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Was Norwegian für Lufthansa als Übernahmekandidaten interessant macht

Es war keine besinnliche Weihnacht für Bjørn Kjos, Chef der norwegischen Billig-Airline Norwegian. Einmal mehr mussten er und sein Team an Heiligabend Spekulationen entgegentreten, die Airline stehe vor wachsenden finanziellen Schwierigkeiten.

Grund war ein Analystenbericht der „Danske Bank“, wonach die Fluggesellschaft Kreditvorgaben der Hausbanken verletzten könnte. „Wir verfügen über hinreichend liquide Mittel“, konterte das Unternehmen umgehend.

Doch die Sorgen um die Airline, die mit ihrem Geschäftsmodell von Billig-Langstreckenflügen die Branche revolutionieren will, bleiben. Wohl auch, weil Norwegian immer mehr Tafelsilber verkaufen muss.

So kündigte das Unternehmen gleichzeitig mit dem Dementi finanzieller Schwierigkeiten den Verkauf eines Teils der Flotte an, „um unsere finanzielle Lage weiter zu verbessern“. Fünf Airbus A320 sollen verkauft und zudem Optionen für weitere bestellte 60 Airbus A320neo ausgelotet werden. Auch soll die Flotte in ein Gemeinschaftsunternehmen mit einem finanziellen Investor eingebracht werden.

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Maßnahmen, die nicht gerade das Vertrauen in die Zukunft von Norwegian fördern. Zwar legte der Aktienkurs am Donnerstag nach den Feiertagen wieder um gut vier Prozent zu. Aber mit weniger als 19 Euro ist das Papier nur wenig vom 12-Monats-Tief (17,20 Euro) entfernt. Mit einer Marktkapitalisierung von gerade noch knapp 840 Millionen Euro ist die Airline gerade günstig zu haben.

Das gibt den Spekulationen um eine Übernahme neuen Auftrieb. Vor allem die britisch-spanische Airline-Holding IAG mit Marken wie British Airways, Iberia, Vueling und Aer Lingus gilt als potenzieller Käufer. Kjos hat bereits zwei Offerten von IAG-Chef Willie Walsh zurückgewiesen. Aber auch Lufthansa wird immer wieder als Interessent genannt.

Lufthansa-Chef Carsten Spohr hatte im vergangenen Juni in einem Interview Gespräche mit Norwegian erwähnt. Allerdings hat es bis heute wohl keine ernsthaften Verhandlungen zwischen Norwegian und der „Hansa“ gegeben. Das wird im Umfeld der Lufthansa bestätigt. Die Aussage sei damals auch deshalb getätigt worden, um Walsh das Feld bei Norwegian nicht alleine zu überlassen, berichten Führungskräfte.

Lufthansa setzt auf Konsolidierung in der Branche

Aber Spohr hat ein Ziel: „Unsere Aufgabe bei Lufthansa ist es, sicherzustellen, dass das Unternehmen fit genug ist, um in dieser Liga der globalen Champions-League-Spieler unserer Branche zu spielen“, sagte er Ende November auf der Branchenkonferenz „CAPA World Aviation Outlook Summit“ in Berlin.

Dazu ist die weitere Konsolidierung laut Spohr unerlässlich. Der Lufthansa-Chef nannte in dem Zusammenhang auch gleich potenzielle Kandidaten – unter anderem Norwegian. Auch dem nach der Euphorie um die Übernahme von Teilen Air Berlins wieder deutlich gefallenen Aktienkurs der „Hansa“ würde ein neuer Konsolidierungsschritt guttun.

Tatsächlich gibt es in Europa aber nicht viele Kandidaten, die die Größe besitzen, um Lufthansa für die Champions-League der globalen Luftfahrt zu ertüchtigen. Zwar gingen in den vergangenen Monaten viele Airlines in Europa pleite, sie waren aber zu klein, um Lufthansa strategisch vorzubringen.

Nachdem der italienische Staat für die seit über einem Jahr insolvente Alitalia eigene Pläne hat, bleiben im Grunde genommen nur die ungarische Wizz Air und Norwegian. Die britische Easyjet, ebenfalls eine attraktive Ergänzung für Lufthansa, steht finanziell recht gut da und nicht zum Verkauf.

Spohr – das wird in Unternehmenskreisen berichtet – hat großen Gefallen an Wizz Air. Die Airline wächst stark – nutzt dabei selbst die Konsolidierung. So übernahm Wizz Slots (Start- und Landerechte) der in die Insolvenz gegangenen britischen Monarch und startete einen eigenen Flugbetrieb im britischen Luton. Auch in Wien expandiert die Airline stark, sie wird sogar als ein potenzieller Investor für Alitalia gehandelt.

Norwegian könnte einen Engpass bei Lufthansa kompensieren

Attraktiv ist allerdings auch Norwegian. Die Lufthansa-Gruppe und hier vor allem der Billigableger Eurowings setzen wie Norwegian auf der Kurz- und Mittelstrecke stark auf die A320neo-Familie. Wegen der Probleme der Motorenlieferanten hat die „Hansa“ hier einen Engpass, die freiwerdenden Jets von Norwegian würden also gut passen. Auch die Boeing-Langstreckenjets vom 787 (Dreamliner) könnten mittlerweile für den Konzern aus Frankfurt interessant sein. Norwegian hat aktuell 21 davon im Einsatz, weitere 21 werden noch von Boeing geliefert.

Lufthansa nutzt das Modell zwar in der gesamten Gruppe nicht, was bisher eher gegen eine Übernahme von Norwegian sprach. Aber seit wenigen Wochen ist klar, dass Lufthansa parallel zu einer möglichen Aufstockung der bisher 25 bestellten A350 auch den Dreamliner in Erwägung zieht.

„Das schauen wir uns gerade sehr genau an“, erklärte Spohr dem Luftfahrtportal Aero Ende November. Die 787 könnte Lufthansa auf jenen Strecken einsetzen, auf denen es eine nicht ganz so starke Nachfrage gibt, denn der Jet ist je nach Ausführung etwas kleiner als die A350.

Eine Hürde für eine Übernahme sind dagegen die hohen Schulden von Norwegian. Addiert man die kurzfristigen und langfristigen Finanzschulden und zieht die verfügbaren Barmittel ab, ergab sich im Jahr 2017 eine Nettofinanzverschuldung in Höhe von rund 22 Milliarden norwegischen Kronen. Das sind rund 2,3 Milliarden Euro und fünfeinhalbmal so viel, wie Norwegian als Eigenkapital ausweist.

Seitdem hat sich die Situation eher noch verschlechtert. Zwar konnte die Airline in den ersten neun Monaten 2018 überraschend einen Vorsteuergewinn von umgerechnet gut 145 Millionen Euro ausweisen, nach einem Verlust von knapp 134 Millionen Euro im vergleichbaren Vorjahreszeitraum. Doch gleichzeitig stieg die Nettofinanzverschuldung noch einmal – auf umgerechnet gut drei Milliarden Euro.

Allerdings steht hinter der Airline Norwegian eine Gruppe, zu der nicht zuletzt die Beteiligung an der Norwegian Finans Holding gehört, eine börsennotierte Bank für Kredite und Kreditkarten. Sie verwaltet unter anderem das Vielfliegerprogramm der Airline. Norwegian hat zwar bereits Anteile an der Bank verkauft, um Geld hereinzubekommen. Doch letzten Angaben zur Folge hält Norwegian noch 16,4 Prozent an der Bank – ein echter Vermögenswert.

Eine enorme Integrationsaufgabe

Bleibt das letzte Argument, das bislang gerne gegen eine Übernahme von Norwegian durch Lufthansa angeführt wird: die enorme Integrationsaufgabe, nachdem schon Air Berlin ein Mammut-Projekt für den Billigableger Eurowings war. Tatsächlich hat sich Eurowings für 2019 eine Art Verschnaufpause verordnet, auch um einen nachhaltig stabilen Flugbetrieb zu sichern.

Das spricht gegen ein Engagement bei Norwegian. Doch die Airline müsste nicht zwangsläufig in Eurowings aufgehen. Mehrfach hat Lufthansa-Chef Spohr zuletzt betont, dass übernommene Fluggesellschaften auch eigenständig weitergeführt werden können – wie schon bei der Swiss seit Jahren realisiert.

Hinzu kommt: Mit der Ausrichtung auf die Langstrecke wäre Norwegian viel eher eine Ergänzung zu Brussels Airlines. Die Tochtergesellschaft gehört organisatorisch zu Eurowings und steuert mittlerweile deren Langstreckenverkehr. Die notwendige Integration einer Norwegian etwa aufseiten des Flugplans und Vertriebs könnte also Brussels übernehmen.