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App statt Zettelwirtschaft – Finanz-Start-ups bieten Gründern digitale Geschäftskonten

Fragen Sie nicht, was Ihre Bank für Sie tun kann, sondern was Sie für Ihre Bank tun können! Etwa so erleben viele Selbstständige und kleine Unternehmen den Service ihres Finanzinstituts. Anders als größere Firmen werden sie von Banken häufig vernachlässigt. Der Grund: Mit ihnen lässt sich kaum Geld verdienen.

Auch die Gründer von Banking-Start-ups wie Holvi, Kontist und Penta waren von ihren Hausbanken enttäuscht. Sie wollen es nun besser machen. Was genau die Kunden davon haben, zeigt eine neue Folge der Handelsblatt-Fintech-Serie.

In Deutschland gab es zuletzt etwa 2,3 Millionen Solo-Selbstständige und 3,1 Millionen Unternehmen mit maximal neun Mitarbeitern. Eigentlich keine kleine Zielgruppe, doch aus Sicht der Banken vielfach keine lukrative. „Solo-Selbstständige und kleine Betriebe haben zunehmend Schwierigkeiten beim Zugriff auf Finanzdienstleistungen“, beobachtet Christian Fahrholz, Referatsleiter Unternehmensfinanzierung und Finanzmärkte beim Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK). Das beginne schon bei der Kontoeröffnung. „Aus der Not heraus nutzen viele Selbstständige erst einmal das private Girokonto“, sagt Fahrholz. Doch auf Dauer braucht es eine Trennung von beruflich und privat.

Bei dieser Problematik setzen die jungen Anbieter von Geschäftskonten an. Sie wollen ihren Kunden helfen, Zeit und Geld zu sparen und ihre Einnahmen und Ausgaben laufend im Blick zu behalten. Möglich machen das automatisierte Prozesse und Verknüpfungen mit Buchhaltungssoftware.

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Zu ihren Standardleistungen gehört meist eine Debit-Kreditkarte, bei der Zahlungen ohne Kreditrahmen sofort abgebucht werden. Meist können die Einnahmen und Ausgaben übersichtlich kategorisiert werden, und häufig funktioniert die Steuerung nicht nur über den Computer, sondern auch über eine Smartphone-App.

Deutsche Bank startet BluePort

Traditionelle Banken sind bei solchen Innovationen noch im Rückstand. „Auch die etablierten Institute schauen sich aber zunehmend an, wie sie ihre Services durch Digitalisierung verbessern und welchen Zusatznutzen sie ihren Kunden bieten können“, sagt Carsten Baumgärtner, Senior Partner bei der Beratung BCG. Ein Beispiel dafür ist die am Donnerstag vorgestellte Plattform BluePort der Deutschen Bank. Sie soll am 25. Juli starten und dann schrittweise allen 900.000 Firmen- und Geschäftskunden des Geldhauses offenstehen.

„In der ersten Version stehen das elektronische Banking und die Aggregation aller Geschäftskonten im Fokus“, sagt Kirsten Oppenländer, die bei dem größten deutschen Geldhaus den Bereich Digitale Lösungen für Firmenkunden leitet. Solches Multibanking, über das auch Konten von anderen Banken verwaltet werden können, dürften viele Nutzer schon aus ihrem privaten Onlinebanking kennen. Zudem sollen die Kunden von Kooperationen mit Fintechs profitieren: „Noch in diesem Jahr werden wir die Buchhaltungssoftware SMACC integrieren“, sagt Oppenländer. Auch eine Kooperation mit Advanon sei geplant, darüber können Firmen Rechnungen vorfinanzieren lassen. Ob es auch eine App geben wird, sei noch nicht entschieden.

Finanz-Start-ups bieten schon länger Zusatzdienste zum Konto. Das Fintech Holvi ist 2014 in Finnland gestartet und seit 2015 in Deutschland aktiv. Vor zwei Jahren wurde es von der spanischen Großbank BBVA gekauft, arbeitet nach eigenen Angaben aber weiter unabhängig.

„Allerdings haben wir jetzt viel mehr Ressourcen und können Innovationen schneller umsetzen“, sagt Co-Gründer Tuomas Toivonen. Seine Zielgruppe sind Solo-Selbstständige und Firmen mit maximal neun Mitarbeitern. Besonderheiten bei Holvi: eine Funktion zur Rechnungserstellung und ein Tool, mit dem ein Onlineshop eingerichtet werden kann. Unterstützung bei der Buchhaltung gibt es seit Kurzem über Kooperationen mit Online-Steuerberatungsanbietern wie Steueragenten.de und Eifas.

Mit Kontist zielt auch Christopher Plantener seit 2017 auf „One-Man-Shows“ sowie künftig ebenfalls auf Firmen mit maximal neun Mitarbeitern. Wie das Handelsblatt von ihm erfuhr, startet er gerade eine Kooperation mit Lexoffice, einer beliebten Online-Buchhaltungssoftware. „Unsere Kunden haben sich diesen Partner gewünscht“, sagt Plantener.

Vergleichbare Kooperationen hatte das Berliner Fintech bisher schon mit Debitoor und Fastbill, die von 30 Prozent der Kunden genutzt werden sollen. Der Vorteil: Ein- und Ausgaben werden vom Konto in Echtzeit in die Buchhaltungssoftware übertragen. Bei Kartentransaktionen werden die Nutzer aufgefordert, den Beleg per Smartphone-App zu fotografieren und so direkt in der Buchhaltung zu archivieren. Auch über bezahlte und ausstehende Rechnungen sind sie dank Verknüpfung stets informiert.

Eine Besonderheit von Kontist ist die sogenannte Echtzeit-Steuereinschätzung: Das Konto berechnet automatisch die anteilige Einkommen- und Umsatzsteuer auf Einnahmen und Ausgaben und legt Rücklagen auf virtuellen Unterkonten beiseite. Für die Umsetzung weiterer Funktionen hat der dänische Investor und Company Builder Founders gerade seine letzte Finanzierungsrunde um weitere drei Millionen Euro aufgestockt. Bereits 2016 hatte er zwei Millionen Euro zur Verfügung gestellt.

Auf etwas größere Unternehmen, in denen zwei bis 50 Personen beschäftigt sind, zielt Penta. Das Fintech agiert seit vergangenem Dezember ebenfalls von Berlin aus. Ein Fokus liegt auf Firmen, die sich im Gründungsprozess befinden. Sie sollen innerhalb von 48 Stunden ein Konto eröffnen und ihr Stammkapital darauf einzahlen können.

Eine Besonderheit sind zudem die gerade eingeführten individuellen Kontozugänge für einzelne Mitarbeiter. Darüber können Zugriffsrechte auf das Konto verwaltet werden, und mehrere Mitarbeiter können Kreditkarten erhalten.

Konkurrent Hufsy will ein noch breiteres Kundenspektrum bedienen: vom Freelancer bis zu Unternehmen mit etwa 100 Mitarbeitern. Die Dänen sind im vergangenen Oktober in Deutschland gestartet, ihr Angebot ist nach Angaben von Kristoffer Borg Petersen, der erst vor wenigen Wochen als neuer Geschäftsführer angeheuert hat, bisher nur ein einfaches Geschäftskonto. Das läuft gerade als Betaversion, das heißt, die Kunden können es erstmals testen. „Nach dem Sommer werden wir die Betaphase beenden und einige neue Funktionen freischalten“, sagt Petersen.

Die Fintechs N26, Revolut und Bunq fokussieren auf Privatkunden, bieten aber auch Geschäftskonten. Bei der Berliner Smartphone-Bank N26 bekommen Selbstständige und Freiberufler 0,1 Prozent Cashback auf ihre Einkäufe. Dank einer Kooperation mit Transferwise sind zudem Auslandsüberweisungen möglich. Ähnlich Revolut. Das britische Start-up war 2015 als Smartphone-App für grenzüberschreitende Geldtransfers gestartet. Folgerichtig können auch Unternehmer dort von günstigen Geldtransfers und Unterkonten in mehreren Währungen profitieren.

Das niederländische Bunq startet gerade sein Marketing in Deutschland und will Geschäftskunden ein vielfältiges Angebot bieten: Von separaten Kreditkarten für Mitarbeiter über eine eigene Crowdfunding-Plattform bis hin zu einer offenen Programmierschnittstelle für Entwickler. Zudem gibt es keine Beschränkung auf Solo-Selbstständige und Freiberufler. Wir fokussieren uns auf Unternehmer, die ihre Träume verwirklichen und etwas in der Welt verändern wollen, aber unser Angebot steht jedem offen“, wirbt Gründer Ali Niknam.

Unterschiedliche Gebührenmodelle

Wer sich für die Angebote interessiert, sollte sie genau vergleichen – das gilt auch für die Gebühren. Teils wird zwar ein kostenloses Konto beworben, aber dann entstehen Kosten für die Kreditkarte, Barabhebungen oder Überweisungen. Bei Revolut richtet sich die Gebühr nach den monatlich eingehenden Beträgen. Bei der Deutschen Bank müssen die Kunden für BluePort eine Extragebühr zusätzlich zu den Kontoführungsgebühren zahlen. Die Dienste der Buchhaltungspartner werden bei der Bank wie bei den Fintechs separat berechnet, teils erhalten die Kontoinhaber aber Sonderkonditionen.

Was bei den jungen Anbietern bisher fehlt, sind Finanzierungsangebote. „Gerade für Unternehmen mit weniger als 20 Mitarbeitern wird die Finanzierungssituation zusehends problematisch“, sagt Fahrholz vom DIHK. Ursache dafür seien auch regulatorische Vorgaben, durch die den Banken hohe Kosten entstünden.

Einige der jungen Anbieter wollen auch da anknüpfen. Eine eigene Banklizenz haben nur wenige von ihnen, einige arbeiten deshalb mit Dienstleisterbanken zusammen. Auch für Finanzierungsangebote brauchen sie deshalb Kooperationspartner. „Noch in diesem Jahr können wir voraussichtlich eine erste Finanzierungsmöglichkeit gewähren, zum Beispiel einen Dispo oder Factoring“, sagt Planterer von Kontist. Holvi möchte „langfristig auch Kredite vergeben“, sagt Gründer Toivonen. Bei N26 bekommen Selbstständige und Freiberufler analog zu den Privatkunden bereits einen Dispo-Rahmen.