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Zinsportale geben Gas

Die Niedrigzinsen bringen viele Sparer zur Verzweiflung. Mindestens 170.000 haben inzwischen jedoch eine Alternative gefunden: Zinsportale im Internet. Eines hat jetzt die Vier-Milliarden-Euro-Marke geknackt.

Als Profiteure der anhaltenden Niedrigzinsen werden meist Schuldner, Immobilienkäufer und der Staat genannt. Klar, denn wer Geld braucht, bekommt aktuell vergleichsweise günstige Konditionen. Weniger im Fokus standen bisher Zinsportale im Internet, also jene jungen Finanz-Technologie-Unternehmen, die Sparern den Zugang zu Tages- und Festgeldkonten bei Auslandsbanken ermöglichen. Doch dieser Markt wächst schnell. So meldet das Fintech Weltsparen an diesem Donnerstag, dass es jetzt ein Einlagenvolumen von mehr als vier Milliarden Euro vermittelt hat. „Die dritte und nun die vierte Milliarde haben wir in jeweils vier Monaten geknackt“, sagt Weltsparen-Geschäftsführer und -Mitgründer Tamaz Georgadze.

Solche Erfolgsmeldungen dürften auch traditionelle Finanzdienstleister aufhorchen lassen. Im Vergleich zu den Banken sind die Fintechs zwar noch immer sehr klein, schließlich parken allein die Deutschen rund zwei Billionen Euro auf Tages- und Festgeldkonten.

Trotzdem gilt: Steter Tropfen höhlt den Stein. Im Gespräch mit dem Handelsblatt hatte Georgadze bereits vor einigen Tagen das baldige Erreichen des Vier-Milliarden-Meilensteins angekündigt. Gerne betont er nun auch, dass seine Plattform 2013 als erster europäischer Zinsvermittler am Markt gestartet sei und dass sein Unternehmen in Bezug auf die Einlagen „etwa doppelt so groß wie der nächstgrößte Wettbewerber“ sei.

Dieser Vergleich zielt auf das Hamburger Finanztechnologie-Unternehmen Deposit Solutions, das vor einer Woche den Berliner Konkurrenten Savedo übernommen hat – wobei sowohl der Standort als auch die Marke erhalten bleiben sollen. Deposit Solutions bezeichnet sich in erster Linie als Infrastrukturanbieter, ist mit seiner Plattform Zinspilot seit September 2015 aber auch selbst im Endkundengeschäftsbereich aktiv. Zinspilot hatte zuletzt ein Einlagenvolumen von mehr als zwei Milliarden Euro gemeldet, bei Savedo waren es 300 Millionen Euro. Gemeinsam haben die beiden rund 80.000 Kunden. Weltsparen spricht aktuell von rund 90.000 Kunden.

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Die Wachstumsgeschwindigkeit der jungen Unternehmen ist beachtlich. Für die erste Milliarde habe Weltsparen fast zwei Jahre gebraucht, die zweite sei innerhalb von zehn Monaten zusammengekommen. Die nächsten beiden wurden in jeweils vier Monaten geknackt und Georgadze gibt sich optimistisch, bis zum Jahresende auch die Fünf-Milliarden-Euro-Grenze zu überschreiten. Mit großen Schritten ist auch Zinspilot unterwegs, die zwei Milliarden Euro wurden innerhalb von knapp 20 Monaten erreicht. Kein Wunder also, dass sich nun beide Fintechs selbst als „eines der am schnellsten wachsenden Fintech-Unternehmen weltweit“ bezeichnen.

Warum es die Kunden zu den Portalen zieht: Wegen der Niedrigzinsen erhalten Sparer von ihrer Hausbank kaum noch attraktive Tages- und Festgeldzinsen. Laut einem Vergleich der Frankfurter FMH-Finanzberatung sind es bei Festgeld mit einer Laufzeit von zwölf Monaten aktuell nur durchschnittlich 0,21 Prozent pro Jahr.

Anders ist das bei Banken im europäischen Ausland oder auch deutschen Instituten, die kein eigenes Privatkundengeschäft haben. Sie zahlen deutlich mehr, und die Zinsportale schaffen den Kontakt. Insgesamt zählt Deposit Solutions aktuell 15 Partnerbanken, Savedo hat 13. Weltsparen wartet mit 34 auf.


Vorteile für die Kunden

Noch sprechen die Zahlen klar für Weltsparen als deutschen Marktführer. Breiter aufgestellt ist jedoch Deposit Solutions, denn das Unternehmen bietet seine Technologie als sogenannte Open-Banking-Lösung auch Finanzdienstleistern an – meist ohne die eigene Marke sichtbar zu machen (White-Labeling). So können Bankkunden aus ihrem gewohnten Onlinebanking heraus Geld bei anderen Instituten anlegen. Kürzlich ging die Deutsche Bank damit an den Start – zunächst noch beschränkt auf die Sparte Maxblue. Auch die deutsche Fidelity-Tochter FFB und Flatex nutzen die Technologie. Deposit Solutions-Chef Tim Sievers berichtet von aktuell mehr als 20 solcher Kunden.

Auch Weltsparen stellt seine Plattformtechnologie anderen Finanzdienstleistern zur Verfügung. Bekannt sind bereits die Kooperationen mit der Smartphone-Bank N26 und dem Finanzportal Moneymeets. „Im September folgt die Einbindung bei einer europaweit tätigen Top-Ten-Bank“, sagte Georgadze kürzlich dem Handelsblatt. Die Marke „Weltsparen“ bleibt bei den Kooperationen aber stets sichtbar.

Unterschiedlich ist auch die rechtliche Abwicklung: Weltsparen hilft den Kunden, ein Vertragsverhältnis mit Einlagenbanken im Ausland einzugehen. Bei Deposit Solutions dagegen geht der Kunde kein Vertragsverhältnis mit einer anderen Bank ein. Seine Hausbank führt die Anlagen treuhänderisch für ihn bei den Anlagebanken aus, und er kann diese über sein Kundenkonto bei der Hausbank verwalten.

Für die Kunden könnte ein stärkerer Wettbewerb zwischen den Plattformen vorteilhaft sein. Schließlich sind beide Anbieter bestrebt, Partnerbanken mit möglichst guten Konditionen zu gewinnen. Max Herbst, Chef der FMH-Finanzberatung, hält die Angebote von Zinsportalen schon jetzt für eine sinnvolle Alternative zu den Offerten der Hausbanken. „Sie haben sich mittlerweile etabliert und zu vertrauenswürdigen Anbietern entwickelt“, so Herbst.

Verbraucherschützer dagegen stellen regelmäßig in Frage, ob eine zugesicherte Einlagensicherung bis 100.000 Euro in Ländern wie Rumänien oder Bulgarien den gleichen Wert hat wie in Deutschland. Herbst sieht das pragmatisch: „Ich persönlich würde mein Geld auch nicht auf zehn Jahre in osteuropäischen Ländern anlegen.

Bei kurzen Laufzeiten von zwei bis drei Jahren habe ich aber keine Sorge. Wenn ein Land und sein Bankensektor tatsächlich mal in Schieflage geraten, wird in diesem überschaubaren Zeitraum sicherlich die EU einspringen.“ Zudem seien inzwischen auch 30 Prozent der Angebote vorzeitig kündbar, sodass die Kunden ihr Geld zurückbekommen, wenn ihnen die Anlage nicht mehr geheuer ist.

KONTEXT

Tipps für erfolgreiche Fintech-Kooperationen

Flucht aus den vier Wänden

Ein eigenes Innovationslabor innerhalb eines Start-up-Ökosystems kann helfen, sich von organisatorischen und kulturellen Zwängen zu lösen. Komplett abgeschnitten von der Hauptorganisation sollte dies aber auch nicht sein, eine umsichtige Verbindung fördert den wirtschaftlichen Erfolg.

Schneller Anbindungsprozess

Große Organisationen sollten flexible Prozesse bereithalten, um Fintechs schnell einzugliedern.

Pragmatischer Umgang mit intellektuellem Eigentum

Lizenzbedingungen gewinnen an Bedeutung. Deshalb sollten Banken auch hier einen flexiblen Ansatz wählen.

Koordinierte Innovationsstrategie

Fintechs werden immer unterschiedlicher und Fintech-Zentren entwickeln sich global. Multinationale Banken brauchen deshalb einen koordinierten Plan und eine zentrale Wissensbasis, um die attraktivsten Innovationen zu identifizieren.

Die Partner kennen

Bevor Banken mit einem Fintech kooperieren, sollten sie die Gründer persönlich kennenlernen. Das bringt mehr Erkenntnisse als beispielsweise ein 200-seitiger Fragebogen.

Das richtige Investmentmodel

Zunächst einen Minderheitsanteil an einem Fintech zu erwerben kann sinnvoller sein als das junge Unternehmen gleich komplett zu übernehmen. So wird vermieden, dass Innovationen ausgebremst werden.

Quelle

Simmons & Simmons, Hyperfinance, April 2017