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Neuer Vorstoß: Scholz bessert Pläne für Finanztransaktionssteuer nach

Nach Kritik ändert Bundesfinanzminister Scholz seinen Vorschlag für eine Finanztransaktionssteuer. Für die Union wird sein Plan dadurch noch schlechter.

Olaf Scholz (SPD) hat bei seinem Amtsantritt als Bundesfinanzminister eine mutige Ansage gemacht. Die seit Jahren umstrittene EU-Finanztransaktionssteuer werde nun kommen. Schließlich sei er ja jetzt Bundesfinanzminister. Doch auch Scholz musste schnell feststellen, wie schwierig das Unterfangen ist. Sein neuer Vorschlag zu Beginn des Jahres stieß in einigen EU-Staaten – insbesondere in Österreich – auf heftige Ablehnung.

Scholz (SPD) hat seinen Vorschlag deshalb noch einmal überarbeitet. Der SPD-Politiker will nun anderen Regierungen ermöglichen, ihre bereits eingeführten nationalen Steuern beizubehalten. Das geht aus einem überarbeiteten Gesetzentwurf hervor, den Scholz an Kollegen aus anderen EU-Mitgliedsstaaten verschickte und der dem Handelsblatt vorliegt. Das Bundesfinanzministerium teilte mit, die Gespräche über die Steuer liefen, Ziel sei eine schnelle Einigung.

Eine Gruppe von zehn EU-Staaten verhandelt seit Jahren über die Einführung einer solchen Steuer, bislang ohne Ergebnis. Im Einvernehmen mit Frankreich hatte Scholz im Dezember vorgeschlagen, die Abgabe auf Umsätze mit im Inland ausgegebenen Aktien zu beschränken. Nach seinem Konzept soll eine Steuer von 0,2 Prozent anfallen, wenn Anleger Papiere großer Unternehmen kaufen.

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Dagegen protestierte aber Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz. Er sei dagegen, hochspekulative Geschäfte und Derivate von einer Finanztransaktionssteuer auszunehmen, sagte der Christdemokrat: „Wir wollen die Spekulanten besteuern, nicht die Sparer, die in Zeiten einer Niedrigzinspolitik zur Altersvorsorge in Aktien investieren.“

Mit den Änderungen in seinem Gesetzentwurf will Scholz nun auf diese Kritik eingehen. Demnach soll die europäische Finanztransaktionssteuer nun nicht mehr zwingend die nationalen Abgaben ersetzen. Vielmehr stehe es den teilnehmenden Mitgliedstaaten frei, ihre nationalen Steuern weiter zu erheben, wenn diese in ihrem Geltungsbereich nicht identisch mit der europäischen Steuer seien, heißt es in dem Entwurf.

Österreich könnte demnach sein eigenes Konzept beibehalten, und dennoch Teil der Koalition der Willigen auf EU-Ebene sein. In einem Schreiben an EU-Währungskommissar Paolo Gentiloni gibt sich Scholz zuversichtlich. Die Verhandlungen machten Fortschritte, schreibt er: „Ich hoffe, dass wir in naher Zukunft ein Abkommen abschließen können.“

Der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber kritisierte jedoch, die Pläne des SPD-Ministers würden „mit jeder neuen Version schlechter“. Statt einer einheitlichen europäischen Lösung wolle der Bundesfinanzminister nun ein Nebeneinander unterschiedlicher nationaler Lösungen ermöglichen. „Das Ergebnis wäre ein europäischer Flickenteppich an Regelungen, der der Idee integrierter europäischer Kapitalmärkte fundamental entgegensteht“, sagt der wirtschaftspolitische Sprecher der christdemokratischen EVP-Fraktion.

Auch in der Unionsfraktion im Bundestag ist man skeptisch. Der neue Vorstoß führe zu ungleichen Wettbewerbsbedingungen in Europa. Das könne man nicht akzeptieren, heißt es aus der Fraktion. Offenbar treibe Scholz die Panik um, sagt ein Abgeordneter. Denn mit den Einnahmen aus der Finanztransaktionssteuer will Scholz die Grundrente mitfinanzieren. Die SPD drängt darauf, dass die Mindestrente für Einkommensschwächere trotz der Coronakrise wie geplant zum 1. Januar 2021 kommt.

Weil Scholz dafür die Einnahmen aus der Finanztransaktionssteuer braucht, hatte er zuletzt auch einen nationalen Alleingang ins Spiel gebracht, sollte auf europäischer Ebene keine Einigung möglich sein. Scholz will die Steuer dann rein national einführen - wogegen sich die Union jedoch bislang sträubt.

Scholz will Paket mit anderen Steueränderungen

Ärger bahnt sich zudem um Formalitäten an. So gibt es nach Handelsblatt-Informationen im Bundesfinanzministerium Überlegungen, die Finanztransaktionssteuer in einem Paket mit anderen Steueränderungen vom Bundestag beschließen zu lassen. So hatten Union und SPD im vorletzten Koalitionsausschuss Steuererleichterungen für Unternehmen bei der Gewerbesteuer sowie ein neues Wahlrecht für Unternehmer beschlossen.

Personengesellschaften, die bislang der Einkommensteuer unterliegen, sollen künftig wählen können, ob sie wie eine Kapitalgesellschaft besteuert und Körperschaftsteuer zahlen wollen. Hintergrund: Das Steuerrecht benachteiligt oftmals aufgrund komplexer Vorschriften Personengesellschaften.

Die Union schießt schon gegen Scholz' geplante Paket-Lösung, bevor dies beschlossene Sache ist. Scholz könne nicht von der Union verlangen, für längst gemeinsam gefasste Beschlüsse sich hinterher „noch dreimal etwas abkaufen zu lassen“, zürnt ein Abgeordneter. Da mache man nicht mit.

Wenn Scholz dies tatsächlich erwäge, werde keine der Reformen umgesetzt. „Dann muss aber auch Scholz der Wirtschaft erklären, dass wegen seines Alleingangs bei der Finanztransaktionsteuer beschlossene Steuererleichterungen leider nicht kommen.“ Es scheint, als liege auf der Finanztransaktionssteuer einfach kein Segen.