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Vier Milliarden Euro mehr, neun Jahre zu spät: Die wichtigsten Fakten zum Start des BER

Der Berliner Großflughafen ist zum Synonym für Fehlplanung geworden. Mit neun Jahren Verspätung soll er nun im Oktober tatsächlich eröffnen.

Ein Baugerüst in einem Gebäude des Hauptstadtflughafens in Schönefeld (Brandenburg). Foto: dpa
Ein Baugerüst in einem Gebäude des Hauptstadtflughafens in Schönefeld (Brandenburg). Foto: dpa

Seit 29. November 2019 steht fest: Der neue Hauptstadtflughafen, der den Luftverkehr der Region bündelt, soll am 31. Oktober in mehreren Schritten eröffnet werden. Bislang wurde der Flugverkehr über die beiden Airports Tegel im Nordwesten der Stadt und Schönefeld im Südosten abgewickelt.

Ursprünglich sollte der Flughafen mit dem internationalen Kürzel BER bereits 2011 eröffnet werden. Was lief bei der Planung schief, und wie sieht der neue Flughafen aus? Die Antworten auf die wichtigsten Fragen.

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Seit wann liefen die Planungen für den BER?

1996 hatten sich der Bund sowie die Länder Berlin und Brandenburg darauf geeinigt, den Luftverkehr der Region am Standort Schönefeld in Brandenburg zu bündeln. 2006 erfolgte der Spatenstich. Regierender Bürgermeister von Berlin war damals noch Klaus Wowereit (SPD).

Warum hat sich die Eröffnung des BER so lange verzögert?

2011 wurde die Pleite eines Planungsbüros und eine neue europäische Richtlinie für Gepäckkontrollen für eine Verzögerung von einem Jahr verantwortlich gemacht. 2012 war es dann die Brandschutzanlage, die für so massive Probleme sorgte, dass die Genehmigungsbehörde die Reißleine zog. Mehrere Eröffnungstermine danach wurden gesetzt und wieder verschoben.

Wie viel kostet das BER-Desaster?

Seit Baubeginn ist der Kostenrahmen von knapp zwei auf gute sechs Milliarden Euro gewachsen – ohne Ausgaben für Zinsen, Schadensersatzzahlungen und Erweiterungsinvestitionen wie das schon fertiggestellte Terminal T2. Die Finanzen sind knapp. Der Flughafen ist weiterhin auf die Hilfe seiner Eigentümer angewiesen.

Wurde auch überlegt, den Bau einzustellen?

Der Spott über den Flughafen hatte kaum Grenzen. Der Schrauben-Milliardär Reinhold Würth aus dem schwäbischen Künzelsau ärgerte sich schon vor fünf Jahren: „So dackelhaft, wie man sich hier benimmt, das finden Sie auf der ganzen Welt nicht mehr“, spottete er. „Wo gibt es auf dem Globus die Hauptstadt eines Landes mit solcher wirtschaftlichen Bedeutung, die keinen Großflughafen hat?“

Der frühere Lufthansa-Vorstand Thorsten Dirks soll sogar über den Abriss des BER und einen anschließenden Neubau spekuliert haben. „Meine Prognose ist: Das Ding wird abgerissen und neu gebaut“, wurde Dirks einst zitiert. Laut Lufthansa war das eine Zuspitzung „um auf das Ausmaß der Probleme am Hauptstadtflughafen hinzuweisen“.

Tatsächlich gab es aber auch schon Forderungen aus der Politik, über einen Neuanfang nachzudenken. In diesem Sinne äußerten sich die Grünen-Bundestagsabgeordneten Anton Hofreiter und Renate Künast und der CDU-Politiker Jens Koeppen aus Brandenburg.

Welche Bedeutung hat die Corona-Pandemie für den Berliner Flughafen?

Die Pandemie trifft alle Flughäfen hart. Ab Mitte März kam der Luftverkehr fast vollkommen zum Erliegen. Im April und im Mai ging den Berliner Flughäfen laut Angaben der BER-Geschäftsführung jeden Tag eine Million Euro verloren. Allerdings habe die Krise den BER zu einem Zeitpunkt getroffen, wo er baulich so gut wie fertig gewesen sei. Ökonomisch sei die Situation aber „dramatisch“. Kaum macht der neue Flughafen auf, müssen deshalb Hunderte Mitarbeiter wieder in Kurzarbeit. Denn durch Corona schrumpft das Passagieraufkommen deutlich.

Wer führt den Flughafen, wer sind die Eigentümer, und wer steht an der Spitze des Aufsichtsrats?

Seit März 2017 ist Engelbert Lütke Daldrup, ein Stadtplaner, Chef der Flughafengesellschaft Berlin Brandenburg GmbH. Seine Vorgänger waren der Maschinenbauingenieur Karsten Mühlenfeld und Ex-Bahnchef Hartmut Mehdorn. Von 2006 bis 2013 war Rainer Schwarz Sprecher der Geschäftsführung der Berliner Flughäfen. Eigentümer sind der Bund mit 26 Prozent sowie die Länder Berlin und Brandenburg mit jeweils 37 Prozent der Anteile. Vorsitzender des Aufsichtsrats ist seit März 2017 der brandenburgische Staatssekretär und Flughafenkoordinator Rainer Bretschneider.

Musste irgendjemand für dieses Debakel haften?

Nein. Gefeuerte Geschäftsführer erhielten Abfindungen. Politische Karrieren bekamen Knicke, oder sie endeten, etwa beim früheren Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD). Aber Wowereit und der langjährige Brandenburger Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) hatten sich für ihre Aufsichtsratsarbeit rechtzeitig entlasten lassen. Oppositionsforderungen, ihre Haftbarkeit neu zu prüfen, perlten an den SPD-geführten Landesregierungen ab.

Wie groß ist der neue Berliner Flughafen?

Berlin mit seinen Flughäfen Tegel und Schönefeld verzeichnete 2019 rund 35,65 Millionen Passagiere und ist damit der drittgrößte Flughafenstandort in Deutschland nach Frankfurt und München. Der BER ist derzeit für gut 35 Millionen Reisende pro Jahr konzipiert. Für den Ausbau der Kapazitäten liegen Pläne vor, die aufgrund der Coronakrise aber erst mal auf Eis gelegt wurden.

Vor Beginn der Pandemie wurden von Berlin aus rund 150 Ziele von 70 Fluggesellschaften direkt angeflogen. Als Langstreckenverbindungen bietet Berlin sieben Destinationen an: Peking (Hainan Airlines), Ulaanbaatar (MIAT Mongolian Airlines), Singapur (Scoot), Doha (Qatar Airways), New York (United Airlines und Delta Air Lines), Toronto (Air Canada Rouge) und seit Juni 2019 auch Philadelphia (American Airlines). Mit dem neuen Hauptstadtflughafen BER will die Flughafengesellschaft die Langstreckenflüge möglichst ausbauen.

Wo genau liegt der neue Flughafen?

Der BER liegt teilweise auf dem Gelände des bisherigen Flughafens Schönefeld. Dieser Standort wurde ausgebaut, die bereits bestehende Start- und Landebahn des Flughafens wird zur Nordbahn des BER. Zusätzlich wurde für den neuen Flughafen ein neues Hauptterminal, ein Erweiterungsterminal T2 und eine neue Start- und Landebahn gebaut. Das alte Terminal am Flughafen Schönefeld wird bereits mit Beginn des Winterflugplanes am 25. Oktober unter der Bezeichnung T5 weitergeführt. T1 und T2 liegen unmittelbar nebeneinander. T5 ist von dort nicht fußläufig erreichbar.

Wie erreicht man den BER?

Der Flughafen ist gut an den öffentlichen Personennahverkehr angeschlossen. Direkt unter dem Terminal am Willy-Brandt-Platz liegt ein neu gebauter sechsgleisiger Bahnhof. Ab Eröffnung sollen hier in der Hauptverkehrszeit pro Stunde 14 Züge halten, darunter alle zehn Minuten die S-Bahn und etwa einmal pro Stunde der IC auf der Fahrt von Dresden nach Rostock. Die Station heißt künftig „Flughafen BER – Terminal 1-2“.

Der etwas entfernt liegende heutige Bahnhof Berlin-Schönefeld Flughafen heißt künftig „Flughafen BER – Terminal 5“. Zwischen beiden Stationen fahren die S-Bahnen im Zehn-Minuten-Takt, Busse im Fünf-Minuten-Takt. Außerdem ist der BER über einen Autobahnanschluss der A113 an die Berliner Innenstadt angebunden sowie über den Berliner Ring A10 an das weitere Einzugsgebiet. Parkplätze kosten ab 29 Euro in der Woche, mehr als 10.000 Parkplätze stehen zur Verfügung.

Wie genau ist die Eröffnung des BER geplant?

Am 31. Oktober nimmt das Terminal 1 seinen Dienst auf. Je ein Flugzeug von Lufthansa und Easyjet wird zeitgleich landen. Am Folgetag starten die ersten Flugzeuge vom BER. Am 4. November wird die Südbahn in Betrieb genommen. Insgesamt findet der Umzug in mehreren Schritten statt.

Und was wird aus dem alten Flughafen Tegel?

In Tegel endet der Flugbetrieb am 8. November. An diesem Tag soll der beliebte, aber völlig überlastete Flughafen verabschiedet werden. Ein halbes Jahr später wird er für die Nachnutzung freigegeben. Den ersten regelmäßigen Linienflug nach Tegel nahm Air France 1960 in den Flugplan auf. Das war der Beginn des zivilen Luftverkehrs in Tegel. Das bis heute genutzte sechseckige Hauptterminalgebäude wurde am 23. Oktober 1974 eingeweiht und am 1. November 1974 eröffnet. Ausgelegt war die Infrastruktur für zwölf Millionen Passagiere pro Jahr. 2019 flogen gut 24 Millionen Fluggäste ab Tegel. Damit war der Flughafen der viertverkehrsreichste in Deutschland – nach Frankfurt, München und Düsseldorf. Auf dem Gelände soll ein Industrie- und Forschungspark für urbane Technologien entstehen.

Warum hat man nicht einfach den Flughafen in Tegel offen gelassen?

Der Flughafen platzt aus allen Nähten. Außerdem verlassen sich die Anwohner seit über 20 Jahren darauf, dass dort nach dem BER-Start Schluss ist. Es ist umstritten, ob es überhaupt rechtlich möglich wäre, Tegel parallel zum neuen Flughafen offen zu halten. In jedem Fall wäre das Klagerisiko hoch.

Gibt es ein Nachtflugverbot am BER?

Ja. Reguläre Linienflüge sind in der Zeit von 0 bis 5 Uhr ausgeschlossen – im Gegensatz zur derzeit für Schönefeld bestehenden 24-Stunden-Genehmigung. In den Tagesrandzeiten von 22 bis 24 Uhr und von 5 bis 6 Uhr sind Verfrühungen und Verspätungen sowie ein behördlich festgelegtes Kontingent von Flügen möglich.

Wie sieht das Terminal T1 aus?

Das Hauptterminal ist ein übersichtliches, nahezu quadratisches Gebäude. Es befindet sich zwischen zwei parallel angelegten Start- und Landebahnen, die unabhängig voneinander betrieben werden können. Das Terminal verfügt über 16 Gates - weitere neun befinden sich am sogenannten Pier Süd auf der linken Seite des Terminals. Am Pier Nord auf der rechten Seite sind die Low-Cost-Flugzeuge positioniert. Sie sind zu Fuß zu erreichen.

Gibt es anders als in Tegel und in Schönefeld heute ein breiteres Angebot an Einkaufsmöglichkeiten?

Ja. In Terminal T1 soll es rund 120 Shops, Gastronomie- und Service-Einrichtungen geben. Das Konzept: ein Drittel regionale Angebote, ein Drittel nationale, ein Drittel internationale Angebote.

2006 erfolgte der Spatenstich für den BER mit dem damaligen Airportchef Rainer Schwarz, Ex-Bahn-Chef Hartmut Mehdorn und den Ex-Regierungschefs Klaus Wowereit (SPD, Berlin) Matthias Platzeck (SPD, Brandenburg). Foto: dpa
2006 erfolgte der Spatenstich für den BER mit dem damaligen Airportchef Rainer Schwarz, Ex-Bahn-Chef Hartmut Mehdorn und den Ex-Regierungschefs Klaus Wowereit (SPD, Berlin) Matthias Platzeck (SPD, Brandenburg). Foto: dpa