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Massive Kritik an deutscher Asylbehörde

Entscheidungen über Flüchtlinge - Massive Kritik an deutscher Asylbehörde

In der Flüchtlingsdebatte tun sich neue Fronten auf. Politiker von CSU und AfD fordern ein härteres Durchgreifen bei Abschiebungen abgelehnter Asylbewerber, während die Grünen einen anderen Kurs einschlagen. Sie stoßen sich an der Entscheidungspraxis des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf).

Hintergrund ist, dass Flüchtlingen aus Eritrea offenbar zunehmend asylrechtlicher Schutz verweigert wird, obwohl dort die Menschenrechtslage nach Angaben der Vereinten Nationen nicht besser geworden ist. Das geht aus einer dem Handelsblatt vorliegenden Bamf-Statistik für die ersten acht Monate diesen Jahres hervor. Laut den Zahlen, die dem Grünen-Bundestagsabgeordnete Volker Beck vom Bundesinnenministerium zur Verfügung gestellt wurden, hat sich der Schutz eritreischer Flüchtlinge seit Anfang des Jahres deutlich von der Flüchtlingsanerkennung zum subsidiären Schutz entwickelt.

Erhielten laut der Bamf-Auswertung im August 2016 nur noch rund 66,5 Prozent aller Flüchtlinge, deren Asylantrag entschieden wurde, eine Anerkennung als Flüchtlinge nach der Genfer Flüchtlingskonvention, waren es im Januar noch 96 Prozent. Die nicht anerkannten Flüchtlinge sind zwar in der Regel nicht schutzlos gestellt: Sie erhalten überwiegend den sogenannten subsidiären Schutz. Für diesen Personenkreis ist jedoch ein Familiennachzug bis März 2018 ausgeschlossen. Zudem sieht dieser Status vor, dass die betreffende Person wieder in ihr Herkunftsland zurück muss, wenn die Situation dort das zulässt, wenn also Krieg oder Bürgerkrieg vorüber sind.

Im Monat August wurde in rund einem Viertel der eritreischen Asylanträge subsidiärer Schutz erteilt (24,7 Prozent), im Vormonat waren es 17,7 Prozent aller Flüchtlinge und im Januar nur 0,5 Prozent. Von Januar bis August wurden 13.930 Anträge eritreischer Asylbewerber entschieden. In 1.049 Fällen wurde der subsidiäre Schutz gewährt. Insgesamt 12.010 Antragsteller bekamen den umfassenderen Schutz als Flüchtling nach der Genfer Konvention.

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Beck sagte dem Handelsblatt, eritreische Flüchtlinge im wehrfähigen Alter hätten allen Anlass, Verfolgung wegen ihrer tatsächlichen oder vermeintlichen politischen Überzeugung zu befürchten. Im Bamf müsse man sich daher „gut überlegen, warum man ihnen dann noch die Anerkennung als Flüchtling versagt“. Die Behörde müsse gewährleisten, „dass Asylentscheidungen auf Grundlage des geltenden Rechts und nicht nach Lust und Laune getroffen werden“.

Die Statistik wecke jedoch „erhebliche Zweifel“, ob dies auch so gehandhabt werde. „Die Flüchtlingseigenschaft im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention setzt nicht voraus, dass jemand bereits Opfer schwerwiegender Menschenrechtsverletzungen geworden ist“, betonte Beck, „sondern er begründete Furcht vor Verfolgung hat.“ Das gelte für „wehrflüchtige“ Eritreer genauso wie für Menschen, denen aus politischen Gründen die Todesstrafe drohe. Anfang Juni hatten die Vereinten Nationen in einem Lagebericht zu Eritrea dem Staat Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorgeworfen.

Dass Bamf verteidigte seine Entscheidungspraxis. Bei eritreischen Antragstellern müsse seit Wiedereinführung der Anhörung geprüft werden, ob dem Antragsteller im Herkunftsland persönliche, also individuelle Verfolgung drohe, zum Beispiel aufgrund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe, oder das Leben des Antragstellers aufgrund der allgemeinen Lage im Herkunftsland bedroht sei. "Dies führt nach dem geltenden Recht nicht zu Asyl oder Flüchtlings- sondern zum sogenannten subsidiären Schutz."


„Recht auf Asyl wird zur Fata Morgana für Schutzsuchende“

Die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, : „Dass aus Eritrea immer noch besonders viele Menschen nach Europa kommen wollen, reflektiert die Verzweiflung vieler Bürgerinnen und Bürger des Landes.“ Wichtigste Kritikpunkte seien sowohl der unbegrenzte „Nationale Dienst“, den alle volljährigen Männer und Frauen in der Armee, im Straßenbau oder in der Landwirtschaft ableisten müssen und die Menschenrechtsverletzungen, die in diesem Rahmen stattfänden, das „völlige“ Fehlen rechtsstaatlicher Strukturen sowie die Vorwürfe von Folter und Vergewaltigung.

Wie die Grünen sieht auch die Organisation Pro Asyl die gegenwärtige Asyl-Praxis kritisch. Kanzlerin (CDU) habe zwar vor einem Jahr den Satz „Wir schaffen das“ als Maßstab politischen Handelns formuliert, sagte kürzlich Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt. Der Bereitschaft, Flüchtlinge zu schützen, sei aber ein „langanhaltender Winter der Restriktionen“ gefolgt.

Er beklagte eine „nicht enden wollende Folge von gesetzlichen Einschränkungen des Asylrechts“. Für viele Flüchtlinge sei das Asylverfahren ein langwieriger Hürdenlauf. Bei den zentralen Herkunftsländern Syrien, Afghanistan, Irak und Eritrea sei ein drastischer Rückgang der Anerkennungsquoten zu verzeichnen. Außerdem hätten viele Flüchtlinge noch immer keinen Zugang zu Integrationskursen. Die Merkel-Regierung verhindere so, „dass Flüchtlinge es schaffen“.

In Europa habe die Regierung von Merkel außerdem einen Kurswechsel vorgenommen, der öffentlich nicht eingestanden werde. „Statt Schutz der Flüchtlinge geht es heute nur noch um den Schutz vor den Flüchtlingen“, beklagte Burkhardt. Das Recht auf Asyl in Europa werde durch Grenzabschottungen zunehmend zu einer Fata Morgana für Schutzsuchende. „Es bleibt ein schönes Recht, ist aber faktisch kaum noch erreichbar.“

Politiker von CSU und AfD und die Deutsche Polizeigewerkschaft beurteilen die Lage anders, zumal sie die Auffassung vertreten, dass sich viele Flüchtlinge ungerechtfertigt in Deutschland aufhalten. Anlass für die Kritik ist ein Bericht über Hunderttausende Asylbewerber, die trotz abgelehntem Asylantrag seit Jahren in Deutschland leben.


„Es gibt eine regelrechte Abschiebeverhinderungsindustrie“

Ende Juni lebten 549.209 Menschen in Deutschland, die zum Teil schon vor vielen Jahren erfolglos einen Asylantrag stellten. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion hervor, über die als erstes die „Bild“-Zeitung berichtete. Die große Mehrheit der Menschen hat inzwischen aber eine Aufenthaltserlaubnis, hält sich hier also rechtmäßig auf. Die Kritiker sehen die Zahl dennoch als Beleg für eine zu laxe Abschiebepolitik.

Der Großteil der rund 550.000 abgelehnten Asylbewerber – 406.065 – lebt seit mehr als sechs Jahren im Land. Bei gut 165.000 fiel die negative Asyl-Entscheidung schon in den 90er Jahren. Die meisten stammen aus der Türkei, dem Kosovo und Serbien. Fast die Hälfte von ihnen (46,6 Prozent) hat inzwischen ein unbefristetes Aufenthaltsrecht. Weitere 34,8 Prozent haben eine befristete Aufenthaltserlaubnis. Diese Menschen wurden nach ihrem erfolglosen Asylantrag also aus bestimmten Gründen nicht abgeschoben, sondern erst eine Zeit lang geduldet und bekamen später ein Bleiberecht.

Nur für 18,6 Prozent gilt das nicht. Ein Teil von ihnen sind Geduldete – also Menschen, die zum Beispiel wegen einer schweren Erkrankung oder fehlender Papiere vorerst im Land bleiben dürfen, allerdings ohne festen Aufenthaltsstatus. Ein anderer Teil sind Menschen, die keinerlei Anspruch haben, sich in der Bundesrepublik aufzuhalten – das ist aber nur eine relativ kleine Gruppe.

Der Berliner AfD-Chef, Georg Pazderski, behauptete dennoch, mehr als eine halbe Million abgelehnte Asylbewerber lebten „unrechtmäßig“ in Deutschland. „Es ist skandalös und höchst alarmierend, wie sehr unser Staat versagt. Die Asylbewerber machen, was sie wollen.“

Auch der Unions-Fraktionsvize und frühere Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) beklagte in der der „Bild“-Zeitung: „Wer zulässt, dass abgelehnte Asylbewerber dem Staat derart auf der Nase herumtanzen, zerstört das Vertrauen der Bürger in die Handlungsfähigkeit des Staates.“

Der Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, sagte dem Blatt: „Es gibt eine regelrechte Abschiebeverhinderungsindustrie. Das muss ich dringend ändern.“ Er warf Anwälten und Organisationen wie Pro Asyl vor, Abschiebungen systematisch zu verhindern.

Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt wies das zurück. „Das ist üble Stimmungsmache. Hier soll ein Klima geschaffen werden, damit Menschen abgeschoben werden, die nicht abgeschoben werden dürfen.“


Bundesregierung legt sich mit Ärzteschaft an

Die Linke-Innenexpertin Ulla Jelpke, die die Anfrage an die Regierung gestellt hatte, nannte Wendts Äußerungen „widerlich“ und „inakzeptabel“. Ihre Fraktion frage seit Jahren ab, wie viele Flüchtlinge mit welchem Status im Land lebten. „Dass auch viele abgelehnte Asylsuchende gute Gründe für einen Verbleib in Deutschland haben können und später eine befristete oder unbefristete Aufenthaltserlaubnis erhalten, ist deshalb nichts Neues“, betonte sie. „Das zu skandalisieren zeigt, wie verroht und vergiftet die Asyldebatte mittlerweile geführt wird.“

Allerdings beklagt selbst die Bundesregierung eine lasche Abschiebungspraxis und macht dafür Ärzte verantwortlich, die mit zweifelhaften Attesten Abschiebungen verhinderten. Es werde eine „Vielzahl von Attesten vorgelegt, die auffallen, weil immer wieder die gleichen Ärzte mit gleichlautendem Inhalt oder fehlender fundierter Begründung Reiseunfähigkeit attestieren“, heißt es laut einem Bericht der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ in der Antwort der Regierung auf eine Kleine Anfrage der Linkspartei. Eine größere Anzahl solcher Bescheinigungen enthalte häufig gleich zu Beginn der Ausführungen Formulierungen wie „Verdachtsdiagnose“, woran sich das Votum anschließe, es solle „keine Abschiebung erzwungen werden“.

Die Ärzteschaft wies die Vorhaltungen zurück. „Der Bundesärztekammer liegen keine Statistiken zu ärztlichen Gutachten in Abschiebeverfahren vor. Auch vonseiten der Bundesregierung konnten keine bundesweiten Zahlen genannt werden, die Vorwürfe von Gefälligkeitsgutachten in Abschiebeverfahren untermauern würden“, sagte Präsident Frank Ulrich Montgomery dem Blatt. „Statt Spekulationen über mögliche Gefälligkeitsgutachten abzugeben, muss dafür gesorgt werden, dass die Voraussetzungen für die Gutachtenerstellung stimmen.“ Ärzte benötigten für eine gründliche Diagnose körperlicher und seelischer Krankheiten ausreichend Zeit. Wichtig sei auch die fachliche Qualifikation der Gutachter, sagte Montgomery. Daher habe die Ärztekammer ein „Curriculum mit Standards für die Qualifizierung von Gutachtern“ erstellt.

Vor einigen Wochen war bereits Innenminister Thomas de Maiziere in die Kritik geraten, weil er den Medizinern vorgeworfen hatte, zu viele Atteste auszustellen, mit denen abgelehnte Asylbewerber angeblich eine Abschiebung umgehen.

KONTEXT

Etappen der Flüchtlingskrise

25. August 2015

Deutschland setzt das Dublin-Verfahren für Syrer aus. Das bedeutet, die Flüchtlinge werden nicht mehr in das Land zurückgeschickt, in dem sie zuerst EU-Boden betreten haben.

31. August 2015

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) nennt die Bewältigung des Flüchtlingszuzugs eine "große nationale Aufgabe" und beteuert: "Wir schaffen das."

04. September 2015

Deutschland und Österreich entscheiden, Tausende Flüchtlinge und Migranten aufzunehmen, die in Ungarn gestrandet sind. Bei der Ankunft in Deutschland werden die Menschen bejubelt. CSU-Chef Horst Seehofer fühlt sich übergangen und warnt vor Überforderung.

23. September 2015

Die EU-Staats- und Regierungschefs beschließen, die Hilfen zu erhöhen und 160.000 Flüchtlinge auf die Mitgliedsländer zu verteilen. Eine große Entlastung für Deutschland bleibt aus.

15. Oktober 2015

Der Bundestag beschließt ein neues Asylrecht. In die Länder Albanien, Kosovo und Montenegro können Menschen nun leichter abgeschoben werden. Asylbewerber sollen möglichst nur Sachleistungen erhalten.

05. November 2015

Die Koalition verständigt sich auf besondere Aufnahmeeinrichtungen für Flüchtlinge mit geringen Bleibechancen. Zudem wird eine zweijährige Aussetzung des Familiennachzugs bei Flüchtlingen mit niedrigerem Schutzstatus beschlossen.

20. November 2015

Auf dem CSU-Parteitag in München lehnt Merkel die CSU-Forderung nach einer Obergrenze für die Zuwanderung strikt ab.

09. März 2016

Nach Slowenien, Kroatien und Serbien schließt auch Mazedonien seine Grenzen für Flüchtlinge und andere Migranten. Damit ist die Balkanroute faktisch dicht, über die 2015 mehr als eine Million Menschen nach Deutschland und Österreich gekommen waren.

18. März 2016

Die EU und die Türkei einigen sich darauf, Migranten, die illegal in Griechenland ankommen, in die Türkei zurückzuschicken. Im Gegenzug soll für jeden zurückgenommenen Syrer ein anderer Syrer legal und direkt von der Türkei aus in die EU kommen.

04. April 2016

Die Rückführung von Flüchtlingen und anderen Migranten von Griechenland in die Türkei sowie die Umsiedlung von Syrern aus der Türkei in die EU beginnt.

KONTEXT

Minderjährige Flüchtlinge in Deutschland

DEFINITION

Als unbegleiteter minderjähriger Flüchtling (UMF) zählt, wer ohne Erziehungsberechtigte nach Deutschland einreist oder hier allein aufgegriffen wird. Die Gründe dafür können unterschiedlich sein. Entweder verloren sich die Familien auf der Flucht aus den Augen, die Eltern sind tot oder die Minderjährigen wurden von ihren Verwandten bewusst allein auf die Reise geschickt.

WIE STELLT SICH DIE ZAHLENLAGE DAR?

Nach Angaben des Bundesfachverbands unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (Bumf) summierte sich die Zahl der UMF in Deutschland Ende Januar auf mehr als 60.000. Die meisten von ihnen kamen aus Afghanistan, Syrien, dem Irak, Eritrea und Somalia. Etwa 14.400 UMF stellten dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) zufolge im vergangenen Jahr einen Asylantrag, die meisten waren zwischen 16 und 18 Jahre alt (71,3 Prozent).

IN BAYERN

In Bayern hielten sich nach Angaben des Deutschen Landkreistags Ende März diesen Jahres mehr als 15.000 sogenannte UMF auf. Etwa die Hälfte davon stammte demnach aus Afghanistan.

WIE WERDEN DIE JUNGEN FLÜCHTLINGEN AUFGENOMMEN?

Sobald unbegleitete minderjährige Flüchtlinge aufgegriffen werden, nehmen die örtlich zuständigen Jugendämter sie vorläufig in Obhut, um akute Gefährdungen auszuschließen und das weitere Vorgehen zu klären. Untergebracht werden sie in dieser Zeit in der Regel in speziellen Erstaufnahmeeinrichtungen für Jugendliche, aber eventuell auch bei Verwandten. Die Stadt München, in der viele junge Flüchtlinge ankommen, betreibt seit dem Frühjahr das sogenannte Young Refugee Center als zentrale Erstaufnahme, in der die jungen Leute nach Angaben der Verwaltung ärztlich untersucht und pädagogisch betreut werden.

WIE GEHT ES DANN WEITER?

In den Erstaufnahmeeinrichtungen wird auch das Alter der Flüchtlinge überprüft. Anschließend werden die UMF seit einigen Monaten nach einem bundesweiten Schlüssel verteilt und den jeweils örtlich zuständigen Jugendämtern zugewiesen. Diese organisieren die weiteren Maßnahmen.

WEITERES VORGEHEN

Dazu gehört die Bestellung eines Vormunds, die Klärung des Aufenthaltsstatus und laut Bamf auch die "Ermittlung des Erziehungsbedarfs". In dieser Zeit leben die Flüchtlinge wahlweise in Jugendheimen oder -wohngruppen, bei Pflegefamilien oder bei Verwandten. Wie genau die Unterbringung organisiert wird, ist dabei von Kommune zu Kommune verschieden.

BELASTUNGEN FÜR DIE JUGENDLICHEN

Nach Einschätzung der Flüchtlingsorganisation Pro Asyl leiden viele Flüchtlinge, die in den vergangenen Monaten und Jahren nach Deutschland kamen, psychisch unter den Folgen von Gewalterfahrungen oder dem Tod von Angehörigen. Auch die zum Teil sehr bedrohlichen Umstände während der Flucht verursachen demnach entsprechende psychische Belastungen.

DEFIZITÄRE STRUKTUREN

Generell seien die Strukturen zur psychischen Betreuung und Behandlung von Gewalt- oder Folteropfern in Deutschland dabei schon seit langem "sehr defizitär", sagt Bernd Mesovic, stellvertretender Geschäftsführer von Pro Asyl, der Nachrichtenagentur AFP. "Die Wartelisten sind sehr lang, es herrscht Mangel."

PRAXIS

Seit der Einführung des bundesweiten Verteilungssystems bildete sich nach Einschätzung von Pro Asyl bei der Organisation der Betreuung zudem ein Flickenteppich an Regelungen und Standards heraus. Neben Behörden vor allem in großen Metropolregionen, die seit Jahrzehnten mit dem Thema vertraut seien und viel Fachkenntnis aufgebaut hätten, seien nun auch Jugendämter dafür zuständig, die bislang über wenig Erfahrung verfügten. "Die Praxis in den Kommunen ist äußerst unterschiedlich", sagt Mesovic.

KONTEXT

Sichere Herkunftsstaaten - Fragen und Antworten

Was sind sichere Herkunfsstaaten?

Migranten haben in Deutschland kein Recht auf Asyl, wenn sie aus einem sogenannten sicheren Herkunftsstaat kommen. Nach Artikel 16a des Grundgesetzes sind das Länder, bei denen "gewährleistet erscheint, dass dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet".

Nachweis

Kann ein Flüchtling nicht begründen, dass ihm "abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat politische Verfolgung droht", ist sein Antrag laut Asylverfahrensgesetz Paragraf 29a "als offensichtlich unbegründet abzulehnen".

Kriterien

Kann ein Flüchtling nicht begründen, dass ihm "abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat politische Verfolgung droht", ist sein Antrag laut Asylverfahrensgesetz Paragraf 29a "als offensichtlich unbegründet abzulehnen".

Regelung in Deutschland

In Deutschland gelten als sichere Herkunftsländer derzeit neben den EU-Mitgliedsstaaten auch Albanien, Bosnien und Herzegowina, Ghana, das Kosovo, Mazedonien, Montenegro, der Senegal und Serbien. Die nordafrikanischen Länder Marokko, Algerien und Tunesien sollen nach dem Willen der Bundesregierung nun hinzukommen.