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EZB entdeckt ausufernde Gewinne als größten Inflationstreiber

(Bloomberg) -- Die Europäische Zentralbank hat einen Inflationstreiber identifiziert, der sich als weitaus stärker erweist als die routinemäßig von der Politik verantwortlich gemachte Lohn-Preis-Spirale.

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Bei den Auftritten der EZB-Ratsmitglieder in diesem Monat wurde mit Blick auf die Inflation zunehmend auf die Bedeutung der steigenden Unternehmensgewinne verwiesen. Notenbankchefin Christine Lagarde warnte vor einer Dynamik des “gegenseitigen Hochschaukelns”, bei der steigende Gewinnmargen der Unternehmen die Löhne und Preise immer weiter in die Höhe treiben.

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Während die Notenbanker signalisieren, dass sie sich allmählich dem Ende des Zinserhöhungszyklus nähern, droht die sogenannte “Gierflation” die Bemühungen zur Eindämmung der Teuerung zu erschweren. Damit könnten die Währungshüter gezwungen werden, mehr zu tun, um die Inflation auf den Zielwert von 2% zu drücken.

“Es besteht eindeutig das Risiko, dass der Inflationsrückgang aufgrund steigender Gewinnmargen der Unternehmen langsamer ausfallen könnte als bisher angenommen”, sagt Piet Christiansen, Chefstratege der Danske Bank in Kopenhagen.

Unternehmen neigten dazu, ihre Preise schneller zu erhöhen, um höhere Inputkosten auszugleichen, als sie zu senken, wenn ihre Ausgaben zurückgehen. Dadurch könnten sie länger höhere Margen erzielen. “Für die EZB ist diese Dynamik sehr schwer zu kontrollieren”, so Christiansen.

Die Margenexpansion wird in diesem Jahr nicht so schnell sein wie im Jahr 2023. Dennoch wäre “jede Art von Konflikt zwischen Löhnen, Gewinnen und dem öffentlichen Sektor äußerst schädlich für die Zukunft und könnte eine Reaktion der EZB in Bezug auf unsere Geldpolitik hervorrufen”, sagte Vizepräsident Luis de Guindos am Mittwoch.

Laut Maeva Cousin von Bloomberg Economics waren die Unternehmensgewinne seit Anfang 2021 ein größerer Treiber für Preissteigerungen als die Arbeitskosten. Sie rechnet vor, dass Ende letzten Jahres mehr als zwei Drittel der Inflation auf die steigenden Gewinne zurückzuführen waren.

Die EZB hat die Ausweitung der Gewinnspannen erst in den letzten Monaten als eindeutiges Problem erkannt und es erst auf der März-Sitzung wirklich in den Vordergrund gerückt. Die weit über den Zielwert ausgeuferte Inflation hatte ihr bereits breite Kritik eingetragen, auf die beginnenden Preisanstieg nach der Rezession zu zögerlich reagiert zu haben.

“Viele Unternehmen waren in der Lage, ihre Gewinnspannen in Sektoren zu erhöhen, die mit einem begrenzten Angebot und einer wiederauflebenden Nachfrage konfrontiert waren”, erklärte Chefvolkswirt Philip Lane seinen Kollegen. Er argumentierte, dass “die Löhne in den letzten zwei Jahren nur einen begrenzten Einfluss auf die Inflation hatten und der Gewinnanstieg wesentlich dynamischer war.”

In Lettland, wo die Inflation zu den höchsten in der Eurozone mit 20 Ländern gehört, erhöhen einige Unternehmen die Preise, “nur weil sie es können”, wie der Zentralbankchef Martins Kazaks anmerkte.

“Das ist der Grund, warum der EZB-Rat die Zinsen weiterhin erhöht in einer Situation, in der der harmonisierte Verbraucherpreisindex unter dem Einfluss des Rückgangs der globalen Energiepreise zu sinken beginnt”, führte Kazaks aus.

Nach seiner Einschätzung können auch die Käufer ihren Teil dazu beitragen. Kazaks riet ihnen, bei ihren Einkäufen wählerischer zu sein und nach besseren Angeboten zu suchen.

Einige seiner Kollegen indessen spielen die Gefahr herunter. Der kroatische Wirtschaftsminister Boris Vujcic sagte letzte Woche, schwächeres Wirtschaftswachstum werde den Unternehmen die Möglichkeit nehmen, die Preise weiter anzuheben.

Einen Tag zuvor hatte EZB-Direktoriumsmitglied Isabel Schnabel eingeräumt, dass die EZB “den Gewinnen nicht genug Aufmerksamkeit geschenkt hat”. Sie könnten wohl aber nicht dieselbe gefürchtete Spirale in Gang setzen wie die Löhne, fügte sie hinzu.

“Bei den Gewinnen gibt es eine stärkere Selbstkorrektur, weil die Menschen diese höheren Preise irgendwie bezahlen müssen”, so Schnabel. “Ich glaube nicht, dass man das kontinuierlich in die Zukunft extrapolieren kann, aber man muss es beobachten, und wir beobachten es genauer als früher.”

Am 4. Mai könnte die EZB ihre jüngstes Straffungstempo senken und den Einlagensatz um lediglich einen Viertelprozentpunkt auf 3,25% anheben. Zum Jahresende sehen die Währungshüter die Inflation auf 2,8% zurückgehen, von mehr als 9% am Jahresanfang. Im zweiten Halbjahr 2025 rechnen sie damit, dass die Teuerung unter den 2%-Zielwert sinkt.

Da jedoch sowohl Unternehmen als auch Verbraucher versuchen, sich gegen Kostenanstiege abzusichern, warnt der EZB-Generaldirektor für Wirtschaft und Analyse, Oscar Arce, indessen vor einer Preisspirale. “Die sich gegenseitig verstärkende Rückkopplung zwischen höheren Gewinnmargen, höheren Nominallöhnen und höheren Preisen birgt das Risiko starker Zweitrundeneffekte”, schrieben seine Kollegen und er in einem Blogbeitrag.

Überschrift des Artikels im Original:ECB Wakes Up to Profits as Key Culprit in Inflation Struggle

--Mit Hilfe von Jan Bratanic und Alexander Weber.

©2023 Bloomberg L.P.