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Keine Erholung im Mai – Neuzulassungen in Deutschland sinken um fast 50 Prozent

Der europäische Automarkt bleibt problematisch. Deutsche Hersteller erwartet ein schwieriges Jahr – auch, weil sie kaum Elektroautos im Angebot haben.

Die Autohersteller hätten ein noch größeres Problem, gäbe es nicht den chinesischen Automarkt: Bis zu zwanzig Minuten warten Kunden derzeit vor den Autohäusern von Audi, BMW und Mercedes, um sich die Nobelkarossen überhaupt anschauen zu können. An manchen Tagen verkaufen die Händler bis zu zehn Autos, berichten chinesische Medien.

Doch während sich der Automarkt in China langsam wieder berappelt, gibt es vor deutschen Autohäusern keine Schlangen. Im Gegenteil: Am Donnerstag hat das Kraftfahrtbundesamt (KBA) die Zulassungszahlen für den Mai veröffentlicht, die das ganze Ausmaß des Nachfrageeinbruchs zeigen.

So sanken die Neuzulassungen im Mai um rund 50 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat auf 168.000 Fahrzeuge. Zusammen mit dem Absturz im April, als die Neuzulassungen um 61 Prozent zurückgingen, sind in Deutschland seit Jahresanfang rund 35 Prozent weniger Fahrzeuge verkauft worden als im Vorjahreszeitraum.

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„Wir sehen jetzt, dass die Wiedereröffnung der Autohäuser Ende April so gut wie keinen positiven Effekt auf die Nachfrage hatte“, sagte Reinhard Zirpel, Präsident des Verbandes der Internationalen Kraftfahrzeughersteller.

So wurden im Mai weniger als 30.000 Fahrzeuge von VW zugelassen. Im Vergleich zum Mai 2019 sind das gut 50 Prozent weniger. BMW hat sogar einen Rückgang von mehr als 60 Prozent erlitten. Bei Audi und Mercedes liegen die Zahlen mehr als 40 Prozent unter dem Vorjahreswert. Etwas besser hingegen schlägt sich Tesla. Im Mai wurden rund 28 Prozent weniger Fahrzeuge des US-Autobauers in Deutschland zugelassen. Allerdings liegt die Gesamtzahl mit 312 deutlich unter den Stückzahlen der deutschen Konkurrenten.

Für diese dürfte sich an der Lage so schnell nichts ändern. Denn das am Mittwoch beschlossene Konjunkturpaket der Bundesregierung sieht keine finanziellen Kaufanreize für Verbrennungsmotoren vor. Damit fällt ein Großteil der renditestarken Fahrzeuge der deutschen Autohersteller durchs Raster der Kaufprämien.

Zwar sind die Autokonzerne im Bereich der Plug-in-Hybride, für die Kaufprämien gelten, mittlerweile etwas besser aufgestellt. Reine Elektrofahrzeuge haben sie hingegen kaum im Angebot. Bei Audi beschränkt es sich bislang auf den SUV E-Tron, Mercedes bietet den EQC an, der allerdings bei den Kunden kaum Anklang findet.

BMW wiederum wird Kunden erst 2021 den elektrischen BMW i4 anbieten. Volkswagen wird die Produktion seines bislang erfolgreichsten Elektrofahrzeugs, des E-Golf, im Laufe des Jahres einstellen, während sich die Auslieferung des ID.3 wegen Software-Problemen verzögert.

Stefan Bratzel, Professor am Center of Automotive Management (CAM) der Fachhochschule Bergisch Gladbach, rechnet mit einem sehr schwierigen Jahr für die Autohersteller. „Die Herausforderung wird sein, dass Angebot von Elektroautos so schnell wie möglich zu erhöhen“, sagt Bratzel. Die Bundesregierung habe der Branche ein klares Signal gegeben. „Die Elektromobilität wird nicht von der Agenda gestrichen. Im Gegenteil: Sie wird sogar noch beschleunigt.“

Bratzel zufolge werde das einen massiven Arbeitsplatzabbau nach sich ziehen. „Bereits vor Corona war klar, dass die Elektromobilität zu einem Abbau von Arbeitsplätzen innerhalb der Autoindustrie führen wird. Wir gehen von Größenordnungen von 15 bis 20 Prozent aus“, sagt der Autoexperte. „Die Prämien werden nun den Übergang zur Elektromobilität und damit auch den Arbeitsplatzabbau beschleunigen.“

Doch nicht nur der deutsche Markt schwächelt. In den stark vom Coronavirus betroffenen Ländern Italien, Spanien, Frankreich und Großbritannien fallen die Zahlen zum Teil noch schlechter aus. Nach desaströsen Einbrüchen im April, in denen die Zulassungszahlen teilweise um über 95 Prozent gesunken waren, erholen sich die Automärkte dort nur sehr langsam.

In Spanien, Frankreich und Italien sank im Mai die Zahl der neuzugelassenen Fahrzeuge zusammengenommen um 55 Prozent. Frankreich und Italien schnitten mit einem Rückgang von knapp 50 Prozent noch etwas besser ab. In Spanien gingen die Verkäufe indes um 73 Prozent zurück. In Großbritannien wurden im Mai gerade einmal etwas mehr als 20.000 Fahrzeuge verkauft – fast 90 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Zuletzt wurden im Mai 1952 so wenige Autos in Großbritannien verkauft.

Weltweite Überkapazitäten

Auch der US-Markt bringt kaum Entlastung. Im Mai sackten die Verkäufe dort um 30 Prozent ab. Hochgerechnet auf das Gesamtjahr dürften 2020 in den USA 12,2 Millionen Fahrzeuge verkauft werden – fast fünf Millionen weniger als 2019.
Kurzfristig bedeuten die niedrigen Zulassungszahlen vor allem geringere Einnahmen für die Autohersteller. Langfristig jedoch mündet die Kaufzurückhaltung in Kapazitätsproblemen. Denn in der Autobranche galt es lange als ausgemacht, dass in den 2020er-Jahren weltweit 100 Millionen Fahrzeuge jährlich verkauft würden. Erste Zweifel an dieser Marke kamen 2019 auf, als die Absatzzahlen erstmals nach etwa zehn Jahren zurückgingen.

Bevor die Corona-Pandemie die Schockstarre in der Autoindustrie auslöste, waren Branchenvertreter daher von stagnierenden Produktionszahlen von rund 90 Millionen Fahrzeugen ausgegangen. Doch nun deuten Prognosen des VDA an, dass in diesem Jahr keine 80 Millionen Fahrzeuge die Produktionshallen verlassen werden.

Autohersteller und Zulieferer allerdings haben ihre Kapazitäten auf jährlich etwa 100 Millionen Autos ausgerichtet. „Die Autoindustrie leidet derzeit unter Überkapazitäten“, sagt Bratzel. „In Europa sind angesichts der jährlichen Absatzzahlen etwa fünf Autowerke überflüssig, die zusammengenommen circa 1,6 Millionen Fahrzeuge produzieren.“

Es geht nicht mehr um Expansionspläne, die Branche hat nun ein Fixkostenproblem. Die neuen Maschinen und das neue Personal werden vermutlich bis 2023 nicht in dem Maße benötigt. So lange könnte es Experten zufolge dauern, bis die Branche wieder auf Vorkrisen-Niveau ist.