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Pharmakonzern Zambon übernimmt Biotechfirma Breath Therapeutics

Der Verkauf könnte zur bisher drittgrößten Übernahme im deutschen Biotechsektor werden. Für das Familienunternehmen Zambon ist es der größte Zukauf in der Firmengeschichte.

Der Verkauf von Breath an Zambon könnte zur bislang drittgrößten Übernahme im deutschen Biotechsektor werden. Foto: dpa
Der Verkauf von Breath an Zambon könnte zur bislang drittgrößten Übernahme im deutschen Biotechsektor werden. Foto: dpa

Die Münchner Biotechfirma Breath Therapeutics wird italienisch: Nur zwei Jahre nachdem die Münchner aus dem Medtech-Unternehmen Pari ausgegründet wurden, gehen sie an die italienische Zambon-Gruppe verkauft – für bis zu 500 Millionen Euro. Breath arbeitet an einem neuen Medikament gegen Abstoßungsreaktionen nach Lungentransplantationen, eine häufige und äußerst gefährliche Komplikation bei Organverpflanzungen.

Bei dem Medikamenten-Kandidaten Liposomal-Cyclosporin-A, den Breath entwickelt, handelt es sich um eine inhalierbare Version des etablierten Mittels Cyclosporin. Das Münchner Unternehmen testet das Produkt inzwischen in zwei zulassungsrelevanten klinischen Studien.

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Deren Ergebnisse dürften zwar erst 2021 vorliegen, die Erfolgsaussichten werden jedoch so hoch eingeschätzt, dass die italienische Pharmafirma Zambon nun direkt 140 Millionen Euro auf den Tisch legt, um Breath von den bisherigen Eignern Gimv, Sofinnova und Gilde Health zu übernehmen. Einschließlich weiterer, von bestimmten klinischen Erfolgen und Zulassungen abhängigen Zahlungen, kann der Kaufpreis nach Angaben aus Unternehmenskreisen sogar bis zu 500 Millionen Euro erreichen.

Gemessen an diesem potenziellen Gesamtvolumen könnte die Transaktion damit auf die bisher drittgrößte Übernahme im deutschen Biotechsektor hinauslaufen. Die größten Deals dieser Art sind bisher der rund 1,3 Milliarden Euro teure Kauf der Mainzer Firma Ganymed durch Astellas im Jahr 2016 und die gut 900 Millionen Euro teure Übernahme von Micromet durch den US-Konzern Amgen im Jahr 2012.

Zambon macht mehr als 700 Millionen Euro Umsatz. Bisher ist das mittelständische Familienunternehmen im Bereich Atemwegserkrankungen mit einigen Standard-Medikamenten vertreten. Die Firma hat sich aber zum strategischen Ziel gesetzt, das Geschäft stärker in Richtung innovative Spezialprodukte zu verlagern und arbeitet bereits an anderen Wirkstoffen gegen seltene Lungenerkrankungen.

Anfang des Jahres signalisierte Firmenchef Roberto Tascione die Bereitschaft zu Übernahmen in dreistelliger Millionenhöhe. Die Akquisition von Breath ist für die Italiener nun der größte Zukauf in der Firmengeschichte.

„Der Deal ist für alle Beteiligten eine Win-Win-Situation“

Für die deutsche Biotechbranche bedeutet der Deal, dass nach Firmen wie Micromet, U3 und Rigontec ein weiterer Vertreter der Münchner Biotechszene in ausländische Hände gerät. Der Verkauf des Unternehmens lässt sich zugleich aber auch als weiterer Beleg für das Potenzial und die Chancen interpretieren, die in der deutschen Biotech-Szene und -Forschung schlummern.

Breath Therapeutics wurde 2016 als Tochterunternehmen der Münchner Pari-Gruppe, eines auf Inhalationsgeräte spezialisierten Medtech-Unternehmens, gegründet und 2017 als eigenständige Firma ausgegliedert. Firmenchef Jens Stegemann, ein promovierter Biologe, leitete zuvor die Geschäftsentwicklung und Strategie bei der Pari Medical Holding.

Finanziert wird Breath bisher vor allem vom der börsennotierte belgischen Investmentfirma Gimv und der französischen Sofinnova, die 2016 bei der Ausgliederung eine Finanzierungsrunde über 43,5 Millionen Euro anführten. Auch engagiert waren die niederländische Investmentfirma Gilde Healthcare und Pari selbst. Mit dem Exit nach nur zwei Jahren erzielen sie eine ansehnliche Rendite auf ihren Kapitaleinsatz, selbst wenn es nur bei der Abschlagszahlung von Zambon bleiben sollte.

Der Return on Investment liege über dem erklärten langfristigen Ziel von 15 Prozent, heißt es dazu bei Gimv. Der schnelle Verkauf macht im Falle Breath Therapeutics aus Sicht von Unternehmen und Investoren aber auch strategisch sehr viel Sinn, weil die Entwicklungsarbeiten am Hauptprodukt der Münchner bereits relativ weit vorangeschritten sind. Die beiden zulassungsrelevanten Phase-III-Studie mit dem von Breath entwickelten inhalierbaren Cyclosporin sind im ersten Quartal angelaufen.


Breath-Chef Stegemann begrüßt den neuen Eigner

„Je näher man an eine mögliche Zulassung kommt, desto wichtiger ist es, jemand mit Expertise in Sachen Vermarktung und dem Aufbau von Produktionskapazitäten mit einzubeziehen“, sagt Karl Nägler, der als Partner bei Gimv die Healthcare-Investments in Deutschland verantwortet.

„Der Deal ist insofern für alle Beteiligten eine Win-Win-Situation, und letztlich auch ein gutes Beispiel dafür, wie man mit Hilfe von Finanzinvestoren den Wert von Projekten realisieren kann, die ein mittelständisches Unternehmen ansonsten vor große Herausforderungen stellen würden.“ Breath-Chef Stegemann begrüßt den neuen Eigner unterdessen als Partner mit hohen ethischen Standards, „der die eigene Vision teilt und einen klaren Fokus auf das Patientenwohl legt.“

Dank Zambons Infrastruktur, Expertise und Fokus auf Forschung und Entwicklung könne man die eigenen Entwicklungsprozesse noch weiter beschleunigen „und das Behandlungsverfahren schnellstmöglich für so viele Menschen wie möglich verfügbar machen.“

Etwa 31.000 Patienten leben mit Spenderlunge

Die Innovation der Münchner besteht dabei nicht im Wirkstoff selbst. Cyclosporin A ist eine altbekannte, bereits patentfreie Substanz, die ursprünglich vom Schweizer Pharmakonzern Novartis entwickelt wurde und heute noch unter dem Markennamen Sandimmun vertrieben wird.

In der Transplantationsmedizin kommt sie auf breiter Front zum Einsatz, um Abstoßungsreaktionen gegen implantierte Organe zu vermeiden. Das Molekül hemmt die Aktivierung und Vermehrung von Lymphozyten, insbesondere T-Zellen und bremst damit die Abwehrreaktionen des Immunsystems gegen fremde Organe.

Das Problem: Bei vielen Patienten mit einer Spenderlunge ist die nötige Dosierung von Cyclosporin so hoch, dass gravierende Nierenschäden die Folge wären. Das Immunsystem kann daher nicht genügend stark gebremst werden. Das wiederum führt dazu, dass sich bei fast 40 Prozent der Patienten innerhalb von fünf Jahren ein so genanntes Bronchiolitis-obliterans-Syndrom (BOS) entwickelt, eine chronische, und meist tödliche Organabstoßung.

BOS ist gekennzeichnet durch Entzündungsreaktionen in den Bronchiolen, den feinsten Verästelungen der Bronchien, ausgelöst durch überaktive T-Zellen. Betroffenen Patienten will Breath Therapeutics eine neue Option bieten in Gestalt eines inhalierbaren Cyclosporins. Der Wirkstoff wird dazu mit einer speziellen, von Breath entwickelten Technik in Lipide (Fettmoleküle) verpackt und mit Hilfe eines Inhalators verabreicht.

Der entscheidende Vorteil: Das Immunsystem kann auf diese Weise mit deutlich niedrigeren Dosierungen gebremst werden. Denn anstatt den gesamten Körper der Patienten mit Cyclosporin zu fluten, wird der Wirkstoff auf das entscheidende Organ, die Lunge, konzentriert.

Breathe schätzt, dass weltweit etwa 31.000 Patienten mit einer Spenderlunge leben. Weitere 5000 Transplantationen kommen etwa jährlich hinzu. Fast die Hälfte der Patienten entwickeln früher oder später eine Bronchiolitis Obliterans. Ein zusätzliches Potenzial für die Neuentwicklung könnte sich bei Patienten ergeben, die sich einer Stammzelltransplantation zur Behandlung von Leukämien unterzogen haben. Auch bei diesen Patienten bilden ungewollte Immunreaktionen gegen die Lunge eines der größten Risiken.