Neues Feature "Reels": Instagrams Antwort auf TikTok
Auf Instagram können Nutzer neuerdings auch Kurzvideos hochladen und bearbeiten. Das Feature scheint Facebook von Konkurrent TikTok geklaut zu haben.
Die Zukunft von TikTok ist zumindest in den USA ungewiss. Präsident Donald Trump will das soziale Netzwerk in seinem Land verbieten. Es sei denn der chinesische Betreiber ByteDance trennt sich von seinem US-Geschäft. Doch nicht nur von der Politik, auch von der Konkurrenz in der Wirtschaft wird TikTok attackiert. Bei dem Angreifer handelt es sich um das zum Facebook-Konzern gehörende soziale Netzwerk Instagram. Die Waffe ist ein neues Produkt des Anbieters, das allerdings auffällig an ein Feature der chinesischen Plattform erinnert.
Auf TikTok können Nutzer kurze Videos hochladen und bearbeiten. Das Geschäftsmodell kommt vor allem bei jungen Menschen gut an. Die Folge: Das 2016 ins Leben gerufene soziale Netzwerk gehört heute mit mehr als 800 Millionen (Stand: April 2020) aktiven Nutzern im Monat zu den erfolgreichsten auf dem Markt. Tendenz steigend. Allein im ersten Quartal dieses Jahres wurde die Anwendung rund 315 Millionen Mal auf den App-Stores von Apple und Google heruntergeladen. Mittlerweile soll sie auf mehr als zwei Milliarden iOS- und Android-Geräten installiert sein.
Alles nur geklaut?
Kein Wunder also, dass Facebook offenbar nach dem Erfolgsmodell von TikTok geschielt hat. Deutlich wird das nun an dem neuen Instagram-Angebot "Reels", das an das Kurzvideo-Feature des Konkurrenten erinnert. Denn auch hier können Nutzer nun kurze Videos – bis zu 15 Sekunden lang – aufnehmen und hochladen, diese mit Musik unterlegen und mit diversen Mitteln manipulieren. Wem das alles vertraut vorkommt, wird vom Betreiber des Originals bestätigt. "Gut … sieht irgendwie bekannt aus", schreibt TikTok augenzwinkernd zu einem vor zwei Tagen veröffentlichten Post auf Twitter, in dem Instagram das neue Feature vorstellt.
Hellooooo, Reels 🙌
Introducing a new way to create and discover short, entertaining videos on Instagram.
Reels is rolling out today to more than 50 countries around the world.
🤳🤩🎥✨😂👀💯https://t.co/RfXDhYawSF pic.twitter.com/FjSGSpSGpn— Instagram (@instagram) August 5, 2020
Den Plagiatsvorwurf weist der Onlinedienst zurück. In einem Interview mit dem Tech-Magazin The Verge betont der Produktchef von Instagram, Robby Stein, dass es sich um zwei unterschiedliche Produkte handle. "Ich denke, TikTok verdient eine Menge Anerkennung für die Verbreitung dieses Formats", sagt er. "Aber am Ende des Tages sind keine zwei Produkte genau gleich und das sind auch unsere nicht."
Tatsächlich gibt es auch Unterschiede zwischen den beiden Funktionen. Während bei TikTok zum Beispiel der Algorithmus Clips auf Grundlage der Vorlieben des jeweiligen Nutzers vorschlägt, bekommen Instagram-User nur Videos von jenen Personen und Seiten angezeigt, denen sie folgen. Auch ist Stein überzeugt: Instagram habe die Sache besser gemacht als der Konkurrent. Er verweist auf die technische Umsetzung, die es jedem Nutzer erlaube, das Feature zu verstehen und anzuwenden.
Snapchat und die Story-Funktion
Es ist nicht das erste Mal, dass Facebook die Funktion eines Konkurrenten nachmacht. Als Instagram im August 2016 das Story-Feature einführte, waren sich viele Kritiker sicher. Die Idee, dass Bilder und Videos nach 24 Stunden automatisch gelöscht werden, stammt von Snapchat. Was die Geschichte umso bemerkenswerter macht: Ein Jahr zuvor wollte Facebook den Konkurrenten für eine Milliarden-Summe aufkaufen, die Snapchat-Gründer lehnten eine Übernahme jedoch ab.
Instagram testet die Reels-Funktion seit 2019 in Brasilien. Seit Ende Juni ist sie in Deutschland und Frankreich erhältlich. Am 5. August kamen 50 weitere Länder hinzu, wie der Betreiber in dem besagten Twitter-Post bekanntgab. Dass das neue Produkt von den Nutzern angenommen wird, dürfte sicher sein. Das zeigt auch die Erfahrung mit dem Story-Feature. Größere Sorgen muss sich TikTok-Eigentümer ByteDance allerdings wegen eines anderen Problems machen.
Denn das Videoportal ist längst zu einem Politikum geworden. ByteDance steht im Verdacht, die Daten auch der internationalen TikTok-Nutzer zu sammeln und an die chinesische Regierung weiterzuleiten. US-Präsident Donald Trump sieht deswegen die Sicherheit seines Landes bedroht. Er will, dass der chinesische Konzern sein US-Geschäft an ein amerikanisches Unternehmen verkauft. Mit dem am gestrigen 06. August unterzeichneten Dekret will er diesen Schritt offenbar erzwingen. Die in 45 Tagen greifende Verfügung verbietet US-Bürgern, "Geschäfte" mit dem Unternehmen zu machen.
Video: Trumps Feldzug gegen TikTok und WeChat