Werbung
Deutsche Märkte schließen in 3 Stunden 14 Minuten
  • DAX

    18.052,66
    +135,38 (+0,76%)
     
  • Euro Stoxx 50

    4.978,84
    +39,83 (+0,81%)
     
  • Dow Jones 30

    38.085,80
    -375,12 (-0,98%)
     
  • Gold

    2.357,30
    +14,80 (+0,63%)
     
  • EUR/USD

    1,0719
    -0,0014 (-0,13%)
     
  • Bitcoin EUR

    60.079,18
    +306,61 (+0,51%)
     
  • CMC Crypto 200

    1.385,96
    -10,57 (-0,76%)
     
  • Öl (Brent)

    84,42
    +0,85 (+1,02%)
     
  • MDAX

    26.128,92
    +85,74 (+0,33%)
     
  • TecDAX

    3.299,18
    +32,42 (+0,99%)
     
  • SDAX

    14.255,21
    +259,44 (+1,85%)
     
  • Nikkei 225

    37.934,76
    +306,28 (+0,81%)
     
  • FTSE 100

    8.116,70
    +37,84 (+0,47%)
     
  • CAC 40

    8.044,16
    +27,51 (+0,34%)
     
  • Nasdaq Compositive

    15.611,76
    -100,99 (-0,64%)
     

Freenet greift Kabelanbieter beim Fernsehen an

Waipu.tv - Freenet greift Kabelanbieter beim Fernsehen an

Es sind 12.000 Kilometer Glasfaser in ganz Deutschland, die Christoph Vilanek zuversichtlich stimmen. Auf dieses umfangreiche Netz hat der Freenet-Chef Zugriff, wenn er von diesem Freitag an mehr als 50 TV-Sender in die Haushalte hierzulande überträgt. Schalten die Leute abends den Fernseher ein und schauen das Programm übers , dann ruckelt es nicht selten auf dem Bildschirm: Die Internet-Knoten sind überlastet. Durch die eigenen Leitungen verspricht Vilanek seinen Kunden hingegen ungestörten TV-Genuss.

Besser und billiger als die Konkurrenz von Telekom und Kabelkonzernen soll das neue Fernsehangebot sein, das Freenet an diesem Freitag startete. Ob „Waipu.tv“, so nennt sich das Vorhaben, wirklich eine höhere Qualität liefert, wird die Praxis zeigen. Preislich allerdings ist Freenet mit einem Einstiegstarif von fünf Euro im Monat auf jeden Fall aggressiv unterwegs.

Bei Vodafone, oder Unitymedia müssen die Kunden zum Teil wesentlich mehr hinlegen. Gleichzeitig fordert die Konkurrenz meist Zweijahres-Verträge, „Waipu.tv“ ist hingegen monatlich kündbar. Ähnlich flexibel sind lediglich zwei andere, junge Angreifer: Zattoo oder Magine.

Mit „Waipu.tv“ will Freenet ein ganz neues Geschäftsfeld erobern, das Internet-TV. „Mittel- und langfristig wollen wir da so groß werden wie die Telekom“, sagte Vilanek dem Handelsblatt. Die Bonner zählen gut zweieinhalb Millionen Kunden bei Entertain, ihrem Online-Fernsehen.

WERBUNG

Freenet ist mit dem Vertrieb von Mobilfunkverträgen groß geworden. Inzwischen gehört auch die Elektronik-Kette Gravis dazu. Im ersten Halbjahr erzielte die börsennotierte Firma einen Umsatz von knapp 1,6 Milliarden Euro, knapp vier Prozent mehr als im Vorjahr. Der Gewinn fiel um neun Prozent auf 101 Millionen Euro.


Mit einem Wisch vom Handy auf den Fernseher wechseln

Im Frühjahr hat Freenet für 295 Millionen Euro die Media Broadcast Gruppe gekauft. Das Unternehmen überträgt terrestrisch Radio- und Fernsehprogramme wie das landesweit verfügbare TV-Angebot DVB-T. Darüber hinaus beteiligte sich Freenet mehrheitlich an Exaring. Die junge Münchener Firma hat sich aufs übers spezialisiert und „Waipu.tv“ entwickelt.

Exaring-Chef Christoph Bellmer sieht „Waipu.tv“ technisch weit vor der Konkurrenz. So kommt das Angebot ohne die sonst üblichen sogenannten Set-Top-Boxen aus. Auch die Fernsteuerung des Fernsehers wird überflüssig. Die Konsumenten nutzen stattdessen ihr Smartphone; hier können sie die Sendungen schauen und auch umschalten.

Mit einem Wisch übers Display wechseln die Kunden im Handumdrehen vom Handy auf den Fernseher. Wer will, kann zwei Sendungen parallel auf unterschiedlichen Geräten in verschiedenen Räumen verfolgen. Vom Smartphone aus lassen sich auch bequem und von jedem Ort aus Filme und Serien aufzeichnen. Die Inhalte werden dann auf Rechnern von Exaring gespeichert und lassen sich jederzeit abrufen.

Bis Jahresende soll das TV-Paket von Freenet auf 100 Sender wachsen. Künftig könnten auch Online-Spiele und Virtual-Reality-Anwendungen dazu kommen, erläuterte Bellmer im Gespräch mit dem Handelsblatt.

Wie viele Abonnenten Freenet dieses Jahr noch gewinnen möchte, ließ Vorstandschef Vilanek allerdings offen. Die Verträge würden in mehreren Hundert eigenen Läden sowie im Internet vertrieben. Groß werben will er freilich erst einmal nicht, sollte es am Anfang technische Probleme geben: „Wir müssen erst noch ein bisschen üben.“

KONTEXT

Fragen zum Vectoring

Welche Möglichkeiten hat der Endkunde beim Zugriff auf das schnelle Internet?

Es gibt mehrere Wege: Zum Beispiel mobil über Smartphone und das LTE-Netz, über einen drahtlosen Anschluss an einem Hotspot oder auch über Festnetz-Leitung. Eine weitere Möglichkeit ist der Zugang ins Internet über das Kabelnetz, das in Deutschland durch Vodafone und Unitymedia dominiert wird. Welches Surftempo erreichbar ist, hängt ab vom Grad des Netzausbaus und der von den Betreibern eingesetzten Technik. Seit kurzem bietet die Bundesnetzagentur einen Test, mit dem Geschwindigkeiten im Netz gemessen werden können.

Nach den Breitbandzielen der Bundesregierung soll jeder Verbraucher bis Ende 2018 mit einem Tempo von mindestens 50 Megabit pro Sekunde (MBit/s) im Internet surfen können. Über den Zugang zu einem solchen Anschluss, und zwar über alle Technologien hinweg, verfügten nach Angaben des Bundesministeriums für Verkehr und Infrastruktur Ende 2015 rund 70 Prozent aller Privathaushalte. In ländlichen Regionen aber auch in einigen Stadtgebieten gibt es jedoch weiterhin Schwachstellen und zum Teil auch weiße Flecken.

Was ist Vectoring und warum wird diese Technik eingesetzt?

Beim Vectoring werden die herkömmlichen Kupferkabelnetze kostenschonend für höhere Geschwindigkeiten nachgerüstet. So sollen die Bandbreiten auf 100 MBit pro Sekunde steigen. Mit der Weiterentwicklung Super-Vectoring würden sogar theoretisch 250 MBit/s möglich. Die Telekom muss sich aber sputen, denn die Kabelnetzbetreiber um Vodafone und Co. sind ihr ein Stück voraus und bieten bereits 400 MBit/s.

Es gibt nicht wenige Experten, die beim Vectoring von einer veralteten Technologie sprechen, andere nennen sie eine Brückentechnologie auf dem Weg in die Gigabit-Gesellschaft. Um die Ziele der Bundesregierung beim Breitbandausbau schnell zu erreichen, gilt Vectoring als unverzichtbar. Die Telekom setzt voll auf diese Technik und kombiniert sie mit einem Glasfaserausbau. Ihr Plan: Glasfaser bis zum Kabelverzweiger (graue Schaltkästen am Straßenrand) und dann auf kurzer Strecke über Kupferkabel in die Häuser.

Warum ist Vectoring so umstritten?

Die Telekom hat ihr Netz im Nahbereich an viele Wettbewerber vermietet, die dort ebenfalls schnelle Internetanschlüsse betreiben. An den entscheidenden Hebeln im Netz wie den Kabelverzweigern und Hauptverteilern kann aus technischen Gründen aktuell aber nur ein Unternehmen mit Vectoring andocken und Tempo ins Kupferkabel bringen. Im gegenwärtigen Streit geht es um die Hauptverteiler, deren Nahbereiche mit 5,9 Millionen Endkunden die Telekom beschleunigen will.

Die Bundesnetzagentur hatte geplant, dem Marktführer den Einbau der umstrittenen Technik zu gestatten. Konkurrenten müsse ein Vorleistungsprodukt angeboten werden. Das hatte zu einem Aufschrei der Wettbewerber geführt; das böse Wort von der Re-Monopolisierung machte die Runde. Am Ende wurden die Pläne wieder kassiert. Die Wettbewerber sehen zudem mit dem Vectoring der Telekom ihre Investitionen in den Glasfaserausbau gefährdet.

Ist das Verlegen von Glasfasernetzen eine Alternative?

Eindeutig ja. Auf lange Sicht können nur Glasfasernetze, die ins Gebäude und Wohnungen der Endkunden reichen, das gewaltige Wachstum der Datenströme bewältigen. Die Breitbandziele der Bundesregierung reichten nicht aus, sagen die Wettbewerber, schon heute sollten die Rahmendaten für Gigabit-Netze geschaffen werden. Diese Supernetze werden benötigt, wenn Landwirte in der Cloud mähen und über ein modernes Farmmanagement ihre Höfe steuern, wenn Autos autonom fahren und Fernsehen nur noch in Ultra HD-8k gesehen wird.