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Erste deutsche Rezession seit Corona - Konsumbremse Teuerung

(Bloomberg) -- Deutschland ist nun doch in eine Winterrezession geschlittert — die erste seit der Pandemie im Jahr 2020. Die Hoffnung, diesem Schicksal trotz Krieg in der Ukraine und Energiekrise zu entgehen, wurde enttäuscht.

Weitere Artikel von Bloomberg auf Deutsch:

Die Wirtschaftsleistung schrumpfte im ersten Quartal um 0,3% im Vergleich zu den vorangegangenen drei Monaten, nachdem sie zwischen Oktober und Dezember bereits um 0,5% gesunken war, teilte das Statistische Bundesamt am Donnerstag mit. Die Schnellschätzung war für das erste Quartal nur von Stagnation ausgegangen.

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“Die Kaufzurückhaltung der privaten Haushalte zeigte sich in verschiedenen Bereichen”, erklärte das Amt. “Sowohl für Nahrungsmittel und Getränke als auch für Bekleidung und Schuhe sowie für Einrichtungsgegenstände gaben die privaten Haushalte weniger aus als im Vorquartal”. Sie kauften auch weniger Elektroautos, da die Förderung reduziert wurde.

Einem Rückgang der Staatsausgaben stand ein Anstieg der Investitionen gegenüber. Dabei spielte der Bausektor dank des ungewöhnlich warmen Wetters eine wichtige Rolle.

Das Ergebnis ist ein herber Rückschlag für das Land, das zwar den düstersten Wirtschaftsszenarien nach der russischen Invasion in der Ukraine entkommen ist, aber die Rezession doch nicht vermeiden konnte, wie Bundeskanzler Olaf Scholz noch im Januar gehofft hatte.

Die Märkte haben die Zahlen vom Donnerstag allerdings nur mit einem Achselzucken zur Kenntnis genommen — trotz ihrer Auswirkungen auf die weitere Entwicklung der Eurozone.

Das sagt Bloomberg Economics:

“Das Ausmaß der Abwärtskorrektur der deutschen BIP-Daten bedeutet, dass das Wachstum der Eurozone im ersten Quartal wahrscheinlich niedriger ausfallen wird. Unter sonst gleichen Bedingungen würde dies darauf hindeuten, dass die Wirtschaft der Region zu Beginn des Jahres 2023 stagniert, aber andere Abwärtskorrekturen könnten die Rundung durchaus kippen und die Region in eine technische Rezession führen.”

—Maeva Cousin und Niraj Shah

In den Berichten von Unternehmen wie Zalando hatte sich die nachlassende Verbraucherstimmung bereits angekündigt. Der Modehändler verzeichnete im ersten Quartal wegen der sinkenden Nachfrage höhere Lagerbestände. Inländische Autobestellungen gingen laut den Herstellern zwischen Januar und April um rund ein Drittel zurück.

Auch das verarbeitende Gewerbe ist ein Problem. Ein sich verschärfender Abschwung stellt hier die von vielen für die kommende Zeit erwartete Trendwende in Frage.

Die Schwäche der Industrie lastet auf den Geschäftsaussichten — der Erwartungsindex des Ifo-Instituts ist im Mai zum ersten Mal seit acht Monaten gesunken, während eine Umfrage der Lobbygruppe DIHK auf eine Stagnation des BIP im Jahr 2023 hindeutet.

“Die Frühindikatoren lassen erwarten, dass es im zweiten Quartal ähnlich schwach weitergeht”, meint Jens-Oliver Niklasch, Senior Economist bei der LBBW. “Im Grunde eine erwartbare Stabilisierungsrezession nach den Zinserhöhungen der EZB.”

Die Bundesbank verbreitete in ihrem Monatsbericht erst gestern etwas Optimismus und mutmaßte, dass die Wirtschaft im laufenden Quartal “leicht” wachsen könnte, da große Auftragsbestände, eine Lockerung von Lieferengpässen und niedrigere Energiekosten die Hersteller unterstützen.

Aber die Nachfrage nach Gütern bricht ein, da die Verbraucher angesichts der hohen Inflation lieber in Freizeit und Reisen investieren. Dadurch wird das Wirtschaftswachstum immer ungleichmäßiger.

Für die Volkswirte der Commerzbank ist eine Rezession in der zweiten Jahreshälfte wahrscheinlicher als ein Aufschwung, wie ihn die meisten ihrer Kollegen weiterhin prognostizieren.

Die Inflation ist nicht hilfreich: Sie liegt immer noch bei über 7% und es wird nicht erwartet, dass sie schnell zurückgeht, da steigende Löhne einen starken Druck ausüben, so die Bundesbank.

Die Bemühungen der Europäischen Zentralbank, den Preisanstieg wieder auf ihr Ziel von 2% zu bringen, könnten die Nachfrage weiter dämpfen. Bankkredite werden bereits teurer und die Zinserhöhungen sind noch nicht abgeschlossen, so dass die Gefahr besteht, dass das Wachstum noch stärker gebremst wird.

“Der Optimismus zu Beginn des Jahres scheint einem stärkeren Realitätssinn gewichen zu sein”, so ING-Ökonom Carsten Brzeski in einerersten Analyse. “Ein Rückgang der Kaufkraft, ausgedünnte Auftragsbücher in der Industrie sowie die Auswirkungen der aggressivsten geldpolitischen Straffung seit Jahrzehnten und die erwartete Verlangsamung der US-Wirtschaft sprechen für eine schwache Wirtschaftstätigkeit.”

Überschrift des Artikels im Original:Germany Suffered Winter Recession After All as Data Revised Down

(Ergänzt um Destatis-, Analystenkommentar)

©2023 Bloomberg L.P.