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Die EZB und die Fed haben ihre Leitzinsen erneut erhöht – das sind die Folgen für euer Geld

Fingerzeig für die Zinsrichtung: Die EZB und ihre Präsidentin Christine Lagarde sowie die US-Notenbank Fed entscheiden Anfang Mai über die Leitzinsen.  - Copyright: Picture Alliance
Fingerzeig für die Zinsrichtung: Die EZB und ihre Präsidentin Christine Lagarde sowie die US-Notenbank Fed entscheiden Anfang Mai über die Leitzinsen. - Copyright: Picture Alliance

Im Kampf gegen die Inflation haben die Europäische Zentralbank (EZB) und die US-Notenbank Fed ihre Leitzinsen um jeweils 0,25 Prozentpunkte weiter erhöht. Die Euro-Zone erlebt damit die schnellsten und stärksten Zinserhöhungen seit Einführung des Euro im Jahr 1999. In den USA sind die Leitzinsen nun auf dem höchsten Stand seit 16 Jahren.

Leitzinsen sind ein mächtiges Instrument. Zentralbanken können mit ihnen die Inflation bremsen, müssen aber beachten, dass höhere Zinsen auch die Konjunktur dämpfen sowie für Banken neben Chancen auch Risiken bedeuten.

Eine Änderung der Leitzinsen hat Folgen für die gesamte Wirtschaft – für Sparer, Kreditnehmer, Anleger oder Beschäftigte. Sie beeinflusst die Konjunktur, Wechselkurse und Immobilienmärkte.

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Wir beantworten die wichtigsten Fragen rund um die Zinsentscheidungen und die Folgen für euer Geld.

Wie entwickeln sich die Inflationsraten?

Die Inflationswelle hat ihren Höhepunkt überschritten. Allerdings geht die Teuerung in vielen Ländern nur langsam zurück – wenn überhaupt.

Denn in der Euro-Zone stieg die Inflation im April sogar leicht von 6,9 auf 7,0 Prozent. Die Kernrate ging von 5,7 auf 5,6 Prozent zurück. Sie verharrt damit auf dem höchsten Niveau seit Einführung des Euro.

In Deutschland betrug die Inflationsrate im April noch 7,2 Prozent. Zum Höhepunkt der Inflationswelle waren es im Oktober 8,8 Prozent. Die Teuerung geht also auch bei uns nur langsam zurück. Der Rückgang liegt vor allem daran, dass Energie nicht mehr so viel teurer ist als vor einem Jahr. Größter Preistreiber sind aktuell Nahrungsmittel, die zuletzt gut 17 Prozent teurer waren als vor einem Jahr.

Auch darüber hinaus hat sich die Inflation ausgebreitet. Das zeigt die Kernrate der Inflation ohne die volatilen Preise für Energie und Lebensmittel. Sie stieg bis in den März in Deutschland auf zuletzt 5,8 Prozent.

In den USA geht die Inflation seit dem Sommer 2022 zurück. Im März sank die Inflationsrate von 6,0 auf 5,0 Prozent. Sie ist damit niedriger als zu Beginn des Ukraine-Krieges. Die Kernrate stieg dagegen nochmals auf 5,5 Prozent. Sowohl in der Euro-Zone als auch in den USA liegen die allgemeine Teuerung und auch die Kerninflation weiter deutlich über dem Zielwert der Notenbanken von zwei Prozent.

Die Präsidentin der Europäischen Zentralbank, Christine Lagarde, und der Chef der US-Notenbank Fed, Jerome Powell.
Die Präsidentin der Europäischen Zentralbank, Christine Lagarde, und der Chef der US-Notenbank Fed, Jerome Powell.

Wie hat sich der Leitzins der EZB entwickelt?

Nach eine langen Phase mit niedrigen, teilweise negativen Zinsen hatte die Fed in den USA die Zinswende früher eingeleitet als die EZB in Europa. Die US-Notenbank erhöhte die Leitzinsen seit dem Frühjahr 2022 in zehn Schritten auf eine Spanne von 5,0 bis 5,25 Prozent. Dies ist der höchste Stand seit 16 Jahren.

Die EZB erhöhte ihre Leitzinsen erst seit dem Juli 2022, bisher siebenmal in Folge. Der Zinssatz, zu dem Banken Geld von der EZB leihen können, beträgt 3,75 Prozent. Der Einlagenzins, zu dem Banken Geld bei der EZB parken können, ist 3,25 Prozent. Die Zinserhöhungen seit dem Sommer waren die stärksten in der Geschichte der EZB.

Welche Zinserhöhungen werden noch erwartet

Die Zentralbanken betonen ihre Entschlossenheit, die Inflation bis auf zwei Prozent zurückzuführen. Sie ließen aber offen, ob, wie häufig und wie stark sie dazu ihre Leitzinsen noch anheben wollen.

Die Daten sprechen für eine erneute Zinserhöhung der EZB, sagt ihr Chefvolkswirt Philip Lane.
Die Daten sprechen für eine erneute Zinserhöhung der EZB, sagt ihr Chefvolkswirt Philip Lane.

Die meisten Volkswirte erwarten den Zinsgipfel in der Euro-Zone im Laufe des Sommers bei 3,5 bis vier Prozent für den niedrigeren Einlagensatz. Deutsche Bank Research erwartet noch zwei Zinserhöhungen bis auf 3,75 Prozent, hält aber auch über vier Prozent für möglich. Das Ifo-Institut erwartet drei weitere Zinsschritte bis auf einen Einlagensatz von vier Prozent. Der österreichische Ökonom und frühere Chef des Institut für Weltwirtschaft Kiel, Gabriel Felbermayr, erwartet nur noch kleine symbolische Zinserhöhungen um höchstens zweimal 0,25 Prozentpunkte in Europa und einmal 0,25 Punkte in den USA.

Welche Risiken birgt eine Zinserhöhung für das Banksystem

Die Zinswende hatte zunächst für steigende Gewinne bei vielen Banken gesorgt. Höhere Zinsen geben ihnen mehr Spielraum in den Geschäften mit ihren Kunden.

Doch es gibt auch Risiken. Die kalifornische Silicon Valley Bank war zusammengebrochen, weil sie viel Geld in Staatsanleihen angelegt hatte. Das ist eigentlich eine sichere Anlage. Doch steigende Zinsen sorgten für fallende Kurse der Anleihen im Bestand der Bank. Das brachte sie in einen Liquiditätsengpass, als Anleger für ihre Guthaben mehr Zinsen verlangten. Anfang der Woche musste die First Republik Bank in einer staatlich organisierten Rettungsaktion von JPMorgan Chase übernommen werden.

Sowohl Fed-Chef Jerome Powell als auch EZB-Präsidentin Christine Lagarde versichern, dass die Banken- und Finanzsysteme robust seien. Ökonom Felbermayr sieht den Spielraum für Notenbanken dennoch begrenzt. Die Risiken für die Finanzstabilität seien real. Auch Bank Runs, bei denen Kunden in einer Art Panik ihr Geld von Banken abheben wollen, seien eine reale Gefahr.

Was bedeutet eine Zinserhöhung für den Euro

Die Zinswende brachte auch für den Wechselkurs zwischen Euro und US-Dollar eine bewegte Zeit. Als die US-Fed die Zinsen erhöhte, die EZB aber noch zögerte, geriet der Euro unter Druck. Der Wechselkurs des Euro sackte bis auf 95 US-Cent durch, den tiefsten Stand seit 20 Jahren.

Als die EZB die Zinsen dann nachzog, stieg der Euro mit einigen Wellenbewegungen auf aktuell rund 1,1050 Dollar.

Ein starker Euro würde der EZB gegen die Inflation in Europa helfen. Denn ein stärkerer Euro macht große Teile des Importes in den Euro-Raum billiger. Für Deutschland ist dies besonders wichtig, weil Öl, Gas und Kohle auf den Weltmärkten meist in Dollar abgerechnet werden.

Der Euro legt seit Wochen zu. Ökonomen trauen dem Euro einen Anstieg bis auf 1,30 Dollar zu.
Der Euro legt seit Wochen zu. Ökonomen trauen dem Euro einen Anstieg bis auf 1,30 Dollar zu.

Welche Folgen hat die neue Zinsrunde für Sparer?

Die Zinswende hatte Sparern 2022 vor allem das Ende der Negativzinsen beschert. Mittlerweile zahlen Banken in Deutschland wieder Zinsen weit über zwei Prozent auf Tagesgeld. Für Festgeld gibt es bereits über drei Prozent bei einer Laufzeit von einem Jahr und noch mehr bei zwei Jahren. Für Aufsehen sorgte die ING Diba, die Neukunden für einen begrenzte Zeit auch auf Tagesgeld 3,00 Prozent anbot. Check24 hält solche Zinsen auf Tagesgeld bald generell für möglich.

Weil die Inflation aber höher ist, sind die Realzinsen immer noch im Minus. Wer bei einer Inflationsrate von 7,4 Prozent für sein Geld zwei oder drei Prozent Zinsen erhält, verliert in einem Jahr immer viel Geldwert.

Diese Schere dürfte sich erst langsam schließen. Experten erwarten, dass die Sparzinsen sich parallel zu den Leitzinsen entwickeln. Sie könnten also noch einmal um rund 0,25 bis 0,5 Prozentpunkte steigen. Getrieben wird dies auch vom Wettbewerb um Neukunden, in den auch Neobrokern wie Trade Republic oder Scalable eingestiegen sind. Sie werben mit hohen Zinsen auf Verrechnungskonten um neue Kunden. Gleichzeitig dürften die Inflationsraten weiter sinken. Bis beide Kurven sich wieder schneiden und Sparer positive Realzinsen bekommen können, dürfte es noch eine Weile dauern.

Welche Folgen hat der Zinsentscheid der EZB auf Bauzinsen?

Im Zuge der Zinswende hatten sich die Bauzinsen 2022 vervielfacht. Für Kredite mit zehn- oder 15-jähriger Zinsbindung mussten im Spätherbst vier Prozent gezahlt werden. Anfang des Jahres waren die Hypothekenzinsen Richtung 3,5 Prozent gefallen. Dann zogen sie wieder an.

Aktuell liegen die Hypothekenzinsen je nach Laufzeit um die 4 Prozent. Dabei sind längere Laufzeiten teilweise sogar teurer als eine kurze Zinsbindung. „Für eine Standardfinanzierung musst Du mit etwa 3,9 Prozent effektiv rechnen“, schreibt die Verbraucherseite finanztip.de. Und: „Nachdem sich die Turbulenzen im amerikanischen und Schweizer Bankensektor gelegt haben, gab es bei den Bauzinsen in den ersten Aprilwochen fast keine Bewegung mehr.“

„Kurzfristig werden die Zinsen voraussichtlich erst einmal auf dem aktuellen Niveau verharren“, sagt Ingo Foitzik, Geschäftsführer bei Check 24. „In den kommenden Monaten wird der Zinssatz durch weitere Zinserhöhungen der EZB wieder Richtung vier Prozent oder sogar darüber hinaus gehen.“

Nach dem Zinssprung im vergangenen Jahr kosten Immobilienkredite aktuell so viel wie seit zehn Jahren nicht mehr. Im längerfristigen Vergleich sind die Bauzinsen immer noch niedrig. Doch der starke Anstieg hat die Kalkulationen vieler Bau- oder Kaufwilligen über den Haufen geworfen. Am Immobilienmarkt sinkt die Nachfrage. Die Baugenehmigungen für Wohnungen brechen ein. Dies wiederum bremst die Nachfrage nach Baukrediten und damit den Zinsanstieg.

Was bedeutet die Zinserhöhung der EZB für die Kreditzinsen

Mit höheren Leitzinsen steigen die Kosten der Banken, sich Geld bei der Zentralbank zu leihen. Dies geben sie weiter. Konsumenten- und Dispokredite werden teurer. „Eine erneute Leitzinserhöhung wird aller Voraussicht dazu führen, dass Banken die Zinssätze für Raten- und Dispokredite weiter erhöhen“, sagt Alexander Artopé, Chef des Kreditvergleicher Smava.

Dies zeigt die Entwicklung seit Beginn der Zinswende. Sebastian Schick vom Verbraucherportal biallo.de: „Die Zinsen für Ratenkredite haben in den vergangenen zwölf Monaten im Schnitt um fast drei Prozentpunkte zugelegt und ein 14-Jahres-Hoch markiert.“ Darlehen mit dreijähriger Laufzeit kosten laut Biallo im Schnitt 8,59 Prozent Zinsen effektiv. Das sind knapp drei Prozentpunkte mehr als vor einem Jahr. „Das Rekordtief datiert vom Frühjahr 2017 bei 4,89 Prozent“, schreibt Schick.

Es gebe aber auch einen positiver Effekt der Zinswende, sagt Stefan Eckhardt von Check 24. Das Sparpotenzial für Kreditnehmer sei deutlich gestiegen. „Der durchschnittliche Zinsunterschied zwischen dem günstigsten und teuersten Kreditangebot liegt mit 3,70 Prozent in diesem Jahr deutlich höher als vor einem Jahr.“ „Wer Angebote verschiedener Banken vergleicht, hat die Chance, Kredite mit Zinssätzen
zwischen fünf und sechs Prozent und auch darunter zu finden“, sagt auch Smava-Chef Artopé.

Besonders wichtig sei ein Blick auf die teuren Dispokredite: „Im April 2023 haben im Schnitt 10,3 Prozent der Deutschen ihr Konto überzogen. Bei Überziehungszinsen von rund zehn Prozent sind sie gut beraten, ihr Konto schnell auszugleichen oder auf einen deutlich günstigeren Ratenkredit umzuschulden“, sagt Artopé. „Die ohnehin teure Kontoüberziehung wird mit jeder Leitzinserhöhung eher teurer als günstiger.“

Was bedeutet ein höherer Leitzins der EZB für die Konjunktur

Ein höherer Leitzins der EZB bremst die Wirtschaft auf mehreren Wegen. Steigende Zinsen machen Kredite teurer. Das erschwert die Investitionen für Unternehmen, aber auch Anschaffungen für private Haushalte. Das dämpft die gesamtwirtschaftliche Nachfrage im Inland. Höhere Zinsen machen auch das Sparen und Geldanlagen attraktiver. Auch dieser Effekt geht auf Kosten der Ausgaben für Konsum und Investitionen.

Normalerweise führt eine Überhitzung der Konjunktur zu Inflation. Dann ist dieser bremsende Effekt höherer Zinsen erwünscht. Aktuell wurde die Inflationswelle aber durch externe Schocks, vor allem bei den Energiepreisen ausgelöst. Die Wirtschaft steht ohnehin am Rande einer Rezession. Im vierten Quartal 2022 war das Bruttoinlandsprodukt in Deutschland um 0,5 Prozent geschrumpft. Im ersten Quartal 2023 stagnierte die deutsche Wirtschaft. In der Euro-Zone betrug das Wachstum im ersten Quartal 0,1 Prozent.

Die deutsche Wirtschaft tritt auf der Stelle. Das Bruttoinlandsprodukt stagniert bei hoher Inflation.
Die deutsche Wirtschaft tritt auf der Stelle. Das Bruttoinlandsprodukt stagniert bei hoher Inflation.

Ähnlich ist das Bild in den USA: Viele Ökonomen gehen wie die DZ Bank davon aus, dass die USA in eine „milde Rezession“ rutschen. „Wir erwarten weiterhin, dass die Wirtschaft wegen der heftigen Zinserhöhungen der US-Notenbank Fed im zweiten Halbjahr leicht schrumpft“, sagte auch Commerzbank-Experte Christoph Balz.

Mit Material von DPA