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Der US-Anwalt Michael Melkersen hat sich mit VW angelegt und die Abgastests mit Affen bekanntgemacht. Nun eskaliert der Konflikt weiter.

Der US-Anwalt Michael Melkersen hat sich mit VW angelegt und die Abgastests mit Affen bekanntgemacht. Nun eskaliert der Konflikt weiter.

Volkswagen zahlt in den USA bis heute einen hohen Preis für die betrügerischen Manipulationen an Dieselmotoren. Etwa zehn Milliarden Dollar an Entschädigung sind allein für rund 500.000 Autofahrer vorgesehen, die sich im Rahmen einer Sammelklage gegen VW zusammengeschlossen hatten. Doch damit sind die US-Rechtsstreitigkeiten für VW noch lange nicht beendet. Das liegt vor allem an einem Mann: Dem US-Anwalt Michael Melkersen.

Er vertritt mehr als 300 VW-Kunden, die von den Wolfsburgern Geld sehen wollen. Insgesamt laufen 3000 weitere laufende Zivilklagen von US-Autofahrern gegen VW. Der Hauptgrund dafür, dass sich diese Volkswagen-Kunden nicht der Sammelklage angeschlossen haben: Sie und ihre Anwälte glauben, dass sie in den laufenden Verfahren noch mehr an Entschädigung herausholen können als die durchschnittlich veranschlagten 20.000 Dollar aus der Sammelklage.

Doch keiner geht dabei so kompromisslos vor wie Melkersen. Er hat im Zuge seiner Recherchen die skandalträchtigen Abgasversuche mit Affen aufgespürt, die Volkswagen zusammen mit Daimler und BMW in den USA in Auftrag gegeben hatte. Testwagen war ein VW Beetle. Der US-Anwalt ist danach in Fernsehshows und im Streaming-Dienst Netflix aufgetreten. Der Jurist ist inzwischen nicht mehr nur in den USA zu einer nationalen Größe aufgestiegen, sondern auch weltweit bekannt geworden. Vor allem in Wolfsburg wird mittlerweile jeder juristische Winkelzug des US-Anwalts genau beobachtet.

Seine Mandanten stammen weitestgehend aus dem Bundesstaat Virginia, westlich der Hauptstadt Washington. In der übernächsten Woche sollte der erste VW-Prozess von Melkersen verhandelt werden. Der Eigentümer eines mehr als 15 Jahre alten VW Jetta verlangt 750.000 Dollar Entschädigung, die Anwaltskosten kommen noch dazu. Er will nicht nur den rein materiellen Schaden ersetzt bekommen. Es gebe zusätzlich auch eine immaterielle Schädigung, die durch die Dieselmanipulationen von Volkswagen ausgelöst worden sei und entsprechend entschädigt werden müsse.

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Um den Prozess in Virginia zu verzögern, greifen die VW-Juristen Melkersen nun frontal an. Sie werfen dem US-Anwalt Nazi-Vergleiche vor. Denn in einer Dokumentation bei Netflix sagte er zu den Tierversuchen: „Man kann kaum anders, als an Teile der Geschichte zurückzudenken, als ebenfalls Individuen vergast wurden und das von einer Person, die bei der Eröffnung der ersten Volkswagen-Fabrik zugegen war.“ Um einen größeren Effekt bei den Zuschauern zu erzielen, reklamieren die VW-Anwälte, folge in dem Film danach „ein Schnitt auf ein Bild von Adolf Hitler“.

Für den VW-Konzern folgt daraus, dass im Bundesstaat Virginia im Moment kein faires Verfahren vor einem Zivilgericht möglich wäre. Die Atmosphäre sei ziemlich aufgeheizt, die Auswahl objektiv urteilender und nicht negativ beeinflusster Geschworener sei in der aktuellen Situation kaum möglich. VW will den Prozess in Virginia daher um ein halbes Jahr vertagen, wie ein Konzernsprecher in Wolfsburg bestätigt.

Michael Melkersen sieht in dem Antrag auf Verschiebung nur eine Verzögerungstaktik des deutschen Autoherstellers. In neuen, erstmals am Wochenende veröffentlichten Gerichtsdokumenten, die dem Handelsblatt vorliegen, begründet der US-Anwalt im Detail, warum er an dem Gerichtstermin Ende Februar unter allen Umständen festhalten wolle und einer Vertagung keinesfalls zustimmen werde.

Melkersen schreibt in den Gerichtsdokumenten davon, dass Volkswagen eine „nicht enden wollende Kampagne der Verzögerung“ verfolge. Die Argumente des Wolfsburger Autokonzerns seien „irreführend und rechtlich nicht zu halten“. Das Vorgehen von Volkswagen sei von der Prozessordnung nicht gedeckt, das Unternehmen müsse dafür vom Gericht sanktioniert werden.

Er, Melkersen, habe sich immer an die Vorgaben des Gerichts gehalten. Seine Äußerung in der Netflix-Dokumentation sei vom Grundrecht auf freie Meinungsäußerung gedeckt. Ein leitender Mitarbeiter von Volkswagen in den USA habe selbst „von nicht besonders guter Optik“ mit Blick auf die Geschichte des VW-Konzerns gesprochen, als anfänglich noch Abgastests mit Menschen geplant worden waren. Die öffentliche Berichterstattung für die Tierversuche sei in den USA zudem ziemlich begrenzt gewesen, sie könne also mögliche Geschworene nicht negativ beeinflussen. Ein faires Verfahren sei auch jetzt noch möglich.

Nachdem Melkersen seine neuesten Anträge jetzt bei Gericht eingereicht hat, sind die Richter in Virginia am Zug. Sie müssen in den nächsten Tagen entscheiden, ob das Melkersen-Verfahren Ende Februar tatsächlich eröffnet wird. Möglicherweise nutzen auch die VW-Anwälte noch einmal die Gelegenheit dazu, die Argumente des deutschen Autoherstellers beim Gericht vorzubringen.