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PSA-Chef Tavares spricht Klartext zu Opel

Vor wenigen Jahren, das erzählt PSA-Chef Carlos Tavares immer wieder, habe man ein Nahtod-Erlebnis gehabt. Als er bei den Franzosen übernahm, lag der Autobauer quasi auf der Intensivstation mit wenig Hoffnung auf Rettung. Die Modelle waren veraltet, Milliardenverluste fielen an. Doch wie Lazarus ist PSA nochmal vom Totenbett gesprungen: Das aktuelle Jahresergebnis ist ein weiterer Beleg, dass der Sanierungskurs von Tavares nachhaltig Wirkung zeigt. Im vergangenen Jahr konnte der französische Konzern seinen Gewinn auf 1,73 Milliarden Euro fast verdoppeln. Und das obwohl der Umsatz um 1,1 Prozent auf 54 Milliarden Euro sank.

„Wir sind jetzt in der Lage, weitere Gelegenheiten beim Schopf zu packen“, erklärte PSA-Finanzchef Jean-Baptiste de Chatillon nach der Bekanntgabe der Zahlen in einer Telefonkonferenz. Damit spielt er mit den Erwartungen der zahlreichen Analysten und Reporter, die sich heute weitere Neuigkeiten zur Übernahme der deutschen GM-Tochter Opel erhofften. Mit Nettobarmitteln von 6,8 Milliarden Euro sei die Kriegskasse gefüllt, ergänzte der Franzose, um dann gleich auf die Bremse zu treten. „Derzeit kann es keine Gewissheit geben, was das Ergebnis dieser Gespräche angeht“, erklärte de Chatillon.

Konzernchef Carlos Tavares spricht klarer aus, was die Franzosen sich von einem Opel-Kauf erhoffen. „Opel braucht Hilfe“, gibt er zu. Doch mit dem Wissen von PSA könne man den deutschen Autobauer wieder rentabel machen. „Wir können Opel auf das Niveau der Effizienz bringen, das PSA heute schon hat“, sagt Tavares. Die Rüsselsheimer befänden sich in einer ähnlichen Lage wie PSA vor vier Jahren. Man könne erklären, wie das geht, doch den Turnaround müssten Opel-Management und -Belegschaft aus eigener Kraft stemmen. „Ich vertraue darauf, dass Opel einen guten Job machen wird“, so Tavares weiter.

Mit der Übernahme der Marke erhofft sich Tavares, vom deutschen Opel-Image zu profitieren. „Es gibt Käufer, die einfach keine französische Marke wollen“, sagt er. Durch Opel könne man neue Segmente im Markt erreichen.

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Technologisch wollen die Franzosen aber den Ton angeben. „Es geht nicht darum, zwischen dem technischen Angebot der Konzerne abzuwägen“, sagt Tavares. Es sei vielmehr so, dass man in Zukunft immer weniger auf GM- und immer stärker auf PSA-Technologie vertrauen wolle. Man habe bereits drei Autos auf gemeinsamer Plattform mit Opel entwickelt. „Das belegt, dass die Teams gut zusammenarbeiten können“, so Tavares. Mehr Details könnte er noch nicht verraten, da der Deal noch nicht abgeschlossen sei. Dann verrät er aber doch noch ein unterhaltsames Detail: Als junger Mann habe er selbst einen Opel Manta gefahren.

Das Selbstbewusstsein wird beim Auftritt von Tavares deutlich. Drei Jahre nachdem man vom französischen Staat und dem chinesischen Autokonzern Dongfeng gerettet werden musste, ist man wieder in der Rolle des Angreifers. Nicht umsonst hat Konzernchef Carlos Tavares sein jüngstes Strategieprogramm „Push to Pass“ genannt. Der leidenschaftliche Rallyefahrer hat den Begriff aus dem Rennsport bewusst gewählt. So nennt man es, wenn zusätzliche Motorkraft vor einem Überholmanöver aktiviert wird.

Und genau dazu setzen die Franzosen gerade an. Seit Tagen wirbt Konzernchef Tavares um Unterstützung für die Opel-Übernahme. Noch vor dem Autosalon in Genf soll eine Einigung stehen, heißt es aus Verhandlungskreisen. Die Nachrichtenagentur Reuters hatte berichtet, dass die Franzosen sich durch die Übernahme Einsparungen von bis zu zwei Milliarden Euro pro Jahr erhoffen. Wie genau man solche Einsparungen erreichen will, verrät Tavares nicht. Doch zwischen den Zeilen schwingt eine leichte Drohung mit, wenn er über Opel redet. „Ich vertraue auf das Opel-Management, aber wir werden sie herausfordern, wenn notwendig“, sagt der Portugiese.


Internationale Expansion geht weiter

Tavares hatte vor wenigen Tagen in einem Telefonat mit Bundeskanzlerin Angela Merkel zugesagt, dass sich Peugeot bei einer Übernahme an Tarifverträge und Vereinbarungen bei Opel halten werde. Damit sind betriebsbedingte Kündigungen bis Ende nächsten Jahres ausgeschlossen. Für die Opel-Standorte in Rüsselsheim, Kaiserslautern, Eisenach und das Ersatzteilzentrum in Bochum gelten Bestandsgarantien bis 2020. Auch bei der Präsentation der Jahreszahlen bekräftigte Tavares diese Zusagen. „Bei PSA halten wir Vereinbarungen ein“, sagte er.

Aus der Politik erhält der geplante Verkauf von Opel darum Rückendeckung. Nach einem Treffen mit ihrem französischen Amtskollegen Michel Sapin sagte die Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries, die französische Seite habe zugesagt, die Interessen der deutschen Beschäftigten zu berücksichtigen. „Wichtig ist schon, dass Opel Opel bleibt, und das Opel-Unternehmen möglichst auch als eins übernommen wird von PSA“, erklärte die Ministerin. Besonders wichtig sei ihr der Erhalt des Entwicklungszentrums mit 7000 Ingenieuren in Rüsselsheim.

Auf die Frage, wie realistisch ein Arbeitsplatzerhalt angesichts der schlechten wirtschaftlichen Lage von Opel und des Jobabbau bei PSA in den vergangenen Jahren ist, sagte Zypries: „Wie viele Jobs als Folge von technologischen Veränderungen abgebaut werden müssen oder ihren Charakter ändern werden, kann noch niemand beantworten“. Personellen Veränderungen seien auch durch altersbedingte Ausscheiden von Mitarbeitern möglich.

Sapin fügte hinzu, dass es im eigenen Interesse von PSA sei, Opel als starke Marke zu halten. PSA habe ein Interesse an „deutscher Qualität“ so Sapin auf Deutsch. Es sei der Wille von PSA und General Motors, die Verhandlungen rasch abzuschließen und „schnell die Unterschrift zu leisten“.

Eine Übernahme würde PSA mit wieder auf den zweiten Platz im europäischen Markt katapultieren – direkt hinter VW. Gemeinsam kämen die Marken auf einen Marktanteil von 16,4 Prozent. Im vergangenen Jahr waren die Verkäufe leicht zurückgegangen, weil Tavares die Modellpalette seiner Marken Peugeot und Citroën ausgedünnt hat, um sich auf die lukrativen Modelle zu konzentrieren. Offenbar mit Erfolg: Die Marge im operativen Geschäft von PSA stieg im vergangenen Jahr um einen Prozentpunkt auf sechs Prozent. Damit arbeiten die Franzosen im Volumenmarkt rentabler als die Kernmarke von VW.

Darum wurde auch gleich das Margenziel für den Zeitraum 2016 bis 2018 auf 4,5 Prozent erhöht. Bis 2021 soll sie auf sechs Prozent steigen. Das erste Mal seit sechs Jahren zahlen die Franzosen dieses Jahr auch wieder eine Dividende. Sie soll bei 48 Cent liegen.

Parallel setzt PSA seine internationale Expansion fort. Die Franzosen boten zuletzt auf Anteile am malaysischen Autohersteller Proton, dem unter anderen die traditionsreiche Luxusmarke Lotus gehört. Darüber hinaus will PSA ab Januar Autos in Indien produzieren und auch in den Iran zurückkehren. Anteilseigner Dongfeng hatte den Franzosen zuletzt den Weg auf den chinesischen Markt geebnet, auf dem PSA ebenfalls noch erheblichen Nachholbedarf hat. Auch der Export von Opel-Modellen in den Weltmarkt sei nach einer Übernahme eine Option, bestätigte Tavares.

Und auch in den USA hegt Tavares offen Ambitionen. Am Mittwoch verkündete PSA – im Schatten des Opel-Deals – mit einer Beteiligung am französischen Mobilitäts-Start-up TravelCar auch in den Staaten zu expandieren. Mit 15 Millionen Euro wollen die Franzosen neue Mobilitätsmodelle an den Flughäfen in San Francisco und Los Angeles erproben. Bereits im Mai hatte Tavares betont, dass PSA niemals ein globales Unternehmen sein könne, wenn es nicht auch nach Nordamerika zurückkehre.

Insgesamt setzt Tavares bei der Entwicklung neuer Geschäftsmodelle bislang nicht auf große Übernahmen, sondern viele kleine Investitionen. Dafür hat er die neue Geschäftssparte „Free 2 Move“ geschaffen, die in den nächsten Jahren massiv wachsen soll.

KONTEXT

Die Opel-Produktionsstandorte in Europa

Rüsselsheim

Am Opel-Hauptstandort arbeiten 15.040 Beschäftigte, davon gut die Hälfte im Entwicklungszentrum. Die Produktion hat rund 4000 Arbeitnehmer. Sie bauen den Mittelklassewagen Insignia in mehreren Varianten, den Zafira sowie Getriebe und Komponenten.

Kaiserslautern

Der Standort in Rheinland-Pfalz hat 2140 Beschäftigte. Sie produzieren Motoren und Fahrwerkskomponenten.

Eisenach

In Thüringen laufen die Kleinwagen Corsa und Adam vom Band. Im Werk Eisenach arbeiten 1850 Menschen.

Polen

Im polnischen Gliwice sind knapp 3270 Mitarbeiter beschäftigt. Sie bauen den Kompaktwagen Astra und das Cabrio Cascada und den Sportwagen Opel GTC. In Tychy stellen 410 Beschäftigte Motoren her.

Spanien

In Figueruelas bei Saragossa laufen Corsa, der SUV Mokka und bald auch der Stadt-SUV Crossland X vom Band. Der Standort hat 5080 Arbeitsplätze.

Großbritannien

Im Werk Ellesmere Port arbeiten 1830 Beschäftigte. Hier werden ebenfalls Astra-Modelle produziert.

Der Standort Luton nördlich von London hat 1530 Arbeitnehmer und baut den Kleintransporter Vivaro.

Österreich

Im Werk Aspern nahe Wien arbeiten 1390 Menschen. Dort werden Motoren und Getriebe hergestellt.

Ungarn

Motoren und Komponenten produziert auch die Fabrik in Szentgotthard mit 1210 Arbeitnehmern.

Italien

In Turin gibt es noch ein Zentrum zur Entwicklung von Dieselmotoren mit 700 Mitarbeitern.