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Bahn-Chef soll fünf weitere Jahre bleiben – Auf Lutz wartet eine Herkulesaufgabe

Wegen seines Kurses in der Coronakrise steht der Bahn-Vorstand in der Kritik. Nun zurrt die Koalition dennoch die Vertragsverlängerung für den CEO fest.

Der CEO soll das in einer schweren Krise steckende Unternehmen weitere fünf Jahre führen. Foto: dpa
Der CEO soll das in einer schweren Krise steckende Unternehmen weitere fünf Jahre führen. Foto: dpa

Die Regierungskoalition hat sich auf eine Vertragsverlängerung für Bahn-Chef Richard Lutz und Infrastrukturvorstand Ronald Pofalla verständigt. Das wird in Regierungskreisen und im Umfeld des Aufsichtsrats des Unternehmens bestätigt. Die Koalitionäre folgen damit einem Vorschlag von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU), der schon länger eine Vertragsverlängerung für den 56-Jährigen in Aussicht gestellt hatte.

Da Scheuer über die Top-Personalien nicht allein entscheiden kann, mussten diese in der Koalition noch abgestimmt werden. Lutz wird wohl einen Fünfjahresvertrag erhalten. Pofalla dürfte dagegen eine kürzere Vertragslaufzeit bekommen. Er wird dieses Jahr 62 Jahre alt. Bei der Bahn gilt für Vorstandsmitglieder eine Altersgrenze von 65 Jahren.

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Die Verträge der beiden Topmanager würden in einem Jahr auslaufen. Wie bei Aktiengesellschaften üblich soll deshalb auch bei der Bahn der Aufsichtsrat nun im März und damit ein Jahr vor Vertragsende über die Verlängerung der Kontrakte entscheiden.

Über die Personalien war in den zurückliegenden Wochen heftig spekuliert worden. Eigentlich galt eine weitere Amtszeit für Lutz als relativ sicher. In den entscheidenden Gremien war man einer Meinung, dass der Bahn-Chef trotz der aktuell desolaten Situation bei dem Staatskonzern bleiben soll.

Schon vor Weihnachten habe man deshalb eine grundsätzliche Einigung über die Personalien erzielt, heißt es in Regierungskreisen. Nun seien letzte Details geklärt. Die Zustimmung des Kontrollgremiums gilt als reine Formsache.

Kritik am Bahn-Management

Gleichzeitig war in der Politik aber auch immer wieder Kritik an einer Vertragsverlängerung laut geworden – nicht zuletzt wegen des Verhaltens des Topmanagements in der aktuellen Krise. Die Bahn leidet unter der Pandemie, gleichzeitig muss das Unternehmen gewaltige Investitionen stemmen. Das wird die Verschuldung in diesem Jahr wohl auf den neuen Rekordwert von 35 Milliarden Euro hochtreiben.

Der Bund will mit einer Kapitalspritze über fünf Milliarden Euro helfen. Doch der Vorstand ist bisher nicht bereit, auf die Bedingungen der EU-Kommission einzugehen, damit diese die Mittel freigibt. Brüssel verlangt unter anderem, dass Wettbewerber ihre Tickets auch über die Bahn-App, den Navigator, buchen können. Zudem soll die Bahn altes Gerät nicht verschrotten, sondern den Rivalen anbieten.

Auch wird vermutet, dass ein Boniverzicht des Vorstands Teil des EU-Forderungskataloges sein könnte, ohne dass es dafür aber bisher eine Bestätigung gibt. Einen solchen Verzicht hatte kürzlich die Eisenbahngewerkschaft EVG vom Topmanagement verlangt, um die stockenden Gespräche mit Brüssel wieder in Gang zu bringen.

Trotz dieser Kritik scheute man sich in Berlin aber, vor der Bundestageswahl im September bei der Bahn eine neue Baustelle zu eröffnen. Zudem gilt Lutz zwar nicht als Visionär, aber er wird als der Richtige angesehen, um wieder Ruhe in das Unternehmen zu bringen.

Der Manager hatte im Januar 2017 kurzfristig den Posten des Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bahn zunächst kommissarisch übernommen, nachdem sein Vorgänger Rüdiger Grube im Streit mit dem Aufsichtsrat um seine Vertragsverlängerung hingeworfen hatte.

Zwei Monate später wurde Lutz, der seit 2009 Finanzchef der Bahn war, zum CEO des Staatskonzerns berufen. Ex-Kanzleramtsminister Pofalla trat sein Amt als Vorstand am 1. Januar 2017 an, zuvor war er schon ein Jahr Generalbevollmächtigter des Unternehmens und auch für die politische Kommunikation verantwortlich.

Auf beide sowie den gesamten siebenköpfigen Vorstand wartet nun eine echte Herkulesaufgabe. Die Bahn steckt in einem doppelten Dilemma. Zum einen setzt dem Unternehmen die Pandemie schwer zu. Die Züge sind leer, Güterwagen stehen ungenutzt herum, und die Tochter Arriva, die den Zug- und Busverkehr im Ausland verantwortet, schreibt Verluste.

Die erneute Verlängerung des Lockdowns bis zum 7. März dürfte die Situation weiter verschärfen. „Die Bahn steckt in der größten finanziellen Krise seit der Bahnreform“, beschrieb Lutz selbst kürzlich die aktuelle Lage.

Gleichzeitig hat das Bahn-Management vom Eigentümer, dem Bund, einen klaren Auftrag. Die Zahl der Passagiere im Fernverkehr soll auf 260 Millionen nahezu verdoppelt werden. DB Cargo, die Verluste schreibende Frachtsparte, soll ihren Marktanteil massiv steigern und um 70 Prozent wachsen. Die Bahn soll maßgeblich dabei helfen, die Klimaziele der Regierung zu erfüllen.

Bahn kann Investitionen allein nicht stemmen

Dazu muss das Unternehmen massiv investieren. Pro Jahr gibt das Unternehmen allein für neue Fernverkehrszüge rund eine Milliarde Euro aus. Die Instandhaltungswerke werden modernisiert. Schon in normalen Zeiten wäre die Bahn mit dem eigenen Cashflow nicht in der Lage, all diese Ausgaben zu stemmen.

Wegen der in Pandemiezeiten fehlenden Einnahmen geht das erst recht nicht. Zuletzt hatte das Bahn-Management gegenüber dem Aufsichtsrat den Umsatzausfall durch Corona auf sechs Milliarden Euro beziffert. Die Schäden im Kerngeschäft in Deutschland sollen bei mindestens 9,6 Milliarden Euro liegen.

2022 sollte die Bahn nach den Plänen von Lutz wieder in die Gewinnzone kommen. Doch im Umfeld der Bahn wachsen die Zweifel, dass das gelingen wird. Das wirft die Frage auf, wann das Unternehmen überhaupt mit dem Abbau des gewaltigen Schuldenbergs beginnen kann. Schließlich laufen die Investitionen noch einige Zeit weiter.

Und noch eine weitere Herausforderung könnte auf Lutz und sein Team zukommen. Sollten die Grünen bei der Bundestagswahl mit in die Regierungsverantwortung kommen, dürften sie sich das Verkehrsressort sichern. Hier hat die Parteiführung schon sehr klare Vorstellungen, was dann aus dem Verkehrsträger Bahn werden soll: ein weitgehend auf Deutschland konzentrierter Anbieter.

Dazu soll es nach der ersten Bahnreform 1994 eine weitere geben, bei der das Unternehmen sich von der Rechtsform der Aktiengesellschaft verabschiedet. Denn an einen Börsengang denkt schon lange keiner mehr.