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Teppichhändler klagt gegen die Deutsche Bank

Es sollte Stuttgarts neues Prunkstück werden. Um den ersten Trump-Tower Europas in seine Stadt zu holen, griff Oberbürgermeister Wolfgang Schuster 2001 zum Telefon. „Ich habe in der Zeitung gelesen, dass Donald Trump Standorte in Europa sucht“, sagte er.

In Deutschland war Berlin genannt. „Da habe ich mir gedacht: Warum eigentlich nur Berlin – und habe mit der Trump Deutschland AG Kontakt aufgenommen.“

200 Meter sollte sich der Trump-Tower in Stuttgart Nord in den Himmel recken. Hinter der Fassade: 24 Stockwerke Büros, fünf Etagen mit Luxuswohnungen, ein Spitzenhotel, außerdem ein Einkaufszentrum mit 14-Meter-Wasserfall. Hans Ulrich Gruber, Chef von TD Trump Deutschland sagte: „Wir wollen von allem nur das Beste.“

Kein Stein wurde je verbaut. Der Phantom-Turm zu Stuttgart beschäftigt bis heute die Gerichte. Hafez Sabet, Sohn des früheren Grundstückbesitzers, macht die Deutsche Bank mitverantwortlich für den gescheiterten Verkauf der Immobilie. Der Streit schwelt seit Jahren. Nun hat Sabet erneut eine Klage eingereicht. Streitwert: elf Milliarden Euro.

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Die Deutsche Bank antwortet in der Sache ungewohnt energisch. „Die Vorwürfe sind völlig substanzlos, und die ins Spiel gebrachte Schadensersatzsumme ist absurd“, sagt ihr Sprecher Tim Oliver Ambrosius. Der Kläger sei vor Gericht in allen Instanzen gescheitert, zuletzt beim Bundesgerichtshof.

Für neutrale Beobachter mag die Forderung gegen die Bank ohnehin erstaunlich hoch wirken. Sabet galt einmal als größter Händler für Orientteppiche weltweit. Aber elf Milliarden Euro? Zum Vergleich: Als der Medienunternehmer Leo Kirch den ehemaligen Deutsch-Bank-Chef Rolf Breuer für den Niedergang seines Unternehmens verantwortlich machte, erstritt er 775 Millionen Euro.

Kirch war aber als international agierender Medienkonzern in die Pleite gerutscht. Sabet errechnet einen zehnmal höheren Schaden für ein Unternehmen, das nie Kunden hatte. Und diese Summe steht für 96 Prozent der elf Milliarden Euro.

Wunschumsätze

Sabet, sagt sein Anwalt Andreas Tilp, hatte gemeinsam mit Partnern einen revolutionären Kreiskolbenmotor entwickelt. Dieser sei bestens geeignet gewesen, in Entwicklungsländern auf einfachste Weise Strom zu erzeugen, Wasser zu fördern und Landmaschinen anzutreiben. Sabet habe namhafte Interessenten für sein Projekt gehabt, Gutachten zeigten einen Weltbedarf von fünf Millionen Stück pro Jahr.

Für die Berechnung des Schadens stützt sich Sabet auf eine Utopie. Wäre sein Motor genauso erfolgreich geworden, wie Sabet sich das vorstellte, hätte er damit bis zum Klagezeitpunkt 5,64 Milliarden Euro eingenommen, zuzüglich Zinsen.

Die Deutsche Bank mag aber nicht zahlen für entgangene Umsätze, die ein Kläger nur per Gutachten hochrechnen lässt. „Der Name unseres Hauses soll instrumentalisiert und mit unlauteren Methoden beschädigt werden“, sagt ihr Sprecher Ambrosius. „Wir werden uns jetzt mit allen Mitteln juristisch zur Wehr setzen.“

Alle Mittel will auch Sabet einsetzen. Die Deutsche Bank, sagt er, habe in früheren Prozessen die Unwahrheit gesagt. Er wirft ihr deshalb Prozessbetrug vor. Nach seiner Strafanzeige ermittelt nun die Staatsanwaltschaft Stuttgart.

Kern des Streits bleiben die Vorgänge um das Grundstück, auf dem der Trump-Tower entstehen sollte. Sabets Unternehmen war damals so groß geworden, dass es ein neues Logistikzentrum baute. Für sein altes Gebäude, gelegen am Stuttgarter Pragsattel, fehlte den Sabets die Verwendung. Sie suchten einen Käufer.

Schweinerei mit Trump

Am 7. März 2001 unterschrieben die Vertreter der TD Trump Deutschland AG einen Kaufvertrag mit den Sabets. Für zwei Grundstücke am Pragsattel sollten 20,9 Millionen Euro fließen. Dann kam alles anders.

Für Kredite Sabets bei der Deutschen Bank hatte diese sich Grundpfandrechte am Pragsattel einräumen lassen. Die Bank konnte von den Investoren Geld für ein Wegerecht verlangen. Als klar wurde, dass am Pragsattel ein Trump-Tower entstehen sollte, forderte das Institut zunächst rund 665.000 Euro und erhöhte dann auf 3.580.000 Euro. In der Folge scheiterte der Deal.

„Unsere Bank ließ plötzlich reihenweise Schecks und Wechsel platzen, die Geschäftspartner zweifelten an unserer Liquidität“, sagt Hafez Sabet. Ende 2003 stellte die Bank sogar einen Insolvenzantrag. „Hinter unserem Rücken“, schimpft Sabet. Und seine Vorwürfe reichen noch weiter.

Die Deutsche Bank soll damals Trump ein unmoralisches Angebot unterbreitet haben. Die Bank habe geplant, sein Unternehmen in die Insolvenz zu treiben, sagt Hafez Sabet. Trump sollte so beim Grundstückskauf in Stuttgart viel Geld sparen. Doch die Amerikaner hätten abgelehnt.

Ulrich Gruber, damals Chef von TD Trump Deutschland, wird in der Klage mit den Worten zitiert: „Für derartige Schweinereien steht Trump nicht zur Verfügung.“

Nun steht Gruber als Zeuge nicht mehr zur Verfügung – er verstarb. Für die Beweisführung vor Gericht soll den Sabets eine Telefonnotiz eines Mitarbeiters vom 21. Juni 2001 dienen. Zur Unterstützung rufen die Anwälte der Familie in ihrer Klageschrift den US-Präsidenten selbst in den Zeugenstand: „Zeugnis des Herrn Donald Trump, zu laden über das Weiße Haus; Washington D.C., USA.“

Warum aber soll sich die Deutsche Bank überhaupt so verhalten haben? Hafez Sabet hat einen Verdacht: Selbstschutz. „Die Grundstücke am Pragsattel waren viel mehr wert als die Kredite, die damit besichert wurden“, sagt Sabet. „Die Bank musste dafür sorgen, dass die Immobilien weit unter Wert verkauft werden. Sonst hätten wir sie für die Übersicherung belangen können.“

Geht es nach Sabet, kommt in Stuttgart auch eine zweite Bank vor Gericht. 2004 begann ein Insolvenzverfahren über das Vermögen Huschmand Sabet, rund zwei Jahre später traf es auch seine Grundstücksverwaltungsgesellschaft. Lange geschah nichts, obwohl es laut Sabet einen Interessenten gab, der 13 Millionen Euro bot.

Stattdessen erhielt 2013 ein Käufer den Zuschlag, hinter dem mittelbar wohl eine 100-prozentige Tochter der Privatbank Hauck & Aufhäuser stand. Der Kaufpreis für die Grundstücke betrug 6,7 Millionen Euro. Im Frühjahr 2015 erfolgte der Weiterverkauf – für mehr als das Doppelte. Laut Klage erzielte die Bank knapp sieben Millionen Euro Profit. Sie wollte sich auf Nachfrage nicht äußern.

Neun Jahre nach Sabets erstem juristischem Anlauf ist nun eine neue Klage zugestellt. Zweifel an der Schadenssumme liegen nahe, doch der Kläger lässt sich nicht abbringen. Der Gerichtskostenvorschuss in Höhe von 329.000 Euro ist schon bezahlt.