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Frankreich geht auf Distanz zu Huawei

Scharfe Auflagen zwingen die Telekommunikationsunternehmen zum Verzicht auf chinesische Technik. Fraglich ist, wie Deutschland nun reagieren wird.

Höflich und formvollendet, aber unmissverständlich: So lässt sich die französische Behandlung des chinesischen Telekommunikationsausrüsters Huawei beim Aufbau des Echtzeitmobilfunks 5G charakterisieren. Es ist ein Rauswurf.

Wie Unternehmenskreise der Branche dem Handelsblatt bestätigen, wird der ebenso mächtige wie umstrittene chinesische Anbieter de facto vom französischen Netz ausgeschlossen. „Die Entscheidung ist mit feiner Nadel genäht, aber sie stellt einen Ausschluss von Huawei dar“, sagt eine Quelle aus der Branche.

Frankreich hatte 2019 beschlossen, dass alle Netzbetreiber für die 5G-Technik eine Genehmigung der Behörde für Informationssicherheit (ANSSI) benötigen, die dem Generalsekretariat für Verteidigung und nationale Sicherheit angeschlossen ist und dem Premierminister untersteht. Einen generellen Ausschluss von Huawei hatte die Regierung erwogen, dann aber verworfen.

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Im Laufe der letzten Wochen zog sie dann die Schrauben an. Zunächst machte Wirtschafts- und Finanzminister Bruno Le Maire klar, dass bestimmte Gebiete für Chinas Vorzeigekonzern nicht infrage kommen: Keine Ausstattung von Regionen in denen Einrichtungen bestehen, die für die nationale Sicherheit wichtig sind, Verbot für bestimmte Städte, kein Material für das Kernnetz und genereller Platzverweis in der Ile de France, dem wirtschaftlichen und politischen Herz des Landes mit der Stadt Paris.

Den letzten Schlag versetzte nun ANSSI den Chinesen, mit den Genehmigungen für die Anbieter. Eine Stellungnahme wollte Huawei auf Handelsblatt-Anfrage hin nicht abgeben.

Ausschluss in Großbritannien

Besonders stark auf Huawei-Technik greifen SFR/Altice und Bouygues Télécom zurück. Der Ex-Monopolist Orange und das Unternehmen Free, dessen Netz noch im Ausbau ist, weniger. „Die Genehmigungen gelten teils für drei, teils für fünf und teils für acht Jahre, in jedem Fall zu kurz, um ein solches Investment amortisieren zu können“, sagt eine Branchenquelle.

Für Ericsson und Nokia gälten zwar formal ähnliche Konditionen, doch sei bei denen klar, dass sie nach Ablauf der Frist verlängern würden und ohnehin nicht den Restriktionen unterliegen, die für Chinas Ausrüster gelten.
Damit sei Huawei raus aus Frankreichs 5G-Netz: Und mehr: Weil die 5G-Technologie der europäischen Anbieter, auf die nun wohl zurückgegriffen werden muss, nicht kompatibel ist mit der bestehenden von Huawei, müsse auch da Ersatz beschafft werden, sagen Insider. Die Kosten dafür sind allerdings wohl nicht so gewaltig, wie teilweise befürchtet wird.

Großbritannien hatte sich vergangene Woche für den Ausschluss von Huawei beim 5G-Mobilfunk entschieden. Im Vorfeld hatten die Netzbetreiber im Land gewarnt, der Schritt könnte zu zusätzlichen Kosten in Höhe von zwei Milliarden Pfund (2,2 Milliarden Euro) sowie mehrjährigen Verzögerungen beim Netzausbau führen. Vor Investoren revidierte der Netzbetreiber BT die erwarteten Kosten wenige Stunden nach Bekanntgabe des Verbotes nach unten.

Im Januar hatte Großbritannien einen maximalen Anteil von Huawei-Ausrüstung von 35 Prozent im 5G-Funknetz festgesetzt. Damals hatte BT die dadurch entstehenden Mehrkosten mit 500 Millionen Pfund (550 Millionen Euro) beziffert. Dieser Wert bleibe auch durch den Komplettausschluss gleich, erläuterte BT gegenüber den Investoren.

ANSSI wollte gegenüber dem Handelsblatt zu der Entscheidung keine Stellungnahme abgeben und verwies auf ein Interview des Behördenchefs Guillaume Poupard mit der Wirtschaftszeitung „Les Échos“. Darin sagte Poupard: „Wir müssen Sicherheitsfragen berücksichtigen, die Zwänge der Telekommunikations-Operateure, aber auch dazu in der Lage sein, Nein zu sagen: Allein wird der Markt keine Lösung wählen, die unsere Souveränität schützt.“ Frankreich betreibe „weder Huawei-Bashing noch antichinesischen Rassismus, aber das Risiko ist nicht dasselbe wie bei europäischen Ausrüstern“.

So elegant der De-facto-Ausschluss auch daherkommt, er dürfte die Spannungen verschärfen, die seit Wochen zwischen Paris und Peking bestehen. So hatte Außenminister Jean-Yves Le Drian das neue Sicherheitsgesetz für Hongkong kritisiert. Anschließend hatte Paris die Zahl chinesischer Flüge nach Frankreich reduziert, um mit einer bestehenden chinesischen Restriktion gleichzuziehen.

Wie reagiert Berlin?

Peking warnte, die französische Kritik werde Folgen haben. Doch am Mittwoch gestand Chinas Vizepremier Hu Chunhua den französischen Unternehmen Axa und BNP Paribas wichtige Verbesserungen des Marktzugangs zu.

Die Frage ist, wie nach der Positionierung der Briten und der Franzosen nun die Bundesregierung reagieren wird. In Deutschland wird seit Monaten darum gestritten, welche Rolle Huawei beim Ausbau des Echtzeitmobilfunks 5G spielen soll.

Die SPD-geführten Außen- und Justiz-Ministerien sprechen sich für strenge Vorgaben aus, die auf einen Ausschluss von Huawei hinauslaufen könnten. Das fordern auch die SPD-Fraktion und die Huawei-Gegner in der Union. Das Wirtschaftsministerium und das Kanzleramt favorisieren hingegen strengere Sicherheitsvorschriften für alle Anbieter und wollen keine Firma von vornherein ausschließen.
Die deutschen Netzbetreiber sind alle von Huawei abhängig. Der chinesische Ausrüster kommt bei den Komponenten der Funknetze auf einen so großen Marktanteil wie die europäischen Rivalen Ericsson und Nokia zusammen.

Ein Ausschluss oder eine Begrenzung von Huawei würde die Netzbetreiber Deutsche Telekom, Vodafone und Telefónica härter treffen als die Anbieter in Frankreich.

Mehr: Der Bund darf künftig Gigabit-Netze fördern.