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Das Endspiel des linearen Fernsehens hat begonnen

Mucksmäuschenstill war es im Saal der deutsch-österreichisch-italienischen Filmkonferenz Incontri, als Klaus Böhm, der frühere RTL- und Vodafone-Manager und langjährige Medienexperte der Unternehmensberatung Deloitte, seine vier Szenarien zur Zukunft der Fernsehindustrie in kurzen Filmen präsentierte. Die Botschaft, die der Düsseldorfer für die TV-Manager, Filmproduzenten und Verleiher aus Deutschland, Österreich und Italien mitgebracht hatte, war dramatisch und schockierend zugleich.

In seinem Szenario eines universellen Fernsehmarktes nämlich sind die TV-Sendergruppen, aber auch die Mediaagenturen verschwunden. Amazon, Netflix, Apple, Disney & Co. haben den gesamten Fernsehmarkt erobert. Alle Stufen der Verwertungskette – von der Produktion bis zum Vertrieb auf allen Plattformen – sind in ihrer Hand.

Und sie herrschen allein über die direkten Kundenbeziehungen und damit über die Daten. Mit ihren Produktionen nehmen sie sogar auf lokale und regionale Geschmäcker Rücksicht. Die Wettbewerbshüter waren in diesem Szenario zu schwach, dass Oligopol aus den USA noch zu stoppen.

Die vom Deloitte-Experten Böhm verkündete Horrorvision, mit der er seit Monaten durch Deutschland und dem benachbarten Ausland zieht, besitzt ein festes faktisches Fundament. Denn Netflix expandiert in Siebenmeilenstiefeln rund um den Globus.

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Schon heute hat die Onlineplattform mehr als 140 Millionen Abonnenten, Tendenz stark steigend. Allein im vergangenen Jahr investierte das kalifornische Unternehmen zwölf Milliarden Dollar in eigene Produktionen.

Und das ist noch lange nicht das Ende. OTT-Plattformen wie Netflix sprießen weiter wie Pilze aus dem Boden. Am 25. März wird Apple seinen mit Spannung erwarteten Streamingdienst präsentieren. Im zweiten Halbjahr will der Mediengigant Disney und Warner – mittlerweile im Besitz des Telekomriesen AT & T – mit Konkurrenzangeboten um Abonnenten buhlen.

Aber auch die Fernsehkonzerne wehren sich mit Händen und Füßen gegen die amerikanische Konkurrenz. Pro Sieben Sat. 1 hat sich mit Discovery für eine senderübergreifende Digitalplattform verbündet. Die Bertelsmann-Tochter RTL Group, Europas größter Fernsehkonzern, setzt ganz auf die eigenen Kräfte.

Erst vergangene Woche verkündete der niederländische CEO Bert Habits bei der Vorlage der durchwachsenen Jahresbilanz in den nächsten drei Jahren die stolze Summe von mindestens 350 Millionen Euro in Streamingdienste investieren zu wollen. Davon sollen mindestens 300 Millionen Euro in eigene Serien und Filme fließen.

Für die mit Werbung finanzierten Privatsender wird es durch das veränderte Medienverhalten zunehmend enger. „In Deutschland ging der tägliche Fernsehkonsum der Zuschauer unter 25 Jahren um 15 Prozent in einem Jahr zurück“, resümiert Böhm auf der von der Südtiroler Filmförderung IDM organisierten Konferenz in Schenna (Südtirol).

Ein Ende der Abkehr vom linearen Fernsehen bei den jungen Zielgruppen ist nicht zu erkennen. Damit wächst von Jahr zu Jahr das strategische Zukunftsproblem für RTL und Pro Sieben Sat. 1, die noch immer ihren Hauptumsatz aus dem Werbegeschäft mit ihren linearen Sendern machen.

Doch es gibt auch ein Gegenmodell, das Böhm den Medienmachern präsentiert: das Szenario der Vielfalt der Plattformen und der Inhalte. In dieser digitalen Kommunikationswelt gibt es eine Vielfalt an Inhalten, an unterschiedlichen Allianzen zwischen Produzenten, Sendern, Streamingdiensten und Telekomunternehmen. Kein Marktteilnehmer dominiert das Geschäft.

Der Verbraucher hat daher eine große Auswahl an Plattformen. Am Ende stünde ein lebendiger, dynamischer Markt mit einer klaren Unterscheidung zwischen Produzenten und Vertrieb. Die Regulierungsbehörden achten mit Argusaugen auf den Erhalt der Vielfalt. Schöne heile Medienzukunft?

Auf der Filmkonferenz Incontri wollte an diesem Traum jedenfalls niemand glauben. Denn die Realität sieht nicht nur in Deutschland, Österreich und Italien längst ganz anders aus. Netflix, Amazon & Co. drohen für die Fernsehsender zur Killerapplikation zu werden. Das Endspiel um das Fernsehen hat längst begonnen.