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Füllstand der Gasspeicher steigt über 97,5 Prozent – der milde Oktober verbessert die Aussichten für den Winter

Das Bundeswirtschaftsministerium versucht seit Monaten, alternative Gas-Quellen aufzutun – wie hier LNG per Schiff importiert –, um weggefallene russische Lieferungen zu ersetze - Copyright: Picture Alliance
Das Bundeswirtschaftsministerium versucht seit Monaten, alternative Gas-Quellen aufzutun – wie hier LNG per Schiff importiert –, um weggefallene russische Lieferungen zu ersetze - Copyright: Picture Alliance

Der Füllstand der Gasspeicher in Deutschland ist auf 97,53 Prozent gestiegen. Damit ist die Vorgabe für den 1. November insgesamt bereits deutlich übertroffen. Das ergeben die Daten des Speicherverbandes Gas Infrastrucutre Europe (GIE).

Begünstigt durch das milde Oktober-Wetter wird weiter kräftig Gas eingespeichert. Am Montag stieg der Füllstand 0,35 Prozentpunkte. Platz ist vor allem noch im größten deutschen Speicher im niedersächsischen Rehden. Hier stieg der Füllstand am Sonntag erneut kräftig um 0,44 Prozentpunkte auf nun 88,87 Prozent. Viele andere Speicher sind mittlerweile komplett oder so gut wie voll.

Gleichzeitig entwickelt sich auch der Gasverbrauch in Deutschland positiv. Nach neuen Daten der Bundesnetzagentur lag der gesamte Verbrauch zuletzt um 27 Prozent unter dem Mittelwert der letzten vier Jahre. Haushalte und kleineren Firmen verbrauchten sogar 31 Prozent weniger Gas. Die Netzagentur hat als Ziel ausgegeben, mindestens 20 Prozent zu sparen, um die Chance erhöhen, ohne Gasmangel durch den Winter zu kommen.

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Die positive Entwicklung ist neben Sparanstrengungen von Firmen und Verbrauchern auf das warme Wetter zurückzuführen. 11,1 Grad war die Durchschnittstemperatur in der 41. Kalenderwoche in den Jahren 2018 bis 2021. In der vergangenen Woche waren es aber 12,1 Grad. Je wärmer, desto besser: Dann fällt es den Menschen leichter, weniger oder gar nicht zu heizen.

Russland liefert seit September kein Gas mehr durch die wichtigste Pipeline Nord Stream 1 nach Deutschland. Dafür kaufen die Gasunternehmen und die Bundesregierung mehr Gas aus anderen Ländern wie Norwegen. Seit der vergangenen Woche kommt auch Gas aus Frankreich nach Deutschland. Im Gegenzug liefert Deutschland Strom an Frankreich.

Grund für eine Entwarnung ist der Erfolg der Bevorratung noch nicht. Stand jetzt ist es immer noch eher wahrscheinlich, dass es in Deutschland im Laufe des Winters zu einem Gasmangel kommt und Gas dann von der Netzagentur rationiert, also zugeteilt werden muss. Bei vollen Speichern reicht dieses gespeicherte Gas allein - je nach Wetter - für zwei bis zweieinhalb Monate. Entscheidend bleibt neben der Beschaffung von Gas als Alternative zu Russland vor allem das Sparen.

Haushalte und kleinere Gewerbekunden sind in Deutschland für rund 40 Prozent des Gasverbrauchs verantwortlich. Die übrigen 60 Prozent entfallen auf große Industriekunden. Die Haushalte und auch viele Unternehmen wiederum verbrauchen den Großteil des Gases in der Heizperiode zwischen Oktober und April.

Die Netzagentur entscheidet im Falle eines Engpasses über die Rationierung von Gas. Dabei gibt es eine Reihenfolge, nach der zuerst viele Unternehmen von Einschränkungen betroffen wären. Das soll helfen, kritische Infrastruktur und private Haushalte vor Einschränkungen zu schützen.

Die führenden deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute warnen in einem Risikoszenario, dass Deutschland im Falle von Gas-Rationierungen die tiefste und längste Wirtschaftskrise seit dem Zweiten Weltkrieg drohe.

Auch ohne Nachschub aus Russland ist der aktuelle Füllstand der Gasspeicher höher als im langjährigen Durchschnitt zu dieser Zeit des Jahres. Das zeigt diese Grafik.

Ökonomen der Deutschen Bank halten eine Einsparung von 20 Prozent zum Vorjahr für wenig wahrscheinlich, denn der Winter 2021/22 sei bereits sehr milde gewesen. Und selbst wenn Unternehmen und Haushalte 20 Prozent sparten, würden volle Gasspeicher nur bis Ende März 2023 reichen, also nicht einmal bis zum Ende der Heizperiode, schreiben Erik Heymann und Marion Mühlberger von DB Research.

Die Gasspeicher vor dem Winter 2023/24 dann wieder zu füllen, werde ohne russisches Gas aus der Pipeline Nord Stream 1 anspruchsvoll und vor allem teuer. "Eine spürbare Erleichterung bei den Preisen ist nicht in Sicht", schrieben die Ökonomen Anfang September. Für das kommende Jahr erwartet DB Research eine tiefe Rezession mit einem Rückgang der Wirtschaftsleistung um drei bis vier Prozent.

Das größte Risiko für die Gasversorgung in Deutschland sei ein kalter Winter, schreiben Heymann und Mühlberger. Würden statt 20 Prozent nur zehn oder 15 Prozent Gas gespart, dürften die Speicher bereits im Februar oder frühen im März leer sein.

DB Research hat ein eigenes Modell zur Prognose der Gasversorgung in Deutschland aufgesetzt, das laufend aktualisiert wird. Die Ökonomen rechnen wie Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) nicht damit, dass Russland die Gaslieferung durch Nord Stream 1 wieder aufnimmt. Sie weisen zudem darauf hin, dass die Modellrechnungen auch stark davon abhängen, welcher Anteil des Gases, das über Pipelines in Deutschland ankommt, in Deutschland bleibt und welcher Anteil in Nachbarländer weitergeleitet wird. Hierzu gibt es bisher keine verlässlichen Annahmen.