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Marine Le Pen sucht Verbündete

Eine Woche vor der Stichwahl zwischen Emmanuel Macron und Marin Le Pen verschärft sich in Frankreich der Wahlkampf um die Präsidentschaft. Le Pen bezeichnet Makro systematisch nur noch als den „Bankier“ oder den „Kandidaten der Oligarchie". Macron dagegen verweist auf die antieuropäischen und nationalistischen Züge Le Pens: „Das sind keine Patrioten, das sind Nationalisten, und wir wissen, wohin der Nationalismus führt: zum Krieg.“

Am Samstag konnte die rechtsextreme Kandidatin einen Erfolg verbuchen. Zusammen mit Nicolas Dupont-Aignan, der im ersten Wahlgang etwas weniger als fünf Prozent der Stimmen erhalten hatte, trat sie vor die Kameras. Der ehemalige Liberale, der in den vergangenen Jahren kontinuierlich nach rechts abgedriftet ist, gab einen „Pakt mit Le Pen“ bekannt, er werde auch gemeinsam mit ihr Wahlkampf machen. Le Pen sichert ihm zu, er werde Premierminister, falls sie die Wahl gewinne.

Dupont-Aignan bestritt, dass sie auch seine Wahlkampfkosten bezahlt. Da er unter der Schwelle von fünf Prozent blieb erhält er keine staatliche Erstattung. In der Vergangenheit hatte er mehrfach erklärt, er würde sich auf keinen Fall dem Front National anschließen. Nachdem er diesen Schritt nun noch gegangen ist, hat sein Stellvertreter umgehend den Rücktritt erklärt.

Le Pen ist darum bemüht, den Rückstand gegenüber Macron aufzuholen. In einer jüngsten Umfrage der Tageszeitung Les Echos würde der Sozialliberale den zweiten Wahlgang mit 60 Prozent zu 40 Prozent gewinnen. Doch viele Medien befürchten, dass der Abstand am Ende weit geringer sein könnte. „Die Wähler hassen es, wenn ihnen suggeriert wird, die Wahl sei bereits gelaufen, wir müssen alles dafür tun, damit Le Pen verliert“, warnt die Konservative Nathalie Kosciusko-Morizet. Wer Zweifel daran zulasse, dass nun Macron gewählt werden müsse, habe „bei den Republikanern nichts mehr verloren“, stellt das Vorstandsmitglied der konservativen Partei klar.

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Le Pen versucht, potentielle Wähler von Macron zu demotivieren und gleichzeitig die Menschen an sich zu binden, die in der ersten Runde für andere Kandidaten gestimmt haben. Mit einem YouTube Video wirbt sie offen um die sieben Millionen Franzosen, die für den Linksaußen Jean- Luc Mélenchon ihre Stimme abgegeben haben. „Wir haben uns auseinander gesetzt, aber am Ende hat er eine sehr respektgebührende Kampagne geführt“, säuselt die Rechtsextreme. Es gebe viele Gemeinsamkeiten zwischen ihr, der „Kandidatin des Volkes“, und der Bewegung des weit links stehenden Mélenchon.


Die Laster der Vergangenheit

Der Umworbene selber hat sich eine Woche lang nicht zur Wahl geäußert. Mélenchon war in völliges Stillschweigen versunken, während seine Wähler sich fragten, wie er sich nun in der Stichwahl verhalten werde. Erst am Freitag äußerte er sich in einer halbstündigen Videobotschaft mit einer Argumentation, die mehr als komplex ist. Er weigerte sich, zur Wahl gegen Le Pen und für Macron aufzurufen. Mit keinem Wort kritisierte er die Rechtsextreme, obwohl der Antifaschismus eine der wichtigsten Quellen seiner eigenen Bewegung ist. Die Frage, wie er abstimme, stelle sich nicht, „jeder weiß das doch“, sagte er im Ton der Selbstverständlichkeit und verwies auf ein rotes Dreieck an seinem Revers, Symbol der Antifaschisten.

Ob er sich aber enthalten wird oder für Macron stimmt, wollte Mélenchon partout nicht sagen. Wahlforscher vermuten, dass bis zu 20 Prozent seiner Wähler - insgesamt waren es rund sieben Millionen Franzosen zu Le Pen abwandern könnten. Die fragwürdige Taktiererei des Linksaußen erklärt sich damit, dass er nun alles auf die Parlamentswahl setzt. Seiner eigenen Argumentation nach würde es seine Bewegung schwächen, wenn vor der zweiten Wahlrunde klar Stellung bezöge. Die Vorteile für Le Pen nimmt er in Kauf.

Doch nicht alles läuft rund für die Rechtsextreme. Sie wird von ihrer Vergangenheit eingeholt. Der als Interimsvorsitzende auserkorene Jean-Francois Jalkh musste verzichten, nachdem seine Äußerungen zum Holocaust bekannt wurden. In einem Interview vor ein paar Jahren hatte er auf abstoßende Weise die Realität der Gaskammern in Zweifel gestellt. „Darüber muss man doch diskutieren dürfen“, setzt der Le Pen-Intimus in dem Gespräch an, um dann auszuholen: „Also rein technisch geht das nicht mit Zyklon B, das konnte man nicht in Gaskammern einsetzen, weil man die anschließend nicht schnell genug hätte belüften können.“ Ende der Woche wollte er sich nicht mehr daran erinnern, trat aber dennoch zurück – allerdings nur als Interimschefs, im Vorstand des FN bleibt er.

Le Pen, die selber vor drei Wochen die Beteiligung Frankreichs an der Judenverfolgung geleugnet hat, ist damit nicht aus den Schwierigkeiten raus. Nun ist es ihr Vater, der erneut zeigt, wes Geistes Kind der Front National ist. Das Gedenken für den vor zehn Tagen auf den Champs Elysées ermordeten Polizisten Xavier Jugelé habe ihn abgestoßen, äußert der FN-Gründer. „Das war ja wie eine Feier für die Homosexuellen und die Schwulenehe“, macht er sich über den Ermordeten lustig. Macron forderte Marine Le Pen auf, ihren Vater zur Verantwortung zu ziehen.

Jugelé lebte in einer Partnerschaft mit Etienne Cardiles, der bei der Totenfeier eine bewegende Rede hielt. Er werde die Mörder seines Partners nicht hassen, sagte Cardiles, „denn Hass, das würde nicht zu Dir passen, Xavier.“

Hass, Verachtung, Leugnung der Nazi-Verbrechen, das seien „die ideologischen Wurzeln des FN“, so sehr die Partei dies auch zu verbergen suche, schreibt die Tageszeitung Le Monde am Samstag. Vater Le Pen und Vorstandsmitglied Jalkh haben in Erinnerung gerufen, was viele Franzosen zu vergessen scheinen.

KONTEXT

Die wirtschaftspolitischen Pläne von Marine le Pen

Euro

Er soll zugunsten einer eigenen Währung aufgeben werden - sofern sich die Mehrheit der Franzosen in einem Referendum für einen Abschied vom Euro aussprechen.

EU

Nach einem Wahlsieg soll mit den EU-Partnern binnen sechs Monaten eine radikale Änderung der EU-Verträge vereinbart werden. Die Union soll dabei in einen lose Verbund der Mitgliedsländer umgebaut werden - ohne Euro und von Brüssel überwachte Haushaltsregeln, aber wieder mit Grenzkontrollen. Schon in den ersten beiden Monaten nach einem Wahlsieg soll das Schengen-Abkommen aufgekündigt werden, mit dem Kontrollen an den Binnengrenzen abgeschafft wurden.

Zentralbank

Sie soll bei der Rückkehr zur Landeswährung helfen und deren Kurs verteidigen. Ihr soll dabei das Recht eingeräumt werden, französische Staatsanleihen von der Regierung abzukaufen.

Protektionismus

Bei öffentlichen Ausschreibungen sollen nur französische Unternehmen zum Zuge kommen, solange der Preisunterschied nicht allzu groß ist. Auf Importe soll eine Steuer in Höhe von drei Prozent erhoben werden. Arbeitgeber, die ausländische Mitarbeiter einstellen, sollen mit einer Extrasteuer belegt werden, die zehn Prozent des Gehaltes erreichen kann.

Rente

Das Renteneintrittsalter soll von 62 auf 60 Jahre gesenkt werden. Sehr arme Rentner sollen besser unterstützt werden.

Arbeitszeit

Die 35-Stunden-Woche soll erhalten werden. Überstunden sollen steuerfrei werden.

Steuern

Diese sollen für Privathaushalte gesenkt, die Sozialausgaben erhöht werden. Auch kleinere und mittelständische Firmen sollen weniger Steuern zahlen.

KONTEXT

Die Gründe für das starke Abschneiden der Extremen

Sündenbock Brüssel

Für die EU-Feindin Le Pen ist die Sache klar. Neben der "massiven Einwanderung" sind auch die "Technokraten" aus Brüssel schuld an Frankreichs Problemen. Nur ein wenig freundlicher schaut Mélenchon auf Brüssel. Er stört sich an den Sparvorgaben und wollte deshalb die europäischen Verträge neu verhandeln. Und wie anderswo in Europa widerstehen auch Politiker etablierter Parteien nicht immer der Versuchung, unangenehme Entwicklungen der Einfachheit halber der EU anzulasten.

Wirtschaftsflaute

Die hohe Arbeitslosenquote von 10 Prozent ist eines der größten Probleme Frankreichs. Bei jungen Leuten liegt die Quote sogar bei 23,6 Prozent. Die Konjunktur schwächelt. Soziale Ungleichheit treibt vor allem Mélenchons Anhänger und die Unterstützer des abgeschlagenen Sozialisten Benoit Hamon um.

Enttäuschung über die Parteien der Mitte

Sozialisten und Konservative, die sich bislang im Á‰lyséepalast die Klinke in die Hand gaben, haben die Wähler abgestraft wie nie zuvor. Beide sind in der Stichwahl nicht dabei. Das dürfte auch als Rechnung für den als schwach geltenden, scheidenden Präsidenten Francois Hollande zu verstehen sein. Verachtung für den selbsterklärten konservativen Saubermann Francois Fillon, der dann aber teure Anzüge annahm und seine Frau scheinbeschäftigt haben soll, dürfte auch eine Rolle gespielt haben.

Frust über Eliten

Le Pens scharfe Attacken auf "die Kaste" fallen in Frankreich vielleicht auch deshalb auf fruchtbaren Boden, weil das System der Elitehochschulen lebenslange Seilschaften fördert. Zahlreiche Politik- und Wirtschaftsführer kommen etwa von der Verwaltungshochschule ENA - bis hin zu Staatschef Hollande.