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Manager unter Verdacht: „Die Gestaltungsfreiheit wird immer weiter beschränkt“

Der erste Strafprozess im Dieselskandal ist gestartet. Jürgen Wessing spricht über die immer schärfere Gangart der Justiz gegenüber Managern.

Jürgen Wessing gehört zu den erfahrensten deutschen Juristen im Wirtschaftsstrafrecht. Der Düsseldorfer Anwalt hat bereits zahlreiche Manager und Unternehmen verteidigt. Er sieht einige Entwicklungen im Strafrecht sehr kritisch – sowohl auf der gesetzlichen Ebene als auch im Hinblick auf das immer härtere Vorgehen der Staatsanwaltschaften.

Herr Wessing, in München hat der erste Dieselprozess in Deutschland gegen vier Audi-Manager begonnen. Mit Rupert Stadler sitzt ein ehemaliger Vorstandsvorsitzender auf der Anklagebank. Werden Topmanager in Deutschland strafrechtlich härter rangenommen?
Ja. Das liegt aber nicht daran, dass Manager heutzutage krimineller sind als früher. Es gibt andere Ursachen: schärfere Regeln, schärfere Überwachungsmaßnahmen und neue Wege, Straftaten aufzudecken.

Welche Wege sind das?
Ich denke da an sogenannte Whistleblower, die kannte man früher nicht. Solche Hinweisgeber liefern den Aufsichtsbehörden und Staatsanwaltschaften Informationen, auf Grundlage derer Ermittlungen erst möglich werden. Im Kartellrecht ist sogar gesetzlich verankert, dass Whistleblower belohnt werden. Wer illegale Absprachen zuerst aufdeckt, wird von Bußgeldern verschont. Das kann Hunderte Millionen Euro sparen.

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Welche anderen Maßnahmen wurden verschärft?
Wir sehen immer häufiger, dass auch Topmanager in Untersuchungshaft genommen werden, wie auch im Fall Stadler. Offenbar wollen Ermittler damit den Druck auf die Beschuldigten erhöhen. Es heißt nicht umsonst: „Untersuchungshaft schafft Rechtskraft.“ Das ist aus meiner Sicht eine gefährliche Entwicklung, denn eine Untersuchungshaft ist kein legitimes Mittel, um Geständnisse zu erzwingen.

Sie sprechen auch von strengeren Regeln.
Ja, beispielsweise wurde das Bußgeld für Unternehmen von einer Million Euro auf zehn Millionen Euro heraufgesetzt. Mitte 2017 wurde das Einziehungsrecht erheblich verschärft. Seitdem können bei straffälligen Unternehmen und Managern sämtliche Vermögenswerte abgeschöpft werden, die aus der Straftat stammen.

Wie beurteilen Sie die Verschärfungen?
Aus meiner Sicht gehen sie zu weit. Das Strafrecht ist kein politisches Instrument, aber dazu wird es gemacht. Auch das gerade diskutierte Unternehmensstrafrecht geht in diese Richtung. Der Grundgedanke, dass das Strafrecht schädliche Handlungen von Personen sanktionieren soll, geht dabei verloren.

Was bedeutet das für Führungskräfte in den Unternehmen?
Ich beobachte, dass ihre Gestaltungsfreiheit immer weiter begrenzt wird. Die juristischen Zwänge werden immer größer. Teilweise treffen Manager keine Entscheidungen, weil sie Angst vor möglichen rechtlichen Konsequenzen haben. Es werden immer mehr Gutachten in Auftrag gegeben. Wir Anwälte leben davon gut, aber für die Unternehmen ist das eine große Belastung.

Welche Rolle spielt die US-Justiz für deutsche Unternehmen?
Eine immer größere. Konzerne, die auch auf dem wichtigen US-Markt aktiv sind, sollten akribisch darauf achten, die dortigen Gesetze zu beachten. Sonst kann das schnell in die Katastrophe führen. Das haben bereits einige Unternehmen zu spüren bekommen. So wie Siemens, Daimler oder zuletzt Volkswagen. Ihnen schickte das US-Justizministerium einen Aufpasser ins Haus. Für das Management ist das eine starke Begrenzung.

Zurück zum Audi-Prozess: Das Gericht hat 181 Verhandlungstage angesetzt. Wie beurteilen Sie solche Mammutprozesse?
Der Prozess ist ein außergewöhnlich komplexes Verfahren. Allein der Sachverhalt ist schwierig zu durchdringen. Hinzu kommt ein schwer zu durchschauendes Firmengeflecht. Das Gericht wird viele Zeugen vernehmen. Der Vorsitzende Richter ist sehr gewissenhaft. Es ist gut, dass er ausreichend Zeit reserviert hat. Er wird sich die Zeit nehmen, die er braucht.

Herr Wessing, vielen Dank für das Interview.