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Er setzte VW-CEOs in Szene: Michael Manske verlässt den Autobauer – und gewährt auf Linkedin einen Blick hinter die Kulissen

Michael Manske (re.) mit Tesla-Chef Elon Musk (li.) und VWs Ex-CEO Herbert Diess.  - Copyright: Michael Manske; Business Insider
Michael Manske (re.) mit Tesla-Chef Elon Musk (li.) und VWs Ex-CEO Herbert Diess. - Copyright: Michael Manske; Business Insider

Er hat Tesla-Lenker Elon Musk aus den USA gefilmt – ausgerechnet in einem ID.3, Volkswagens damals brandneuem Elektro-Kompaktwagen. Er hat den früheren VW-Chef Herbert Diess auf einer Art stromgetriebenem Surfbrett in Szene gesetzt – und wie nebenbei Werbung gemacht für das sogenannte e-tron foil der Konzerntochter Audi.

Er hat dem „Power Day“ digitale Schubkraft verliehen – jenem Ganztagsevent, mit dem VWs für Technik zuständiger Konzernvorstand Thomas Schmall-von Westerholt den nachhaltigen Umstieg auf E-Mobilität flankiert.

Doch bald hört er auf im Wolfsburger VW-Konzern, Michael Manske, 33 Jahre alt.

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Nur noch bis Ende Juli agiert Manske als Vice President & Head of Communications, Brand & Marketing bei Cariad. Die Abkürzung steht für „Car, I am digital“, und sie dient der schlagzeilenträchtigen Software-Schmiede von VW seit 2021 als plakative Firmierung.

Verkündet hat Manske die Botschaft seines Abschieds von der Volkswagen-Gruppe im Karrierenetzwerk LinkedIn. In seinem Beitrag findet sich ein Satz, der es in sich hat: „Ich wünsche allen im VW-Konzern, dass auch der Letzte versteht, dass wir nur gemeinsam und nicht gegeneinander arbeiten können“.

Und seit der Veröffentlichung vor einer Woche hat es der Post bereits auf rund eine Viertelmillion Impressions gebracht, teilte uns Manske auf Anfrage mit, hat zudem mehr als 1200 Likes, Applaus- und Herzchen-Symbole eingeheimst – und weit über 300 Kommentare ausgelöst.

Hinter den Wolfsburger Kulissen

Die bloßen Zahlen aber sind es nicht, die Manskes Beitrag so bemerkenswert machen. Erstaunlich sind vielmehr die Inhalte der teils ungewöhnlich ausführlichen Reaktionen darauf, die oft bekannten Namen und einflussreichen Berufspositionen der Kommentatoren dahinter.

Hinzu kommen öffentlich zuvor unbekannte Fotos von Elon Musk. Der Tesla-Tycoon lehnt auf einem Bild von und mit Michael Manske entspannt an einem Kleinbus des Wettbewerbers VW: mit schmuckem Halstuch gegen Heiserkeit und in den Hosentaschen vergrabenen Händen.

Business Insider hat sich durch die Fülle des Manske-Materials bei Linkedin gearbeitet. Es veranschaulicht auf ungewöhnliche Weise, wo wichtige Konfliktlinien verliefen im weltumspannenden VW-Konzern oder noch verlaufen. Es zeigt aber auch, dass innerhalb der von rhetorischer Rauflust geprägten VW-Gruppe einstige Kontrahenten auf einer Linie zu liegen vermögen. Und sei es erst dann, wenn ein in den verschiedenen Lagern geschätzter Mitstreiter geht.

Denn – so viel sei vorab verraten – in ihren Bewertungen der Personalie Manske und dessen bisherigem Wirken sind sich frühere Widersacher wie Ex-VW-CEO Herbert Diess und der vormalige Betriebsratschef Bernd Osterloh so einig wie etliche Kommentarschreiber aus den Reihen etwa von Audi und Porsche.

Gerade zwischen diesen beiden VW-Marken kam und kommt es immer wieder zu Reibereien – auch um die taktische Aufstellung der Cariad, ihre strategische Ausrichtung.

Michael Manske bei einer Cariad-Veranstaltung mit VW-Konzernlenker Oliver Blume (re.).  - Copyright: Michael Manske; Business Insider
Michael Manske bei einer Cariad-Veranstaltung mit VW-Konzernlenker Oliver Blume (re.). - Copyright: Michael Manske; Business Insider

Seine Software-Sparte ist von größter Wichtigkeit für die tiefgreifende Transformation bei Europas größtem Autobauer VW. Ob modernste Konnektivität im Fahrzeug oder dessen umweltschonende Elektrifizierung im Antriebsstrang – ohne ausgetüftelte Bits und Bytes geht längst nichts mehr im PS- und Kilowatt-Business.

„Seit meinem Start im Mai 2019 (bei VW; Anm. d. Red.) hatte ich immer das Glück, in sehr starken Teams mit außergewöhnlichen Spielern zu arbeiten“, lässt der HSV-Fan Manske zwar wissen. Doch verlässt er den Wolfsburger Konzern nach fünf Jahren nun ohne zu wissen, wo sich sein „nächstes berufliches Kapitel“ zutragen werde, schreibt Manske auf Linkedin. Und dazu kommt mit dem bewussten Satz ja noch seine Aufforderung zu mehr Miteinander, weniger Kontroversen im Job: Naheliegend mithin ist die Vermutung, dass sich der gebürtige Wolfsburger nach Abstand sehnt vom bisweilen nur scheinbar träge dahinfließenden Mittellandkanal, an dem VW seinen Stammsitz hat.

In manchen Strudel war Manske dort geraten: vor allem „Dieselgate“, der Skandal um manipulierte Selbstzündermotoren, in dem der Konzern 2015 schlechthin unterzugehen drohte. Für Manfred Döss, seit 2016 Vorstandsmitglied (Bereiche „Recht und Compliance“) des VW-Hauptaktionärs Porsche Automobil Holding SE und seit 2022 VW-Konzernvorstand (Ressort „Integrität und Recht“) kommunizierte Manske die Aufarbeitung des Diesel-Desasters.

Oder die zweieinhalb Jahre mit Herbert Diess. Erst führte der vormalige BMW-Topmanager die Wolfsburger Hauptmarke Volkswagen Pkw, dann stieg er auf zum Konzernchef bei VW. Eng an seiner Seite: Michael Manske, dem Diess unter anderem Relevanz und Reichweite auf Kanälen wie X (vormals Twitter), Reddit und Weibo verdankt. „Der ‚Chefflüsterer’ von Volkswagen hört auf“, titelte die „Braunschweiger Zeitung“, Pflichtblatt vieler VW-Führungskräfte, zu Manskes nahendem Ausstieg.

Der „Goldstandard" des VW-Konzerns

Er könne „sagen, dass ich (...) immer dort war, wo die Musik am lautesten war“, so der frühere „Bild“-Journalist (gehört wie Business Insider zu Axel Springer) auf LinkedIn.

Dort unterstreichen zig Kommentare Manskes Einschätzung seiner selbst. „Lieber Michael“, schreibt etwa Bernd Osterloh, „es war wirklich eine spannende Zeit, ich in der Funktion Konzern Betriebsratsvorsitzender mit Heiko Lossie als Pressesprecher des Konzern Betriebsrates und du mit Onkel Herbert“.

Mit letzterer Hänselei gemeint ist Ex-VW-Lenker Diess, der gern karierte Sakkos trug – weshalb ihm Osterloh mit sichtlichem Vergnügen auch öffentlich onkelhafte Züge zumaß. „Die externen Kollegen von Presse und Fernsehen waren dankbar für die Schlagzeilen, die wir geliefert haben“, schreibt Osterloh denn auch an Manske.

Heiko Lossie wiederum, der inzwischen für Osterlohs Nachfolgerin Daniela Cavallo spricht, lobt in seinem Kommentar die Streitkultur zwischen ihm und Manske: „Wir standen (die meiste Zeit) auf verschiedenen Seiten des Schachbretts. (...) Trotzdem haben wir es geschafft, Rollenrespekt zu wahren“.

Manske sei „ein Handwerker, der Strategie kann und Netzwerk hat“. Just diese Kombination, so Lossie, "ist Goldstandard bei uns im Konzern, und es ist schade, dass Du gehst. Aber auch konsequent".

Herbert Diess, den Lossie scherzhaft der Zechprellerei zeiht, zollt Manske für dessen Job als Kommunikator höchstes Lob: „großartig gemacht“. Er, Diess, glaube, dass sein Weggefährte "auch die CEO Kommunikation revolutioniert" habe, und zwar "für immer".

Manskes freiwilligen Ausstieg bei VW wertet Diess, den Oliver Blume 2022 als VW-Chef abgelöst hat, als „Verlust“ für den Mobilitäts-Multi. „Was für Bilder!“, merkt der heutige Aufsichtsratsvorsitzende von Infineon zu Manskes Post noch an.

VWs früherer Konzernlenker Herbert Diess (re.) als "Batman“ im Cupra-Testwagen des Typs Formentor, Manske fotografiert - Copyright: Michael Manske; Business Insider
VWs früherer Konzernlenker Herbert Diess (re.) als "Batman“ im Cupra-Testwagen des Typs Formentor, Manske fotografiert - Copyright: Michael Manske; Business Insider

Das fraglos feinstsinnige Foto entstammt der Produktion eines Neujahrsgrußvideos und zeigt Diess 2021 am Volant des Cupra Formentor: In Großkarojackett – kleiner Gruß an Bernd Osterloh – und mit Maske à la „Batman vom Berliner Ring 2“, der Hausadresse von VW.

Nach Diess’ Demission bot VW, dessen damalige Chefsprecherin Nicole Mommsen in ihrem Kommentar Manske ein „superscharfes Gehirn“ attestiert, dem jungen Familienvater den wohl kniffligsten Posten im Verlautbarungswesen der Wolfsburger an – die Stelle des Hauptkommunikators bei Cariad. Und das in überaus unruhigen Zeiten, die 2023 in den Rauswurf von CEO Dirk Hilgenberg mündeten.

Dessen Nachfolger Peter Bosch lobt in seiner Kommentierung Manske für dessen „Can-Do-Einstellung, Geschwindigkeit, Kreativität und Leidenschaft“. Boschs in diesem Kontext wohl ganz bewusst platzierte Botschaft, bei Cariad werde man „unsere Reise fortsetzen, um Software als Wettbewerbsvorteil für den Volkswagen Konzern zu entwickeln (und wahrzunehmen!)“, ist als nachdrückliche Entgegnung zu lesen auf all die Gerüchte, denen zufolge VWs Digital-Unit mal zerschlagen, mal verkauft, mal ausgegliedert werden soll.

Abschied auch als Aufsichtsrat

Was immer werden mag aus der Cariad und aus Michael Manske – ihn zum „Freund“ zu haben, darüber freut sich Yvonne Bettkober, Head of Organisation Development and Group Transformation bei VW, wie sie in ihrem Kommentar schreibt.

Mit einem Like auf Manskes Post reagierten unter anderem Gunnar Kilian, Vorstand Personal und Truck & Bus der Volkswagen AG, sowie Paul Ronzheimer, stellvertretender „Bild“-Chefredakteur.

Wohin es Manske ziehen wird nach einer ausgiebigen Sommerauszeit mit Frau und Kind, das bleibt einstweilen noch offen.

Hingegen darf schon jetzt als gesichert gelten, dass er das Mandat als Aufsichtsrat bei den Wintersportlern von Grizzlys Wolfsburg im Zuge seines Abschieds von VW niederlegen wird. Die „Graubär“-Profis spielen oben mit in der Deutschen Eishockey Liga, gewissermaßen erstklassig.

Einen Abstieg in die zweite Liga der Unternehmenskommunikation muss Michael Manske nicht fürchten. Wie beschreibt ihn der Auto-Analyst Matthias Schmidt noch gleich in seinem Kommentar zur Trennung von VW? Manske sei doch jener „Typ, der VW teilweise vor einer Nahtod-Katastrophe gerettet hat“. Natürlich beileibe nicht allein, das Aufräumen nach „Dieselgate“ war, ist und bleibt eine Teamleistung herkulischen Ausmaßes.