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Donald Trump hat die Rückendeckung durch die Wall Street verspielt

Lange Zeit haben Investoren von Trumps Politik profitiert. Doch jetzt sehnen sie sich nach mehr Berechenbarkeit – und fürchten das „Chaos-Risiko“ bei knappem Wahlausgang.

Die Finanzbranche setzt auf Konjunkturhilfen der Demokraten - und nimmt Steuererhöhungen ab 2022 in Kauf. Foto: dpa
Die Finanzbranche setzt auf Konjunkturhilfen der Demokraten - und nimmt Steuererhöhungen ab 2022 in Kauf. Foto: dpa

US-Präsident Donald Trump versucht, den Wählern seit Wochen eine Botschaft einzubläuen: „Wenn Joe Biden gewinnt, dann werden die Aktienmärkte einbrechen.“ Doch an der Wall Street stößt Trump mit solchen Warnungen auf immer mehr taube Ohren. Biden konnte seinen Vorsprung in den Umfragen seit der ersten Fernsehdebatte der beiden Kandidaten noch einmal ausbauen.

Auch konnte der Demokrat bei den Wahlkampfspenden sowohl im August als auch im September Rekorde aufstellen. Das gibt ihm genügend finanziellen Spielraum, um mehr Wahlkampfspots als Trump zu schalten.

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Anders als bei früheren Wahlen hat die Wall Street diesmal einen klaren Favoriten: Joe Biden. Trump hat die Rückendeckung durch die Wall Street verspielt. Sein desaströses Krisenmanagement missfällt vielen Bankern schon seit Monaten, weil sie langfristige Schäden für die Wirtschaft und damit für ihre Bilanzen fürchten.

Lange Zeit haben Investoren von Trumps Politik profitiert und auf weitere Steuersenkungen und Deregulierung gesetzt. Doch nach immer neuem Chaos um das geplante Konjunkturpaket, der Corona-Infektionen in der Regierung und dem Risiko einer angefochtenen Wahl scheint mittlerweile ein deutlicher Wahlsieg Bidens das beste Szenario für die Märkte.

Dabei hat Biden angekündet, die Körperschaftsteuern wieder anzuheben und auch wohlhabende Amerikaner stärker zur Kasse zu bitten. Deshalb hatte die Finanzbranche lange Zeit einen deutlichen Wahlsieg der Demokraten skeptisch gesehen. Im August war daher das präferierte Szenario noch: ein Sieg Bidens, jedoch eine republikanische Mehrheit im Senat. Damit wäre es praktisch unmöglich geworden, Steuererhöhungen durchzusetzen. Die Wall Street hätte das Beste aus beiden Welten bekommen.

Nach den chaotischen Tagen rund um Trumps Corona-Infektion ist die präferierte Option in der Finanzwelt nun aber ein deutlicher Wahlsieg der Demokraten. Als „blaue Welle“ wird das Szenario bezeichnet, in dem die Demokraten sowohl ins Weiße Haus einziehen als auch die Mehrheit im Senat übernehmen – und die im Repräsentantenhaus weiter behalten.

Trump war 2016 seinerseits mit einer „roten Welle“ ins Weiße Haus eingezogen, die Republikaner verloren jedoch bei den Zwischenwahlen zwei Jahre später die Mehrheit im Repräsentantenhaus.

Stabilität geht vor

Nun findet die blaue Welle überraschend viele Befürworter an den Finanzmärkten. Neben der Infektion des Präsidenten und rund einem Dutzend seiner Mitarbeiter sehen viele auch das Hin und Her um ein neues Konjunkturpaket, über das Trump in Gänze erst nach der Wahl am 3. November verhandeln will, als deutliches Warnzeichen. Statt weitere vier Jahre unter einem erratischen Präsidenten sehnen sich viele Anleger nach mehr Stabilität aus Washington.

Biden steht in ihren Augen für neue Wirtschaftshilfen. „Die Bedenken, dass es unter einer demokratischen Führung höhere Steuern und mehr Regulierung geben wird, bleiben weiter bestehen. Aber sie stehen nicht mehr an erster Stelle“, gibt Jason Draho, Investmentstratege der UBS, zu bedenken. Stattdessen erwarten Anleger, dass unter den Demokraten „die fiskalen Schleusen in 2021 weit aufgemacht werden“.

Goldman Sachs und andere Institute würden in ihre Modelle schon einmal ein „sehr großes Konjunkturpaket“ einpreisen, weil die Wahrscheinlichkeit für eine blaue Welle in den vergangenen Tagen deutlich gestiegen sei, sagte David Kostin, Goldmans Chefstratege, am Dienstag im US-Börsensender CNBC. Frisches Geld vom Staat würde den Umsatz und die Gewinne der Unternehmen stützen.

Und schon wird darüber spekuliert, wann eine Regierung Biden die geplanten Steuererhöhungen verabschieden würde. Kostin geht davon aus, dass die Steuern erst in den Jahren 2022 und 2023 langsam erhöht würden, um die vom Coronavirus gebeutelte Wirtschaft im kommenden Jahr nicht unnötig zu belasten.

Das wäre für die Märkte kurzfristig betrachtet ein deutliches Plus. Der Chef der US-Notenbank Fed, Jay Powell, warnte Anfang der Woche noch vor den Folgen ausbleibender Hilfen. Es sei viel gefährlicher, zu wenig zu tun als zu viel, betonte er.

Wirtschaftswachstum trotz Steuererhöhung

Die UBS geht davon aus, dass eine blaue Welle für die Märkte insgesamt neutral wäre. Die Wirtschaft würde sich nach Meinung vieler Ökonomen unter einer Biden-Regierung deutlich schneller erholen. Vor allem, weil Biden für höhere Staatsausgaben steht, aber auch eine neue Gesundheitsreform angehen will und mit einem deutlich stärkeren Fokus auf Maskenpflicht und Abstandsregeln die Pandemie schneller in den Griff bekommen könnte.

Mark Vaselkiv, Investmentchef von T. Rowe Price geht nicht davon aus, dass die Steuererhöhungen die wirtschaftliche Erholung bremsen würden. Auch die demokratischen Präsidenten Bill Clinton und Barack Obama hätten die Steuern erhöht, was weder die Gewinne der Unternehmen noch das breitere Wirtschaftswachstum beeinträchtig hätte.

Zudem würde ein deutlicher Wahlsieg der Demokraten das Risiko einer angefochtenen Wahl deutlich minimieren. Strategen der Investmentbank Jeffries sprechen vom „Chaos-Risiko“, das bei einem knappen Wahlausgang auf den Märkten lasten würde. Trump hat sich seither immer geweigert zu sagen, ob er eine Wahlniederlage akzeptieren würde.

Doch es bleibt weiterhin unwahrscheinlich, dass der Sieger schon in der Wahlnacht feststehen wird, wie das eigentlich der Fall ist. In einigen wahlentscheidenden Bundesstaaten liegen Biden und Trump Kopf an Kopf. Da in diesem Jahr so viele Amerikaner wie noch nie via Briefwahl wählen, wird es Beobachtern zufolge in einigen Staaten schlicht nicht möglich sein, in der Wahlnacht einen Gewinner zu erklären.

Die Auszählung könnte Tage oder sogar Wochen dauern. Das ist auch für die Finanzmärkte eine neue Situation. Viele Anleger sind auf eine deutlich höhere Phase der Volatilität um den Wahltag eingestellt, wie der Volatilitätsindex der Chicagoer Optionsbörse CBOE zeigt.