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Credit Suisse hat Notenbankfranken. Jetzt geht’s um Kundendollar

(Bloomberg) -- Die 50 Milliarden Franken lange Rettungsleine, die der Credit Suisse Group AG am Donnerstag zugeworfen wurde, gibt ihr die Chance, sich aus eigener Kraft ans rettende Ufer zu ziehen. Manche Kunden wollen nicht solange zusehen.

Weitere Artikel von Bloomberg auf Deutsch:

In Asien haben mehrere superreiche Familien ihr Engagement im Zuge der Turbulenzen in dieser Woche weiter abgebaut. Kunden aus dem Nahen Osten forderten die Bank auf, Bareinlagen in Staatsanleihen umzuschichten. Deutsche Kunden der Credit Suisse klopfen bei der Konkurrenz an.

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Dieser Kundenschwund ist es, den Bankchef Ulrich Körner und sein Team stoppen und umkehren müssen, wenn die Sanierung des angeschlagenen Schweizer Traditionshauses Erfolg haben soll. Im vierten Quartal waren es bekanntlich 110,5 Milliarden Franken, die aus der Bank hinausflossen.

“Wir wollen alles zurückgewinnen, was wir verloren haben”, sagte Körner auf einer Investorenkonferenz am Dienstag. “Und wenn wir das erreicht haben, gehen wir weiter und bauen das Geschäft wieder aus.”

Die Credit Suisse hat immer wieder betont, dass sie über ausreichende Liquidität verfügt. Der Rettungsschirm der Schweizerischen Nationalbank untermauert dies. Welchen Effekt das auf die Geldflüsse hat, ist noch unklar.

Banker am Telefon

Die Banker der Credit Suisse sind im Dauereinsatz am Telefon, um Kunden zu beruhigen und wiederzugewinnen. Sie arbeiten mit Argumentationshilfen, die von der Zentrale verschickt und in Betriebsversammlungen eingehämmert werden. Die Bank bietet Rückkehrern Einlagenzinsen an, die deutlich über denen der Konkurrenz liegen.

“In unseren Gesprächen mit Kunden in den letzten Wochen haben wir eine starke Unterstützung für die Bank und unsere Mitarbeiter erfahren”, sagte die Credit Suisse in einer Mitteilung. “Wir konzentrieren uns voll und ganz darauf, unseren Kunden Beratung und Lösungen zu bieten”.

Doch einige superreiche Familien haben ihren Rückzug diese Woche forciert, wie drei große Family Offices, die zusammen Milliarden verwalten, und mehrere Privatbankiers in Hongkong und Singapur berichten. Ein Family Office aus Asien plant, bis zu 30% seiner bei der Credit Suisse geparkten Gelder abzuheben, weil nicht zugesichert werden konnte, dass nicht-schweizerische Kunden im Falle eines Zusammenbruchs auch geschützt sind, berichten informierte Kreise.

Dieser Bericht basiert auf Aussagen von Angestellten der Bank, externen Beratern, Kunden und weiteren Personen mit Kenntnis der Vorgänge. Sie alle wollten nicht namentlich genannt werden.

Es gibt freilich auch weniger besorgte Stimmen. Ein Berater mehrerer Stiftungen sagte, er habe seinen Kunden empfohlen, ihre Einlagen bei der Bank zu belassen, obwohl sie die von der schweizerischen Einlagensicherung gedeckten Beträge weit übersteigen. Er sei überzeugt, dass kein Risiko bestehe, weil die Eidgenossenschaft die Credit Suisse niemals scheitern lassen werde.

Schmerzhafte Monate

Der Negativtrend bei Einlagen und verwaltetem Vermögen hält bereits seit Monaten an. Im November schockierte die Bank mit der Mitteilung, dass in wenigen Wochen rund 84 Milliarden Franken abgeflossen waren, nachdem medial die finanzielle Gesundheit der Bank in Frage gestellt worden war. Die Abflüsse sind nicht nur ein Liquiditätsthema für das Wealth Management der Bank, sondern belasten auch die Erträge dauerhaft.

Laut dem in dieser Woche veröffentlichten Geschäftsbericht haben sich die Abflüsse auch im März noch nicht umgekehrt, sondern nur auf einem viel niedrigeren Niveau stabilisiert. Laut Körner habe die Krise unter den US-Regionalbanken am letzten Montag sogar Zuflüsse gebracht. Einen Tag nach dieser Aussage in einem Interview mit Bloomberg TV stürzten die Aktien der Credit Suisse ab wie noch nie in der Geschichte seiner Bank ab, nachdem der größte Aktionär vor laufenden Kameras ausschloss, seinen Anteil zu erhöhen.

Mehr zum Thema: Credit Suisse-Kundenabflüsse gehen auf niedrigerem Niveau weiter

Wichtig ist auch die Haltung der Gegenparteien. Die großen Wall-Street-Banken bauen ihr direktes Engagement bei der Credit Suisse schon seit Monaten ab. Sie haben der heimischen Aufsicht dem Vernehmen nach mitgeteilt, dass ihr Risiko nur noch minimal ist. Die französische BNP Paribas hat Kunden mitgeteilt, dass sie keine Novationen mehr akzeptieren wird, bei denen die Credit Suisse als Gegenpartei fungiert. (Als Novation bezeichnet man den Einstieg einer neuen Partei, etwa in einen Derivate-Kontrakt.)

Bondkurse

Diese Entwicklungen sind ein Grund dafür, dass die Liquidität der Nationalbank zwar Erleichterung brachte, aber nicht die Zweifel zum künftigen Geschäftsmodell der Credit Suisse ausräumen konnte. Nach einem anfänglichen Kursanstieg von 40% haben die Aktien einen Teil dieser Gewinne wieder abgegeben. Am Kreditmarkt gehen die Risikoprämien weiter in die Höhe.

Der Rettungsschirm stabilisiert zwar die Credit Suisse kurzfristig, meint Jerry del Missier, ein ehemaliger Chief Operating Officer der britischen Bank Barclays. Aber er “lässt ihre strukturellen Probleme nicht verschwinden”.

Analysten haben bereits begonnen, drastische Szenarien zu zeichnen.

Die Analysten von JPMorgan halten eine Übernahme durch die UBS für das wahrscheinlichste Ergebnis der langwierigen Krise. Jene von Keefe, Bruyette & Woods bezeichneten die Liquiditätsspritze der Nationalbank nur als “Heftpflaster”, das der Bank allenfalls Zeit verschafft, und sehen eine Aufspaltung als die Lösung an. Morningstar erwartet eher eine Zerschlagung, falls nicht noch eine Kapitalerhöhung kommt.

Eine Filetierung des Geldhauses ist eines der Szenarien, die von Staats wegen durchgespielt wird. Das Wealth Management könnte an die UBS oder einen anderen Käufer gehen, die Schweizer Banksparte als eigene Firma ausgegründet werden, um das heimische Geschäft zu bewahren. Asset Management und Investmentbank könnten ebenfalls veräußert oder abgetrennt werden.

Die Geschäftsleitung besteht darauf, dass solch drastische Maßnahmen im Eiltempo wegen der Rettungsleine der SNB nicht mehr notwendig sind. Die im Oktober angekündigte strategische Neuausrichtung bleibe der Plan zur Sanierung der Bank.

“Wir sehen es als vorbeugende Liquidität, um die Transformation der Credit Suisse durchführen und in dieser unruhigen Situation gut weiterarbeiten zu können”, sagte der Chef der Schweizer Bank der Credit Suisse, André Helfenstein, am Donnerstag in einem Interview mit dem nationalen Fernsehsender SRF.

Die Situation ist also komplex. Während sich am Donnerstag Kamerateams vor dem Hauptquartier der Credit Suisse am Zürcher Paradeplatz versammelten, mahnte Körner seine Mitarbeiter zur Konzentration.

“Effektive Kommunikation ist der Schlüssel, um sicherzustellen, dass unsere Kunden und externen Stakeholder die Stärken der Bank, unsere Strategie und die beschleunigten Fortschritte, die wir bei der Schaffung der neuen Credit Suisse machen, verstehen”, sagte er in einem Memo.

Überschrift des Artikels im Original:Credit Suisse Got Its Lifeline. Now It Needs to Win Back Clients

--Mit Hilfe von Myriam Balezou, Cathy Chan, Krystal Chia, Macarena Munoz Montijano, Oliver Crook, Jan-Henrik Foerster, Harry Wilson, David Ramli und Chanyaporn Chanjaroen.

©2023 Bloomberg L.P.