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Seth Berkley macht Mut: „Wir finden einen Impfstoff – die Welt drückt aufs Tempo“

Der Chef der Impfallianz Gavi ist auf der Suche nach einem Wirkstoff gegen Covid-19 – und will für eine faire Verteilung sorgen. Das Besondere: Er ist optimistisch.

Für Boris Johnson war die virtuelle Zusammenkunft nichts weniger als „das wichtigste gemeinsame Unterfangen unseres Lebens“. Das sagte der britische Premierminister bei der Geberkonferenz der Impfstoff-Allianz Gavi, die in diesem Jahr per Videokonferenz ablaufen musste und von Großbritannien ausgerichtet wurde.

Johnson rief die 50 Staats- und Regierungschefs aus aller Welt zu einem gemeinsamen Vorgehen gegen lebensbedrohliche Krankheiten wie Covid-19 auf. Der Premier appellierte an die Teilnehmer, sich Großbritannien anzuschließen, „um diese lebensrettende Allianz zu stärken und eine neue Ära der globalen Gesundheitszusammenarbeit einzuleiten“.

Gavi – das ist eine im Jahr 2000 gegründete öffentlich-private Partnerschaft, die weiten Teilen der Bevölkerung unbekannt sein mag. Doch ihr Wirken ist wichtig: Gavi finanziert und organisiert Impfprogramme auf der ganzen Welt mit.

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Das selbst erklärte Ziel: allen Menschen, vor allem Kindern, einen gleichberechtigten Zugang zu Impfungen ermöglichen. Eine entscheidende Rolle wird Gavi deshalb auch bei der Suche und Verteilung eines möglichen Impfstoffs im Kampf gegen die aktuelle Pandemie zugesprochen.

Der Chef von Gavi: Seth Berkley. Er sitzt zwar in Genf, dem Sitz der Organisation, vermisst aber seine Heimatstadt New York. Die Entwicklung der Pandemie in Amerika verfolgt er mit Besorgnis.

Dennoch verbreitet er in diesen Tagen Mut machende Botschaften: „Wir finden einen Impfstoff“ – in zwölf bis 18 Monaten. Das wäre Rekordtempo. Normalerweise dauert die Entwicklung mit allen klinischen Tests zehn bis 15 Jahre. „Die Welt drückt aufs Tempo.“

Derzeit sind laut Weltgesundheitsbehörde 120 Impfstoffe in Arbeit, davon werden zehn in klinischen Tests bereits an Menschen ausprobiert. Für Berkley, der der Gavi Vaccine Alliance, wie sie offiziell heißt, seit neun Jahren vorsteht, ist das eine erstaunliche Entwicklung.

Die Warnung mancher Experten, dass möglicherweise kein Impfstoff gefunden werden kann, findet auch bei ihm Gehör. Einen Einwand lässt er dabei aber nicht gelten. Kritiker sagen, dass bis heute gegen die Coronaviren Mers und Sars kein Impfstoff gefunden wurde. „Das ist eine andere Sachlage.“ Denn in beiden Fällen seien die Viren wieder verschwunden, so der Mediziner, „die Welt verlor das Interesse“. Mit geeigneten finanziellen Mitteln hätte man einen Wirkstoff gefunden, ist sich Berkley sicher.

„Gleichrangiger Zugang“

Nur bei HIV, gesteht auch er ein, gibt es eben auch nach Jahren der Forschung noch keinen Wirkstoff. Aber: „Das Aids-Virus unterscheidet sich wie Tag und Nacht von Corona, ist viel weniger stabil und kann bislang vom Immunsystem nicht besiegt werden“, sagt Berkley. „Bei Corona dagegen erholen sich viele Menschen, das Immunsystem kann es kontrollieren.“ Wer mit Berkley spricht, der spürt ein Gefühl von Hoffnung.

Seine Arbeit ist in der Krise von großer Bedeutung. Denn seine Stiftung vertritt besonders die Interessen der ärmeren Länder und wirbt für ein multilaterales Vorgehen. Vom amerikanischen Präsidenten wird man das nicht hören. Donald Trump rief das Projekt „Operation Warp Speed“ ins Leben. In Lichtgeschwindigkeit soll ein Impfstoff gefunden und für die US-Bürger gesichert werden.

In Frankreich kam es deshalb schon zum Eklat. Der Pharmakonzern Sanofi arbeitet mit Glaxo-Smithkline an einem Impfstoff. Eine US-Behörde steuerte 30 Millionen Dollar zu und habe daher „das Recht auf die größte Vorbestellung“, wie Sanofi-Chef Paul Hudson kürzlich sagte. Das handelte ihm großen Ärger mit der französischen Regierung ein.

„Ein Impfstoff gegen Covid-19 sollte ein öffentliches Gut für die ganze Welt sein“, sagte der französische Premier Edouard Philippe, ein „gleicher Zugang“ sei „nicht verhandelbar“.

Und so ist die Vereinigung von Berkley auch so etwas wie eine Anti-Trump-Allianz, die der ganzen Welt den Zugang zu Impfdosen ermöglichen will – und nicht nur den Bürgern einzelner Staaten. Das Tauziehen hinter den Kulissen ist für Berkley bedenklich und überflüssig.

„Es ist wichtig, dass wir rational handeln.“ Denn was würde es beispielsweise Deutschland nützen, jeden einzelnen Bürger zu impfen, fragt der Mediziner rhetorisch, wenn das in der Schweiz oder Belgien nicht der Fall sei? „Das Risiko einer Reinfektion wäre groß.“

Eine globale Lösung? Unablässig. Und dazu gehören eben auch die Entwicklungsländer. Berkley fordert gerade für sie einen „gleichrangigen Zugang“.

Schon zu Beginn der Pandemie gab es einen Wettstreit um Tests und Mund-Nasen-Bedeckungen. Berkley hofft, dass dies bei den Impfstoffen ausbleibt. „Wenn jedes Land nur an sich denkt, ist das lächerlich. Es würden sich die reichen Länder durchsetzen, aber das nutzt ihnen nichts.“ Das Virus habe sich aus der chinesischen Stadt Wuhan in nur drei Monaten bis auf die letzte Insel in dieser Welt ausgebreitet.

„Corona ist ein globales Problem. Und so muss auch ein Impfstoff verteilt werden“, sagt Berkley. „Ich bin zuversichtlich, dass sich Rationalität durchsetzt und wir eine globale Lösung finden.“

Wenn ein Impfstoff gefunden wird, hat Berkley schon einen Plan. Das Impfen müsse in drei Phasen ablaufen: Erst sollten die Gesundheitsarbeiter geschützt werden, um dann die Risikogruppen wie ältere Menschen zu impfen. Die generelle Bevölkerung wäre zuletzt an der Reihe.

Großzügige Unterstützung

Über Unterstützung zu seinen Plänen kann sich Berkley nicht beklagen. Großbritannien ist laut Johnson mit rund 1,85 Milliarden Euro größter Gavi-Geldgeber. Die Bill- & -Melinda-Gates-Stiftung sagt der Impfallianz 1,6 Milliarden US-Dollar zu.

Außerhalb des weltweiten Gesundheitssektors würden zwar nur wenige Menschen Gavi kennen, sagt Melinda Gates, Co-Vorsitzende der Bill- & -Melinda-Gates-Stiftung. „Doch in den letzten 20 Jahren hat die Allianz verändert, wie die Welt die Gesundheit schützt, und sich dafür finanziell engagiert.“

Darüber hinaus versprach Bundeskanzlerin Angela Merkel 600 Millionen Euro für die nächsten fünf Jahre. Hinzu kämen 100 Millionen Euro zur Bekämpfung der Corona-Pandemie, verkündete Merkel in ihrer Videobotschaft bei der virtuellen Geberkonferenz. Sobald ein Impfstoff verfügbar sei, müssten die Voraussetzungen geschaffen sein, eine globale Impfkampagne zu starten.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kündigte 300 Millionen Euro der EU-Kommission für die kommenden fünf Jahre an.

„Um die Covid-19-Pandemie zu bewältigen, braucht die Welt mehr als bahnbrechende Forschung“, sagte Bill Gates. „Sie braucht eine wahrhaft bahnbrechende Großzügigkeit.“ Und Menschen wie Seth Berkley.

Alle Beiträge unter: www.handelsblatt.com/hoffnungstraeger