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Was hinter der Mossack-Fonseca-Festnahme steckt

Jürgen Mossack und Ramón Fonseca Mora stehen im Mittelpunkt des derzeit größten Korruptionsskandals Lateinamerikas. Nun sitzen die Eigentümer der Offshore-Kanzlei Mossack Fonseca offenbar im Gefängnis. Der Deutsche Mossack und sein panamaischer Kompagnon wurden nach übereinstimmenden Medienberichten verhaftet. Zugleich fanden Razzien statt, die Büros der Firma wurden durchsucht. Mossack Fonseca sei eine „kriminelle Organisation“, erklärte die zuständige Generalstaatsanwältin Kenia Porcell in Panama-City.

Fonseca, ein ehemaliger Berater des panamaischen Präsidenten Juan Carlos Varela, und Mossack wurden zunächst im Hauptsitz der Staatsanwaltschaft vernommen und danach in Polizeigewahrsam überstellt, wie Verteidiger Eliás Solano erklärte. Die Festnahme sei am Donnerstag (Ortszeit) erfolgt – aber nicht wegen der Gründung Zehntausender Briefkastenfirmen, um Steuerschlupflöcher auszunutzen.

Im Zuge des sogenannten Panama-Papers-Skandals vor gut einem Jahr war die Kanzlei weltweit bekannt geworden. Mossack Fonseca soll Tausende Briefkastenfirmen gegründet haben, um Politikern, Prominenten und Diktatoren dabei zu helfen, Geld zu verstecken. Auch internationale Mafia-Organisationen, Drogenkartelle und Waffenhändler soll die Kanzlei zu ihren Kunden zählen.

Auslöser für die aktuellen Festnahmen sind allerdings andere: So wird der Firma vorgeworfen, an einem brasilianischen Korruptionsnetzwerk mitgewirkt zu haben. Die Kanzlei soll Teil des „Lava-Jato“-Skandals um den brasilianischen Baukonzern Odebrecht sein, der Lateinamerikas Politikerkaste erzittern lässt. Gleich mehrere inhaftierte Odebrecht-Manager hatten im Zuge der Kronzeugenregelung gegenüber der Justiz umfangreich ausgepackt.

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Anwalt Fonseca sieht sich zu Unrecht beschuldigt: „Ich bin der gekauften Justiz überdrüssig“, sagte Fonseca. In Panama steuere die Regierung die Justiz. Dass die Büros von Odebrecht nicht durchsucht wurden, offenbare den selektiven Charakter des Justizwesens.


„Alarmstufe Rot“

Der Odebrecht-Konzern soll jahrelang Politiker und Funktionäre geschmiert haben, um an Aufträge für U-Bahnlinien, Kraftwerke, Autobahnen und Brücken zu kommen. Mehrere ehemalige und aktive Staatschefs in Südamerika stehen deshalb im Fadenkreuz der Ermittler.

Wegen Korruptionsverdachts wurde internationaler Haftbefehl gegen den früheren peruanischen Staatschef Alejandro Toledo erlassen. Der Richter erklärte, an die internationale Polizeibehörde Interpol sei „Alarmstufe Rot“ weitergegeben worden. Sie solle ihn festnehmen, „wo auch immer er ist“.

Der 70-Jährige lebt in den USA und hält sich derzeit in Frankreich auf. Toledo soll bis zu 20 Millionen US-Dollar (18,5 Millionen Euro) Bestechungsgeld angenommen haben.

Dem ehemaligen Staatschef drohen bis zu 28 Jahre Haft. Konkret geht es um den Bau der Fernstraße Interoceánica zwischen Rio de Janeiro und Lima durch den Odebrecht-Konzern. Toledo soll in seiner Amtszeit von 2001 bis 2006 entscheidend bei der Auftragsvergabe geholfen haben. Der Streckenabschnitt in Peru kostete am Ende 2,1 Milliarden US-Dollar statt wie zunächst geplant 850 Millionen.

Auch Panamas Präsident Juan Carlos Varela wird schwer belastet. Rechtsanwalt Fonseca behauptet, Varela persönlich habe ihm gesagt, Spenden von Odebrecht angenommen zu haben. Auch Kolumbiens Präsident und Friedensnobelpreisträger Juan Manuel Santos soll von Odebrecht Geld für seinen Wahlkampf kassiert haben. Beide Staatschefs weisen die Vorwürfe zurück. Auch in Venezuela, Mexiko und Argentinien soll Schmiergeld geflossen sein.

Insgesamt geht es um Zahlungen von bis zu 785 Millionen US-Dollar in 12 Ländern. In den Unternehmen habe es eine regelrechte „Bestechungsabteilung“ gegeben, die sich um die Schmiergeldzahlungen gekümmert habe, sagen die Ermittler. Odebrecht hat rund 128.000 Mitarbeiter und ist in 26 Ländern aktiv.

Ende des vergangenen Jahres hatte Odebrecht eine Strafe von mindestens 3,5 Milliarden US-Dollar (3,3 Milliarden Euro) akzeptiert. Es sei die größte Strafsumme, auf die sich die Prozessbeteiligten jemals in einem internationalen Korruptionsfall geeinigt hätten, teilte das US-Justizministerium damals mit.

KONTEXT

Fragen und Antworten zu den Panama Papers

Welchen Umfang hat das Datenleck?

214.488 Offshore-Firmen, 11,5 Millionen Akten und Daten mit einer Masse von 2,6 Terabyte: Die sogenannten Panama Papers haben dubiose Finanzgeschäfte unfassbaren Ausmaßes offengelegt. Aktive und frühere Staatschefs, Prominente, Spitzensportler und Kriminelle sollen Banken, Anwaltskanzleien und Briefkastenfirmen genutzt haben, um ihr Vermögen in der Ferne zu verstecken.

Was sind Offshore-Konten?

Offshore-Bankkonten und Finanzgeschäfte in anderen Ländern können dazu genutzt werden, Regulierungsaufsichten und Steuerverpflichtungen zu umgehen. Unternehmen und Privatpersonen gebrauchen Strohfirmen, die zunächst mit keinen bedeutenden Vermögenswerten oder Tätigkeiten verbunden sind, häufig zum Verschleiern des Besitzes der beteiligten Mittel.

Wo befinden sich die meisten Offshore-Konten?

Panama, die karibischen Kaimaninseln und die Bermudas zählen zu mehr als einem Dutzend kleinen Steueroasen, die darauf spezialisiert sind, die Geschäfte und Investitionen von nicht ansässigen Unternehmen zu regeln.

Wie sieht die Rechtslage aus?

Firmen oder Konzerne können sich nach Angaben der Arbeitsgruppe für finanzielle Maßnahmen gegen Geldwäsche (FATF) in Offshore-Standorten niederlassen, um dort ganz legitim Geschäftsfinanzen sowie Fusionen und Übernahmen abzuwickeln oder Steuerplanungen vorzunehmen.

Wozu dürfen Offshore-Konten nicht verwendet werden?

Strohfirmen und vergleichbare Körperschaften können von Terroristen und anderen Kriminellen missbraucht werden, um die Herkunft von Geld und Besitz zu verschleiern. Nach Angaben des ICIJ enthalten die Akten von Mossack Fonseca Informationen von 214.488 Offshore-Einheiten, die in Verbindung mit 14.153 Kunden in 200 Ländern und Regionen stehen.

Was wird gegen Steueroasen unternommen?

Die Arbeitsgruppe für finanzielle Maßnahmen gegen Geldwäsche und andere Regulierungsbehörden veröffentlichen Gutachten, in denen sie Schwachstellen des Kampfes gegen Geldwäsche und Terrorfinanzierung durch bestimmte Länder und Regionen aufdecken. Weil Anwälten und Bankern in manchen Fällen nicht bewusst ist, dass sie es mit verbotenen Transaktionen zu tun haben, werden Finanz- und Rechtsprofis darin geschult, mögliche Verstöße zu erkennen. Die EU hat ihre Bemühungen hochgefahren, Steuerhinterziehung von multinationalen Konzerne zu verhindern.

Wer war an früheren Offshore-Skandalen beteiligt?

Das vielerorts gesetzlich geschützte Bankgeheimnis sorgt häufig dafür, dass Offshore-Geschäfte im Unklaren bleiben. Die Enthüllung anderer durchgesickerter Dokumente durch das ICIJ und anderer Organisationen brachten Ende 2014 allerdings Steuer-Deals an die Öffentlichkeit, die Luxemburg multinationalen Unternehmen und ultrareichen Einzelpersonen angeboten hat. In den 1980er Jahren war es die von einem pakistanischen Geldgeber gegründete und international tätige Bank of Credit and Commerce International, die in weitreichende Geldwäsche und eine Reihe anderer illegaler Finanzgeschäfte verwickelt war.