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KORREKTUR/ROUNDUP/Hoffnungsbremse Steuerschätzung: Kaum Spielraum in Etat

(Im ersten Absatz wurde präzisiert: Der Bund nimmt 3,8 Milliarden Euro mehr Steuern ein, ein Teil davon ist aber durch Beschlüsse bereits gebunden, so dass die Haushälter nur 2,3 Milliarden zu verteilen haben.)

BERLIN (dpa-AFX) - Große Sprünge hatten die Haushaltspolitiker im Bundestag ohnehin nicht erwartet. Die Schätzung der Steuereinnahmen für das kommende Jahr zeigt es jetzt schwarz auf weiß: Viel Spielraum für neue Ausgaben, gar eine Entlastung von Bürgern und Unternehmen gibt es nicht. Der Bund nimmt 2024 nur magere 3,8 Milliarden Euro zusätzlich ein. Ein Teil davon ist sogar schon verplant, so dass die Haushälter für 2024 nur 2,3 Milliarden zusätzlich verteilen können. Das zerstöre wohl einige Illusionen, sagte Finanzminister Christian Lindner am Donnerstag. "Es kommt kein Deus Ex Machina, der uns Milliarden beschert."

Der FDP-Finanzminister - in dieser Phase so etwas wie der natürliche Gegenspieler der Haushalts-Abgeordneten - sieht sich durch die Zahlen bestätigt. Sein Etatentwurf könne eigentlich unverändert stehen bleiben, meint er. Das ist jedoch unrealistisch: Spätestens im November wird der Haushaltsausschuss im Bundestag noch eine ganze Reihe meist kleinerer Änderungen vornehmen. Wenn das Parlament neue Ausgaben wolle, müsse es an anderer Stelle sparen, betont Lindner nun. "Neues geht nur, wenn man bereit ist, sich von anderen Dingen zu trennen."

Deutschland im Abschwung

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Hauptgrund für die magere Steuerschätzung ist der Abschwung der Wirtschaft. Tatsächlich kommt Deutschland langsamer aus der Krise heraus als gedacht. Das hat noch immer mit dem russischen Krieg in der Ukraine zu tun: die Nachwehen der Energiepreiskrise, die hohen Zinsen und eine schwache globale Wirtschaft. Dazu kommt Unsicherheit wegen des neusten geopolitischen Konfliktherds im Gazastreifen und Israel.

Die finanziellen Spielräume des gesamten Staates, also von Bund, Ländern und Kommunen, bleiben deshalb eng. Zusammen werden sie der Prognose der Steuerschätzer zufolge nur rund 1,9 Milliarden Euro mehr Steuern einnehmen als noch im Frühjahr gedacht. Der Bund kommt dabei noch am besten weg - unter anderem, weil Zahlungen an die EU geringer ausfallen als gedacht.

Einnahmen knacken trotzdem bald Billionen-Marke

Gesamtstaatlich erwarten die Steuerschätzer für 2024 Einnahmen von 964,1 Milliarden Euro. Profitieren kann der Staat von der hohen Inflation. Je höher die Preise, desto mehr Steuern nehmen Bund, Länder und Gemeinden ein. Im Jahr 2025 werden die Steuereinnahmen laut Prognose erstmals über die Schwelle von einer Billion Euro steigen.

Eine leichte Erholung sagen die Schätzer für die Zeit bis 2027 voraus. Für den gesamten Schätzzeitraum erwarten sie Mehreinnahmen von 23,3 Milliarden Euro. Von den hohen Zuwachsraten vergangener Jahre, als die Haushaltspolitiker regelmäßig noch hohe Milliardensummen verteilen konnten, ist das weit entfernt.

Kaum Entlastung für den Bundeshaushalt

Die Prognose der Steuerschätzer ist eine wichtige Grundlage für die abschließenden Beratungen zum Bundeshaushalt 2024. Sie entscheidet mit, ob im Bundestag weitere Sparbeschlüsse gefasst werden müssen - oder ob es Spielräume für zusätzliche Ausgaben gibt.

Wünsche gab es dahingehend zuletzt reichlich. Zur Debatte steht zum Beispiel, ob die Mehrwertsteuer auf Speisen im Restaurant dauerhaft gesenkt bleibt. Das müsse nun der Bundestag entscheiden, betont Lindner, der eine grundsätzlich Sympathie für die Idee zu haben scheint. Doch dann müsse eben an anderer Stelle gespart werden. "Aus der Steuerschätzung selbst heraus ergeben sich keine Spielräume."

Auch in der Frage, ob neue Mittel für die Seenotrettung im Mittelmeer eingeplant werden, hatte Lindner zuletzt auf den Bundestag verwiesen. In der Bundesregierung ist das sehr umstritten, weil manche fürchten, mittelbar die Schlepper mit deutschem Steuergeld zu unterstützen.

Lindner fährt harten Sparkurs

Grünen-Fraktionsvize Andreas Audretsch hält in jedem Fall mehr Investitionen für nötig. Das bedeute zum einen eine schwierige Prioritätensetzung. Zugleich müsse man aber auch anderswo Geld locker machen, wenn nicht mehr Steuereinnahmen reinkämen. "Etwa durch den Abbau klimaschädlicher Subventionen", schlägt er vor. In den kommenden Jahren müsse die Gesellschaft zudem generell über die Regeln zur Verschuldung sprechen.

Lindner ist die Schuldenbremse heilig. Sie stehe im Grundgesetz, es gebe daher gar keine Chance, sie nicht einzuhalten, betont er. Weil der Finanzminister zugleich Steuererhöhungen ausschließt, hatte der seinen Ministerkollegen bereits im Frühjahr einen harten Sparkurs verordnet.

445,7 Milliarden Euro will die Bundesregierung im kommenden Jahr ausgeben. Die Ampel im Bundestag werde nochmal umschichten und Schwerpunkte setzen, kündigte SPD-Haushälter Dennis Rohde an. Im Blick dabei: Die Wirtschaftslage, die Inflation und das Thema Migration. Die oppositionelle Union fordert - ähnlich wie Lindner - vor allem Investitionsförderung für die Wirtschaft. "Dass Christian Lindner sich dabei in der Ampel durchsetzen kann, ist leider nicht zu erwarten. Er bleibt allein zu Haus", resümiert Fraktionsvize Mathias Middelberg.

Mehr Kreditspielraum durch schlechte Konjunktur

Die schwache Konjunktur könnte den Abgeordneten bei den finalen Haushaltsberatungen ausnahmsweise aber etwas in die Karten spielen. Denn sie erhöht den Spielraum für zusätzliche Schulden um 5,5 Milliarden Euro. Möglich macht das eine Regelung der Schuldenbremse, die dem Bund abhängig von der konjunkturellen Lage doch geringe Kredite erlaubt. Lindner machte diese Hoffnung jedoch direkt zunichte: Das Geld werde von der Entwicklung der Sozialausgaben sofort aufgefressen.