen.

Die schlechte Nachricht lautet, dass die Schäden des spektakulären Kollapses noch lange nicht behoben sein dürften, warnen Analysten von Oxford Economics. „Die starke BIP-Leistung vermittelt einen falschen Eindruck von der tatsächlichen Gesundheit der Wirtschaft”, teilte das Institut mit.

Das Wachstum werde nach jetzigem Stand erst „Ende 2021 auf das Niveau vor Covid kommen”. Die Experten warnen vor einem „gefährlichen Plateau”. Ohne Konjunkturhilfen und eine Eindämmung der Pandemie, kombiniert mit möglicher Unsicherheit nach dem Wahltag, „wird das ein langer Winter”.

Ein neuer Stimulus, der unter anderem von Fed-Chef Jerome Powell gefordert wird, ist wegen des politische Stillstands in Washington nicht in Sicht. Der Arbeitsmarkt erholt sich nur langsam, im Vergleich zum Jahresbeginn fehlen rund zehn Millionen Jobs.

An der Wall Street wächst derweil die Sorge über die hohen Schulden – und das nicht nur bei Unternehmen. Bei vielen Amerikanern haben sich unter anderem durch nicht gezahlte Mieten hohe Verbindlichkeiten aufgetürmt. „Realistisch betrachtet kann das nicht alles zurückgezahlt werden“, sagt Daniel Alpert, Partner bei der Investmentbank Westwood Capital, der auch an der Cornell Law School in Ithaca, York, lehrt.

Steuerausfälle in Milliardenhöhe bringen zudem die Bundesstaaten in eine schwere Krise. Alpert regt daher an, über eine Gläubigerbeteiligung („Bail-in”) nach griechischem Vorbild nachzudenken, um „ein wirtschaftliches Desaster zu verhindern“.

Demnach müsste der Staat die Schulden von Unternehmen und Bundesstaaten mit einem Discount übernehmen und eine lange Frist für die Rückzahlung einräumen. Die Pandemie und die damit verbundenen wirtschaftlichen Folgen würden die Wirtschaft noch über Jahre belasten, warnt Alpert.

Ähnlich wie in Europa steigt auch in den USA die Zahl der Corona-Infektionen. Allein in der vergangenen Woche kamen 500.000 gemeldete Infizierte dazu, jeden Tag sterben rund 1000 US-Bürger mit einer Covid-Diagnose. Anleger sind besorgt über diese Entwicklung, dazu kommt die wachsende Nervosität vor der US-Wahl.

Die Aktienkurse waren am Mittwoch deutlich eingebrochen. Alle wichtigen Indizes schlossen rund 3,5 Prozent im Minus, es war der größte Kurssturz seit Juni. Am Donnerstag war die Stimmung im frühen New Yorker Handel etwas besser. Der Leitindex Dow Jones startete leicht negativ, die Technologiebörse Nasdaq und der breiter gefasste S & P 500 dagegen drehten ins Plus.

Langfristig scheint die Kluft zu wachsen zwischen jenen, die vom Aufschwung profitieren, und denen, die dauerhaft abgehängt werden könnten. Trump verkündet im Endspurt des Wahlkampfs eine „V-Shape”-Erholung, also einen rasanten Aufschwung nach einem Einbruch. Auf Facebook schaltete seine Kampagne Dutzende Anzeigen, in denen Trump „Super-V” feiert.

Sein Herausforderer Joe Biden wirft ihm vor, die Erholung ähnele einem „K”, von der Großkonzerne, Gutverdiener und Finanzmärkte profitierten, nicht aber mittlere und niedrige Einkommensklassen sowie Arbeitslose. „Genau wie alles andere, was er im Amt übernommen hat, hat er es vermasselt “, sagte der frühere Präsident Barack Obama bei einem Wahlkampfauftritt für Biden in Florida. Tatsächlich zeigen die neuen Daten, dass die Krise vor allem den Dienstleistungssektor, die Gastronomie, den Tourismus und die Luftfahrt fest im Griff hat.