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Kriegsfinanzierungspläne am Urlaubssee: Fünf Themen des Tages

(Bloomberg) -- Kamil Kowalcze über innovative Ideen am Lago Maggiore. — Abonnieren Sie unseren Newsletter Fünf Themen des Tages und erhalten Sie sonntags das Hauptstadtgeflüster direkt in Ihre Mailbox.

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Der Teufel steckt im Detail

“Es sieht aus wie Urlaub hier, aber wir haben viel Arbeit zu leisten”, sagte Bundesfinanzminister Christian Lindner vor dem G7-Treffen im italienischen Badeort Stresa zu den mitgereisten Journalisten — und verabschiedete sich sogleich zu einem mehrstündigen Abendessen mit seinen Amtskollegen auf einer der malerischen Inseln im Lago Maggiore.

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Im Mittelpunkt des Treffens der Finanzminister der sieben größten Industrienationen steht die Debatte, wie die Zinserträge aus den rund 280 Milliarden US-Dollar russischer Vermögenswerte, die nach dem Angriff Wladimir Putins auf die Ukraine eingefroren wurden, noch effektiver als bisher geplant zugunsten der Ukraine eingesetzt werden können.

So hat US-Finanzministerin Janet Yellen vorgeschlagen, möglichst bald einen großen Kredit für den Verteidigungskampf Kiews aufzunehmen, der in den kommenden Jahren aus den Erträgen der eingefrorenen Gelder bedient werden soll. Dahinter steckt auch das Kalkül, die Unterstützung für die Ukraine zu sichern, bevor Donald Trump im November möglicherweise wieder US-Präsident wird und Wladimir Putin damit einen Gefallen tut.

Grundsätzlich stößt der Vorschlag der USA bei den westlichen Partnern auf Zustimmung, aber es gibt noch Vorbehalte und offene Fragen: Wie soll die Rückzahlung des Kredits abgesichert werden? Wer trägt das Risiko, wenn der Krieg endet und der Kredit nicht mehr aus den Zinseinnahmen bedient werden kann?

Das sind technische Details, die vor allem für Deutschland wichtig sind. Auf die Frage, ob es hier Fortschritte gebe, antwortet Lindner stets gleich: Man warte ja noch immer auf den konkreten Vorschlag der Amerikaner.

Das mutet etwas skurril an, denn das Treffen sollte ja dazu dienen, genau über diese Details zu sprechen — die von Lindner angekündigte Arbeit zu leisten. Zumal von amerikanischer Seite zu hören ist, dass es diesen konkreten Vorschlag sehr wohl gebe. Das lässt manche vermuten, Yellen habe gar das deutsche Finanzministerium umgangen und direkt mit dem Kanzleramt von Olaf Scholz verhandelt. Denn eine Einigung wird hier ohnehin erst in drei Wochen beim Gipfel der Staats- und Regierungschefs in Apulien erwartet.

Aber wer weiß, das Treffen hier ist ja noch nicht zu Ende - und das regnerische Wetter lädt auch nicht gerade zum Urlaub machen ein. Außerdem gibt es heute Abend die Gelegenheit, gewissenhaft weiterzuarbeiten: Auf einer der anderen Inseln findet ein weiteres ausgiebiges Abendessen statt.

Was Marktteilnehmer heute noch bewegen könnte, berichten Ihnen Rainer Bürgin und Alexander Kell: Chemierisiko, kippelige Wirtschaft, neue Realitäten, hochfliegende Pläne, und Officehome.

Chemierisiko

Während nach dem Glyphosat-Einsatz an Krebs Erkrankte um ihr Leben fürchten, sieht Bayer-Chef Bill Anderson in der Klagewelle um den Unkrautvernichter Roundup eine “existenzielle” Bedrohung für sein Unternehmen. “Der Rechtsstreit um Glyphosat ist ein existenzielles Thema für unser Unternehmen, weil er uns die Möglichkeit nimmt, weiterhin Innovationen für Landwirte und für die Lebensmittelsicherheit zu entwickeln”, sagte Anderson am Donnerstag bei einer Veranstaltung in Chicago. Der Chemiekonzern gebe für Gerichtsverfahren mehr aus als die 2,4 Milliarden Euro, die er jährlich für Forschung und Entwicklung aufwendet. Zur Beilegung der Roundup-Klagen hat Bayer Rückstellungen über 16 Milliarden Dollar gebildet. Etwa 10 Milliarden Dollar davon seien bereits ausgegeben worden, sagte ein Unternehmenssprecher. Bayer bleibt bei seiner Linie, dass Glyphosat sicher sei. Die BASF hat gerade für mehr als 300 Millionen Dollar einen US-Rechtsstreit um Wasserverunreinigung durch Chemikalien beigelegt, die von der 2009 übernommenen Schweizer Ciba hergestellt wurden.

Kippelige Wirtschaft

Das Baugewerbe und der Handel verhinderten zu Jahresbeginn eine Rezession in Deutschland und leiteten eine wirtschaftliche Erholung ein, die letztlich auch auf den privaten Konsum übergreifen dürfte. Die Bautätigkeit wurde durch die milde Witterung im ersten Quartal begünstigt und trug zum Wachstum des BIP um 0,2% gegenüber dem Vorquartal bei. Weitere Beiträge kamen vom Außenhandel. Die Inlandsnachfrage wurde hingegen durch einen Rückgang der öffentlichen und privaten Ausgaben gedämpft. Jüngste Daten deuten auf wachsende Zuversicht von Verbrauchern, Unternehmen und Investoren hin. Belastend für die Nachfrage sind laut Bundesbank allerdings der gedämpfte Welthandel, das gestiegene Zinsniveau und die zunehmende politische Unsicherheit. Bundesfinanzminister Lindner sagte am Rande des G7-Treffens in Stresa, man müsse China “bei jeder Gelegenheit” an die Notwendigkeit eines freien und fairen Welthandels erinnern. Zuvor hatte US-Finanzministerin Yellen erklärt, es sei wichtig, dass die USA und Europa eine einheitliche Front gegen die chinesischen Überkapazitäten in der Industrie bilden.

Neue Realitäten

Der Plan der Ukraine, eine Friedenskonferenz unter Ausschluss des Aggressors Russland in der Schweiz abzuhalten, stößt auf mehr Widerstand. Brasilien und China fordern eine internationale Konferenz, die sowohl von Russland als auch von der Ukraine anerkannt wird, was der vom Westen unterstützten Initiative entgegensteht. Es ist das erste Mal, dass China eine gemeinsame Erklärung mit einem anderen Land zu dem Konflikt unterzeichnet hat. Angestrebt wird ein Treffen “mit gleichberechtigter Teilnahme aller Parteien sowie einer fairen Diskussion aller Friedenspläne”. Russland wurde nicht zur Konferenz in der Schweiz im Juni eingeladen, und viele weitere Länder, darunter auch Brasilien und China, dürften ebenfalls nicht teilnehmen. US-Präsident Biden ist wegen einer Wahlkampfspendenveranstaltung verhindert. Präsident Putin hat wiederholt erklärt, dass bei den Verhandlungen die “Realitäten vor Ort” berücksichtigt werden müssten, womit er sich auf die Erroberungen seiner Armee in der Ukraine bezog. Der russische Vormarsch auf Charkiw ist nach Angaben der ukrainischen Militärführung weitgehend zum Stillstand gekommen. Die Lieferung deutscher und dänischer Leopard-1-Panzer an die Ukraine hat sich verzögert.

Hochfliegende Pläne

Das deutsche Elektroflugtaxi-Startup Lilium baut auf Hunderte von Millionen Euro Staatsgeld aus Paris und Berlin in den nächsten Monaten, um sein erstes Modell durch die Zertifizierung und in den kommerziellen Betrieb zu bringen. Die Summen hingen von der Höhe der Investitionen in den jeweiligen Ländern ab, sagte Firmenchef Klaus Roewe im Interview. Lilium ist eines von mehreren Flugtaxi-Startups, die während des SPAC-Booms in der Pandemie-Ära einen enormen Aufschwung erlebten. Angesichts versiegender Finanzierung und anstehender teurer Zertifizierungsverfahren suchen diese Start-ups nun verzweifelt nach neuen Investitionen. Lilium will den kommerziellen Betrieb Mitte 2026 aufnehmen, die US-Konkurrenten Joby und Archer wollen bis Ende 2025 von der FAA zertifiziert sein. Größere Brötchen bäckt Elon Musk mit seiner Raketenfirma SpaceX, die bei einem Verkauf bestehender Aktien mit rund 200 Milliarden Dollar bewertet werden könnte. Nicht börsennotierte Firmen nutzen Erwerbsangebote, um zum Beispiel Mitarbeitern die Möglichkeit zu geben, Anteile zu versilbern. Anleger erhalten die Möglichkeit, noch vor einem Börsengang Aktien zu erwerben.

Officehome

Mit Citigroup, HSBC und Barclays dehnen drei Banken die Pflicht zur reinen Büroarbeit aus, die mit Blick auf das Homeoffice bislang zu den flexibleren Instituten an der Wall Street gehörten. Hintergrund ist das Bestreben der Aufsicht, für die Wertpapierbranche die Zugeständnisse zurückzunehmen, die in der Corona-Pandemie gemacht wurden, um den Geschäftsbetrieb aufrecht zu erhalten. Citigroup verlangt von rund 600 US-Mitarbeitern, die bisher Anspruch auf Fernarbeit hatten, an jedem Arbeitstag ins Büro zu pendeln. Barclays verpflichtet dazu ab dem 1. Juni weltweit Tausende von Investmentbankern, so sie nicht beim Kunden sind. Bei HSBC betreffen die veränderten Vorschriften etwa 530 Mitarbeiter in New York und damit rund die Hälfte der Belegschaft in der Stadt. Die Aufsichtsbehörde Finra indessen erklärte, sie habe mitnichten eine Büropflicht gefordert. “Es gibt keine Regeln, nach der registrierte Personen fünf Tage die Woche im Büro sein müssen”, hieß es. Im Banken-Management allerdings dominiert vielerorts die Frage, ob die Einhaltung der diesbezüglichen Regeln Aufwand und Kosten Wert ist.

Was sonst noch passiert ist

  • Falscher Knopf

  • Weiter auf Kurs

  • Blinkende Verkaufssignale

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