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Modehändler Kik stoppt US-Start wegen Trumps Handelspolitik

Donald Trumps Handelspolitik bringt Kik zur Kehrtwende: Der Discounter lässt den US-Markt links liegen und treibt stattdessen die Expansion in Europa voran.

Der Textildiscounter Kik hat überraschend seinen geplanten Marktstart in den USA gestoppt. Grund ist die Handelspolitik von US-Präsident Donald Trump. „Wegen des aktuell schwierigen internationalen Umfelds und des drohenden Handelskrieges zwischen Amerika und China, aber auch zwischen Amerika und Europa wäre ein Start in den USA für uns derzeit mit einem zu hohen Risiko verbunden“, sagte Kik-Chef Patrick Zahn im Gespräch mit dem Handelsblatt. Geplant war ein Start mit zunächst zehn Filialen im Mittleren Westen.

Zugleich will das Unternehmen seine Kräfte auf das Wachstum in Europa konzentrieren. „Wir werden stattdessen unsere ohnehin geplante weitere Expansion in Europa noch einmal beschleunigen“, kündigte Zahn an. So will der Händler noch in diesem Jahr die ersten Geschäfte in Rumänien eröffnen. Starten will er mit etwa zehn Märkten, bis Ende dieses Jahres sollen es bereits 20 sein.

Noch bedeutender aber sind die nächsten Schritte. Voraussichtlich im kommenden Jahr, spätestens aber 2020, werden die ersten Filialen in Bulgarien und Frankreich eröffnet. Gerade der wichtige Markt Frankreich wird intern als große Herausforderung gesehen.

Auch deshalb wohl wollte Kik nicht parallel das Abenteuer USA wagen. „Der US-Markt für sich ist bereits eine große Herausforderung. Darüber waren wir uns immer im Klaren“, räumt Zahn ein. Doch unter den aktuellen Rahmenbedingungen wohl eine zu große. „Die drohenden Zölle würden uns voll treffen und unseren Vorteil im Einkauf weitgehend zunichtemachen“, erläutert der Kik-Chef.

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Noch im vergangenen Jahr hatte Zahn selbstbewusst gesagt: „Wenn man die Entscheidung davon abhängig macht, wer Präsident wird, dann war die Entscheidung falsch.“ Doch eine erneute intensive Prüfung der Pläne hat nun wohl ergeben, dass es besser ist, den Angriff in den USA zurückzustellen. Wahrscheinlich haben auch die Probleme, die Lidl dort hat, einen Einfluss auf den Sinneswandel gehabt.

Zahn sah neben den geplanten zehn Filialen große Chancen für den Discounter in Übersee und hatte das Projekt persönlich vorangetrieben. Entsprechend schmerzt ihn die Entscheidung: „Ich bedauere das vorläufige Aussetzen sehr, weil ich immer noch davon überzeugt bin, dass das Konzept von KiK perfekt in den US-Markt passen würde.“

Entgegen der rückläufigen Entwicklung in der Branche haben die Textildiscounter in den vergangenen Jahren einen beispiellosen Boom hingelegt. Das Segment, zum dem neben Anbietern wie NKD, Zeeman oder Primark auch Aldi und Lidl zählen, hat nach Berechnungen des Fachmagazins Textilwirtschaft in den vergangenen fünf Jahren seinen Umsatz um mehr als ein Fünftel gesteigert. Die Billigheimer kommen danach bereits auf einen Anteil von neun Prozent am gesamten Textileinzelhandel.

Selbst der lange Zeit angeschlagene Kik-Konkurrent Takko ist wieder auf Wachstumskurs. Der Umsatz stieg im vergangenen Jahr um 1,3 Prozent auf rund 1,1 Milliarden Euro, das operative Ergebnis (Ebitda) erhöhte sich um rund elf Prozent auf 148 Millionen Euro. In diesem Jahr will der Händler, der in Europa in 16 Ländern bereits mehr als 1800 Geschäfte betreibt, rund 100 neue Läden eröffnen.

„Ich gehe davon aus, dass der Markt für Discount-Ketten und Off-Price-Konzepte in den nächsten Jahren weiter wachsen wird“, sagt Joachim Stumpf, Geschäftsführer der BBE Handelsberatung in München. „Ein großer Teil der Mietverträge, die zurzeit in Shoppingcentern und anderen Einzelhandelsimmobilien abgeschlossen werden, entfällt auf Discount-Ketten“, weiß Stumpf.

In allen Ländern das gleiche Sortiment

Zeeman-Chef Bart Karis hat kürzlich im Handelsblatt-Gespräch angekündigt, jedes Jahr zehn bis 20 neue Läden in Deutschland zu eröffnen. Auch Primark will in den nächsten zwei Jahren neun neue Filialen eröffnen, unter anderem in Berlin, Bonn, Ingolstadt, Kiel, München und Stuttgart.

Die Kehrseite dieser Entwicklung: Der deutsche Markt ist mittlerweile so dicht besetzt, dass es immer schwieriger wird, geeignete Standorte zu finden. Rund 350 weitere Filialen aus eigener Kraft traut sich Kik zu, dazu könnten noch gezielte Übernahmen von Wettbewerbern kommen. So hat der Discounter 2017 bereits 32 Läden des insolventen Filialisten Charles Vögele übernommen. Doch da auch die Konkurrenten weitere Expansion angekündigt haben, ist jedes verfügbare Objekt hart umkämpft.

Deshalb hat Kik-Chef Zahn seit seinem Amtsantritt 2016 zugleich das Wachstum im Ausland forciert. Etwa ein Drittel des Umsatzes macht der Händler schon außerhalb Deutschlands. „Jedes Jahr ein neues Land“ ist dabei sein ehrgeiziges Credo. Das Ziel: Die Zahl der Filialen europaweit von heute 3564 auf 5000 ausbauen.

Ende vergangenen Jahres ist Kik mit zehn Filialen in Italien gestartet. 25 bis 30 weitere sollen dieses Jahr dazu kommen. „Mit der Entwicklung in Italien sind wir sehr zufrieden“, bestätigt Zahn. Der Händler hat dort sehr unterschiedliche Filialen an den verschiedensten Standorten ausprobiert, um den Markt zu testen und ein Gefühl dafür zu bekommen, was sich der italienische Kunde wünscht. Dabei hat sich gezeigt, dass Läden in Fachmarktzeilen an Ausfallstraßen besonders gut funktionieren.

Eins jedoch war bei aller Unterschiedlichkeit der europäischen Märkte bisher nicht verhandelbar: Kik bietet anders als andere Händler in allen Ländern das gleiche Sortiment an, allenfalls die Größen variieren etwas. Nur so kommt das Unternehmen auf die hohen Stückzahlen, die ihm die Vorteile im Einkauf bieten. Auch die Logistik läuft so effizienter.

Spätestens beim Start in den USA jedoch wäre diese Sortimentspolitik nicht durchzuhalten gewesen. Experten zufolge unterscheidet sich der Geschmack der US-Konsumenten deutlich von dem der Europäer. Auch das hätte das Engagement in Übersee komplizierter gemacht – und hat wohl letztlich auch zum vorläufigen Rückzug beigetragen.