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Die US-Wahl sorgt für Verunsicherung an der Wall Street – Das bietet Einstiegschancen

Die bevorstehende heiße Phase des US-Wahlkampfs wird die Aktienkurse stark schwanken lassen, erwarten Strategen. Auf lange Sicht sind sie optimistisch.

Wird der US-Präsident eine Wahlniederlage akzeptieren? Foto: dpa
Wird der US-Präsident eine Wahlniederlage akzeptieren? Foto: dpa

Die Nervosität ist zurück an den Aktienmärkten: Das zeigen deutlich die Kurse in den USA, die der restlichen Börsenwelt in der Regel die Richtung vorgeben. Der breite S & P 500 und der Standardwerteindex Dow Jones haben ihr viertes Wochenminus in Folge und damit ihre längste Verlustserie seit einem Jahr verbucht.

Sie drehten aber am Freitag ins Plus, und der Montag startete ebenfalls positiv. Für die wieder deutlich höheren Schwankungen – zu messen etwa in einem zuletzt um rund ein Zehntel höheren Volatilitätsindex Vix für den S & P 500 – lassen sich mehrere Gründe finden. Neben der wieder stärker aufflammenden Corona-Pandemie und Sorgen um die Konjunktur drückt die herannahende US-Präsidentschaftswahl auf die Stimmung.

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In gut einem Monat entscheiden die US-Amerikaner darüber, ob Donald Trump eine zweite Amtszeit antreten darf oder es Zeit für einen Kurswechsel Richtung Demokraten ist. Auf hohem Niveau schwanken die Kurse stark. Strategen fürchten, dass dies vorerst so weitergeht, zumal die heiße Phase des US-Wahlkampfs beginnt.

Die US-Aktienmärkte befinden sich bereits „auf Achterbahnfahrt“, beobachtet Martin Utschneider, Leiter technische Analyse der Bank Donner & Reuschel. Die jüngsten Zuckungen spiegelten die enorme Nervosität wider. Vor allem bei den inzwischen zu hoch bewerteten Aktien an der Tech-Börse Nasdaq drohten Gewinnmitnahmen, meint er.

Dienstagnacht wird es spannend in den USA, wenn das erste von insgesamt vier Fernsehduellen zur US-Präsidentschaftswahl über die Bildschirme flimmert. Um drei Uhr deutscher Zeit treten US-Präsident Donald Trump und sein Herausforderer Joe Biden vor der Weltöffentlichkeit Auge in Auge gegeneinander an. Interpretationen über Stärke und Schwäche der Kontrahenten im Wortgefecht spiegeln die Kapitalmärkte meist direkt wider.

Trump sorgt für Verwirrung

Den aktuellen Umfragen zufolge zeichnet sich ein Wahlsieg Bidens ab. Doch für die Märkte gilt es unter Strategen als entscheidend, ob Biden beide politische Kammern gewinnen kann, um stabile Mehrheiten in Aussicht zu haben. Und Trump ist nicht zu unterschätzen. In diesem Jahr könnte es Wochen dauern, bis der Sieger feststeht, weil eine Rekordzahl an Amerikanern wegen der anhaltenden Pandemie per Brief wählen wird.

US-Präsident Trump sorgt zudem für Verwirrung. Erst vergangene Woche hat er erneut angedeutet, dass er das Wahlergebnis im Falle einer Niederlage nicht anerkennen könnte, was einer Verfassungskrise gleichkäme. Damit stößt er bei seiner eigenen Partei auf Widerstände.

Doch die Wall Street nimmt seine Drohung ernst. Die größte Aufmerksamkeit zollten Investoren wahrscheinlich der Frage, ob Trump eine Wahlniederlage akzeptierte, meinen die Analysten der italienischen Bank Unicredit. In allen wichtigen Anlageklassen – Aktien, Devisen, Anleihen – bereiteten sich Investoren daher auf Turbulenzen vor.

Trump selbst geht davon aus, dass es über den Ausgang der Wahl einen langwierigen juristischen Streit geben könnte, der vom obersten Gericht entschieden werden muss. Das Potenzial für Chaos und Unsicherheit könnte schädlicher für die Kurse werden als der tatsächliche Wahlausgang. „Wenn ein Sieger feststeht, wird sich das spürbar auf die Märkte auswirken. Aber man weiß nicht wirklich, wie man die Aussicht auf ein komplettes Chaos einpreisen soll“, meint Stuart Kaiser, Leiter des Derivate-Researchs bei der UBS.

Die Entwicklung der vergangenen Wochen zeigt, wie sehr die Unsicherheit zugenommen hat. Der S & P 500, der sich nach dem Crash im März schnell wieder erholt hatte, steht nun nach Ansicht von Experten kurz vor einer Korrektur.

Technologieaktien, eigentlich die großen Stars in der Coronakrise, haben sich seit den Berichten um Softbanks Rolle bei Tech-Titeln nicht mehr wirklich erholt, trotz kurzer Ausschläge nach oben. Anfang September hatten US-Medien berichtet, dass der japanische Technologiekonzern die anhaltende Rally an der Nasdaq mit milliardenschweren Aktienoptionen auf Technologietitel künstlich befeuert haben soll.

Nach der Präsidentschaftswahl im Jahr 2000, als die Stimmen in Florida neu ausgezählt werden mussten, verlor der S & P 500 mehr als vier Prozent. Die Renditen auf zehnjährige US-Staatspapiere gaben um 52 Basispunkte (0,52 Prozentpunkte) nach, und der Goldpreis kletterte um über zwölf Prozent, weil sich Anleger in „sichere Häfen“ flüchteten.

Die kommende Wahl könnte also eine Menge Unruhe auslösen. Und direkt nach dem Wahltag am 3. November gibt es weitere wichtige Ereignisse, die die Wall Street bewegen werden. Am 4. und 5. November tagt die US-Notenbank Federal Reserve, zum ersten Mal seit 1984 in der Wahl-Woche. Am 6. November werden die Arbeitslosendaten für den Monat Oktober veröffentlicht.

Belastend für Anleger ist zudem die sich wieder stärker ausbreitende Corona-Pandemie, unter der die US-Amerikaner weltweit am stärksten leiden, einschließlich der Folgen für die Konjunktur. „Das Risiko einer fiskalischen Ermüdung kristallisiert sich in den USA heraus, was Sorgen schürt, einer Erholung könnte die Luft ausgehen“, analysiert Jean Boivin, Chef der Researcheinheit Blackrock Investment Institute des weltgrößten Vermögensverwalters.

Von dem billionenschweren Corona-Hilfspaket des US-Kongresses sind derzeit bis zu 380 Milliarden Dollar noch nicht genutzt, wie Finanzminister Steven Mnuchin und Notenbankchef Jerome Powell erklärten. Das Geld könnte an Haushalte und Unternehmen fließen, wenn die Abgeordneten den Weg frei machten.

Nasdaq 100 unterschreitet wichtige Marke

Allerdings machen es die zunehmenden Spannungen zwischen Republikanern und den Demokraten wenige Wochen vor der Präsidentschaftswahl unwahrscheinlich, dass sich beide Seiten auf ein Hilfspaket einigen. „Auch wenn die Firmengewinne allmählich auf dem Weg der Besserung sind, bleibt die globale Konjunktur anfällig – und es gibt wenig Puffer, einen weiteren wie auch immer gearteten Schock abzufedern“, ergänzt Analyst Nicholas Colas vom US-Haus DataTrek Research.

„Der September war ein schwieriger Monat für alle Investoren, aber vor allem Technologieanleger müssen es mit Fassung tragen“, schreibt Lindsey Bell, Chef-Investmentstrategin beim US-Wertpapierhaus Ally Invest, an ihre Kunden. Der Tech-Index Nasdaq 100 hat gegen Ende der Woche kurz die wichtige technische Marke von 11.069 Punkten unterschritten: Wenn der Index nachhaltig darunter absacke, könne er um gut fünf Prozent weiter abrutschen, meint Utschneider von D & R.

Für die fünf wertvollsten US-Aktien könnte der September der schlechteste Monat überhaupt werden, wie aus Berechnungen des Finanzdienstleisters Dow Jones hervorgeht. Alphabet, Amazon, Apple, Facebook und Microsoft haben im September bereits über 800 Milliarden Dollar an Marktwert verloren. Alle Titel erholen sich seit Freitag allerdings wieder.

Blackrock sieht US-Aktien aktuell als „verwundbar an“, vor allem wegen schwindender fiskalpolitischer Unterstützung und möglicher Gewinnmitnahmen bei Tech-Aktien. Angesichts potenzieller kurzfristiger Risikofaktoren mit Blick auf die US-Wahlen hat auch Fondsmanager David Ross vom französischen Fondshaus LFDE US-Aktien reduziert.

Höhere Steuern mit Biden

Ein Wahlsieg Bidens gilt aus mehreren Gründen als Belastungsfaktor für US-Aktien. Die von den Demokraten geplante Erhöhung der Kapitalertragsteuer von aktuell 20 Prozent auf mehr als 40 Prozent könnte etwa für zunehmenden Verkaufsdruck bei Investoren sorgen, fürchtet Fondsmanager Ross. Zudem wolle Biden die Steuerregeln für vererbtes Kapitalvermögen verschärfen. Ferner schreiben sich vor allem die Demokraten eine strengere Regulierung der großen Tech-Konzerne auf die Fahne.

Auf längere Sicht allerdings gehen Strategen und Investoren davon aus, dass US-Aktien weiterhin Potenzial haben – wenn sich die politische und ökonomische Lage stabilisiert. So rät Bell von Ally Invest Anlegern dazu, Kurs zu halten: Der Trend zu mehr Technologie, der durch die Coronakrise beschleunigt wurde, sei noch längst nicht gebrochen.

Auch Mark Häferle, Investmentchef der UBS, sieht die erwartete Volatilität der kommenden Wochen als Kaufgelegenheit. „Mittelfristig erwarten wir, dass die Märkte zulegen werden. Doch der Weg dahin wird holprig sein, bis es mehr Klarheit zum Corona-Impfstoff und der politischen Lage in den USA gibt. Wir raten daher dazu, die kurzfristige Volatilität als eine Möglichkeit zu sehen, Positionen langfristig aufzubauen“, meint er.

Michael Bissinger, Analyst der DZ Bank, erkennt Auftrieb für die Aktienkurse vor allem durch den weiteren Rückgang der Kapitalmarkt-zinsen, der Anleger grundsätzlich in Aktien treibt. „In den USA ist die Hälfte der Erholungsbewegung seit dem Tief auf das gesunkene Zinsniveau zurückzuführen“, meint er. Damit die Aktienkurse nachhaltig weiter steigen könnten, müssten Wirtschaftskraft und Unternehmensgewinne das Vorkrisenniveau überschreiten.