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Vier Prozent Zinsen – Anleger finden Otto gut

Die neue Anleihe des Handelskonzerns Otto lockt auch Privatanleger. Die Risiken sind höher als bei herkömmlichen Papieren, aber überschaubar.

Dass hohe Zinsen mit höherem Risiko einhergehen, gehört zum Grundwissen am Finanzmarkt. Von daher dürften Sparer erst einmal skeptisch schauen, wenn sie von der neuen Anleihe des Handelskonzerns Otto hören, die ab kommender Woche an der Börse gehandelt wird und auch für Privatanleger zugänglich ist. Das Hamburger Familienunternehmen, das sich vom Katalogversender zum internationalen E-Commerce-Anbieter gewandelt hat, bietet für seine Anleihe einen jährlichen Zins von vier Prozent.

Das ist enorm viel, wenn man bedenkt, dass deutsche Bundesanleihen bei einer Laufzeit von bis zu sieben Jahren im Minus rentieren und Anleger, die sie jetzt kaufen und bis zur Fälligkeit halten, Verlust machen. Auch die Effektivverzinsung von auf Euro lautenden Unternehmensanleihen ist mit unter einem Prozent bei einer Laufzeit von im Schnitt gut sechs Jahren viel niedriger als bei der neuen Otto-Anleihe.

Doch für den Aufschlag, den Otto mit seiner neuen Anleihe bietet, gibt es nachvollziehbare Gründe. Am Primärmarkt, wo Unicredit, Commerzbank und MM Warburg die Anleihe in dieser Woche als Konsortialbanken an institutionelle Investoren verkauft haben, kam der Bond jedenfalls gut an. Die Anleihe mit einem Volumen von 300 Millionen Euro war doppelt überzeichnet.

Hybride Struktur

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Grund eins für die hohe Rendite: Die Anleihe ist ein sogenanntes hybrides Zinspapier, es ähnelt in gewisser Weise Aktien und ist damit riskanter als herkömmliche Bonds. Grund zwei: Der Otto-Konzern hat kein Rating von den großen Bonitätsprüfern Standard & Poor’s (S & P), Moody’s oder Fitch.

„Der Aufwand und die Kosten dafür stehen für uns in keinem Verhältnis zum Ertrag, wir können unsere Anleihen auch ohne Rating sehr gut platzieren“, sagt dazu Boris Jendruschewitz, der für die Refinanzierung von Otto zuständig ist, im Gespräch mit dem Handelsblatt.

Otto hat jetzt Anleihen über insgesamt knapp 1,6 Milliarden Euro ausstehen. Eine hybride Anleihe war bislang noch nicht dabei. Die in sechs Jahren fällige herkömmliche Otto-Anleihe rentiert aktuell mit rund 1,7 Prozent. „Der Risikoaufschlag zu den anderen Otto-Anleihen ist ordentlich“, ist Sönke Niefünd, Leiter der Vermögensverwaltung beim Privatbankhaus Otto M. Schröder Bank, überzeugt.

Im Kern geht es bei hybriden Anleihen um drei Punkte. Erstens: Die Laufzeit ist unendlich, die Schuldner können die Anleihe aber vorzeitig tilgen. Bei Otto ist dies frühestens in sieben Jahren der Fall (siehe Tabelle).

Zweitens: Wenn ein Unternehmen pleitegeht, werden die Besitzer der hybriden Anleihen erst nach allen anderen Gläubigern bedient, deshalb spricht man auch von „nachrangigen“ Anleihen.

Und drittens: Die Unternehmen sind bei hybriden Anleihen nicht dazu verpflichtet, den Kupon zu zahlen, sie können ihn ohne Angabe von Gründen ausfallen lassen.

Zinszahlung keine Pflicht

Das macht sehr stutzig, ist aber nicht so schlimm, wie es sich anhört. Zinszahlungen ausfallen zu lassen würde den Ruf von Firmen am Kapitalmarkt schnell ruinieren, sie kämen dann nur schwer an frisches Geld. Seit der Einführung der hybriden Anleihen vor mehr als zehn Jahren haben Unternehmen immer ihre Zinsen gezahlt. Um die Zahlungen bangen mussten die Anleger nur in seltenen Fällen wie vor Jahren bei Tui oder Südzucker.

Dazu kommt: „Sobald wir Ausschüttungen an unsere Eigentümer leisten, müssen wir die Zinsen für die Anleihe zahlen“, erklärt Jendruschewitz. Das gelte auch rückwirkend, also muss jeder ausgefallene Zinskupon nachgezahlt werden, sobald Geld an die Eigentümer fließt. Seit Einführung der Bilanzierung nach der internationalen Rechnungslegung IFRS im Jahr 2002 gab es bei der Otto Group immer Ausschüttungen, die eine Zahlungspflicht ausgelöst hätten.

Auch dass Otto die Anleihe über 2025 hinaus laufen lässt, ist unwahrscheinlich. Denn nach dem ersten möglichen Tilgungstermin steigt bei hybriden Anleihen der Zinskupon und ändert sich zudem von fix auf variabel.

Bei der Otto-Anleihe ist der Anstieg besonders deutlich. Wenn die Anleihe nicht getilgt wird, bekommen Anleger einen Zins von 8,58 Prozent zusätzlich zum dann geltenden fünfjährigen Zinssatz am Interbankenmarkt. „Damit würde die Anleihe für Otto viel teurer, deshalb hat Otto einen hohen Anreiz, den Bond vorzeitig zurückzuzahlen“, meint Niefünd.

Einen so hohen Aufschlag kann der Konzern nur bieten, weil er kein Rating hat. S & P, Moody’s und Fitch rechnen Unternehmen hybride Anleihen wegen der aktienähnlichen Strukturen zum Teil auf das Eigenkapital an. Das machen sie aber nicht, wenn der Anreiz für Unternehmen, die Anleihe zu tilgen, sehr groß ist.

Die Otto Group kann dagegen eine investorenfreundliche Struktur mit höheren Tilgungsanreizen bieten, weil sie ohnehin kein Rating hat. Die Rechnungslegung nach den IFRS-Regeln ist der Grund dafür, dass Otto Aufwand und Kosten der hybriden Anleihe in Kauf nimmt.

Unter IFRS haben sich wegen der besonderen Behandlung der Pensionsverpflichtungen im Niedrigzinsumfeld bestimmte Kennzahlen verschlechtert. So liegt laut Jendruschewitz das Verhältnis der Nettoschulden zum Eigenkapital bei 1,1. Das bedeutet, dass die Nettoschulden 1,1-mal höher sind als das Eigenkapital. „Dank der hybriden Anleihe werden wir diese Kennzahl wieder unter eins bringen können, und das ist uns für unseren Ruf in der Öffentlichkeit und bei Geschäftspartnern wichtig“, erklärt der Otto-Finanzmanager.

Dabei ist das Verhältnis von Nettoschulden zum Eigenkapital auch jetzt schon recht solide. „Das gilt auch für andere Kennzahlen wie zum Beispiel das Verhältnis von Nettoschulden zum operativen Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) von 2,3“, betont Niefünd. Die Verhältniszahl bedeutet, dass Otto theoretisch 2,3 Jahre brauchen würde, um mit seinem operativen Ergebnis seine Schulden zu begleichen.

Auch vom Geschäftsmodell des inzwischen breit diversifizierten Konzerns mit 123 Töchtern in weltweit mehr als 30 Ländern ist Niefünd überzeugt. Den Großteil des Geschäfts macht der Einzelhandel aus. Dazu gehören neben dem Otto-Versand Händler wie zum Beispiel Sport Scheck, Baur, Bonprix, My Toys oder Manufactum. Dazu kommen Serviceunternehmen wie der Logistiker Hermes und diverse Finanzdienstleister.

Geringe Stückelung

Kaufen sollte hybride Anleihen aber nur, wer sie versteht. Dafür sorgen auch die Aufsichtsbehörden unter den seit Jahresanfang geltenden neuen Finanzmarktregeln. Deshalb müssen Unternehmen und Banken beim Verkauf von hybriden Anleihen an Privatanleger strenge Auflagen erfüllen, und das während der kompletten Laufzeit der Bonds.

Andere Unternehmen schließen deshalb rechtlich Privatanleger vom Kauf dieser Bonds inzwischen aus. Bei Otto ist das nicht der Fall. Kleinanleger können den Bond ab einer Summe von 1000 Euro an der Börse zeichnen oder über Banken beziehen.

„Der rechtliche Aufwand, die Anleihe auch Privatanlegern zugänglich zu machen, war groß, aber machbar“, meint dazu Jendruschewitz. „Wir wollten Privatanleger, die erfahrungsgemäß gern unsere Anleihen zeichnen, bei der neuen Anleihe mit zwar höherem Risiko, aber auch höherem Zins nicht außen vor lassen.“ Wichtig sei natürlich, dass sie die Besonderheiten verstehen und von ihrer Bank in das passende Risikoprofil eingestuft werden.