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Viele EU-Länder kaufen immer noch große Mengen russisches Gas – dabei wäre ein totaler Boykott möglich, errechnet das DIW

Viele Länder der EU kaufen immer noch große Mengen russisches Gas. Doch ein kompletter Boykott wäre möglich, laut dem DIW. - Copyright: Getty Images, Collage: Dominik Schmitt
Viele Länder der EU kaufen immer noch große Mengen russisches Gas. Doch ein kompletter Boykott wäre möglich, laut dem DIW. - Copyright: Getty Images, Collage: Dominik Schmitt

Von den Sanktionen gegen Russland hat die Europäische Union bisher ausgerechnet Putins wichtigsten Exportschlager ausgenommen: Erdgas. Für EU-Länder gibt es keine Beschränkungen, russisches Gas zu kaufen. Auch Deutschland hatte nicht aktiv auf russisches Gas verzichtet. Vielmehr hatte Putin 2022 den Gashahn abgedreht, weil Deutschland sich an die Seite der Ukraine stellte. Andere EU-Länder beziehen immer noch Gas über Pipelines und als Flüssiggas (LNG) aus Russland. Dabei wäre ein totaler Boykott möglich, errechnete das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in eine neuen Studie. Neue Sanktionen wären sinnvoll, um Abhängigkeiten zu verringern und den Gasausstieg zu beschleunigen.

„Russland hat auch heute noch einige Länder Mittel- und Osteuropas energiepolitisch im Griff“, schreibt das DIW-Team um Energieexpertein Claudia Kempfert. Dazu gehören Österreich und Ungarn. Vor allem diese Länder hätte EU-Sanktionen auf russisches Erdgas bisher verhindert. Dabei wäre die Versorgung Europas mit Erdgas ohne Importe aus Russland sicher, schreibt das DIW.

Für die Modellrechnungen verwendete das Team das „Global-Gas-Modell“, das die weltweite Erdgaswirtschaft in hohem Detailgrad abbilde. „Die Versorgungssicherheit steht weiteren EU-Sanktionen gegen Russland nicht im Weg", folgert das DIW. Keine Aussagen macht es zu wirtschaftlichen Folgen.

 - Copyright: DIW
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Gas aus Russland: Deutschland als gutes Beispiel

Forderungen nach einem Boykott russisches Gases waren direkt nach Kriegsbeginn auch in Deutschland laut geworden. Ökonomen hatten argumentiert, ein Verzicht auf Putins Gas würde in Deutschland zwar zu einer Rezession in der Dimension der Corona-Krise führen, sei aber organisier- und verkraftbar.

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Kanzler Olaf Scholz und Wirtschaftsminister Robert Habeck hatten diesen Sofort-Ausstieg als unverantwortlich abgelehnt. Sie hatten aber Vorkehrungen eingeleitet, um auf einen russischen Lieferstopp vorbereitet zu. Nachdem Russland die Gas-Lieferung nach Deutschland am 1. September 2022 stoppte, gelang es Deutschland dennoch, ohne Gasmangel durch den Winter zu kommen. Dies sei auch für die EU insgesamt möglich, modelliert das DIW.

Russland beliefert zahlreiche EU-Länder über Pipelines durch die Türkei, durch die Ukraine sowie mit LNG-Tankern mit Flüssigerdgas. Österreich bezog zum Jahreswechsel noch 95 Prozent seiner Erdgas­Importe aus Russland. Die anhaltende Abhängigkeit der mit­tel­ und osteuropäischen Staaten ist ein wesentlicher Grund, dass die EU keine Sank­tionen gegen russische Erdgasexporte verhängte.

EU erwägt erstmals Gas-Sanktionen gegen Russland

Hintergrund der neuen Debatte ist in ähnliches Szenario für die gesamte EU. Auf der einen Seite erwägt die EU einen neuen Vorstoß in Richtung Gassank­tionen gegen Russland, um die Kriegskosten für Putin weiter zu erhöhen. Die Sanktionen sollten sich zunächst gegen die Verschiffung rus­sischen LNG in europäische Häfen richtet.

Zudem läuft Ende 2024 der Transitvertrag zwischen Russland und der Ukraine aus. Die Ukraine hat bereits erklärt, dass sie ihn nicht verlängern will. Auch eine Beschädigung der Pipelines oder ein Lieferstopp Russlands sind jederzeit denkbar.

Das DIW hat daher die Effekte verschiedener Entwicklungen des Gasangebotes und der globalen Nachfrage auf die Versorgung in der EU analysiert.

Ein Ausfall russischer Gaslieferungen könne auf drei Arten kompensiert werden. „Erstens können die Lieferungen durch andere Quellen ersetzt werden; zweitens kann die Nachfrage reduziert und Energie eingespart werden; und drittens können eventuell bestehende Inf­rastrukturengpässe, zum Beispiel durch effizienteres Pipe­linemanagement, beseitigt werden“, schreibt das DIW.

Vor dem russischen Angriff gegen die Ukraine bezog die EU pro Quartal über 40 Milliarden Kubikmeter Erd­gas aus Russland. Dies entsprach mehr als 45 Prozent aller Gasimporte. Bis Anfang 2023 wurde die Liefermenge auf 10,5 Milliarden Kubik­meter je Quartal reduziert, also etwa ein Viertel. Davon flossen drei Milliarden Kubikmeter durch die Ukraine, 2,5 Mil­liarden Kubikmeter durch die Türkei. Zusätzlich wurden etwa fünf Milliarden Kubikmeter russisches Flüssiggas in die EU importiert.

Dem DIW zufolge könnten auch die mittel­- und osteuropäische EU-Staaten, die weiterhin stark von russischem Erdgas abhängig sind, einen vollständigen Ausfall der Lieferungen ausgleichen. Dafür müssten vor allem die LNG-­Importe aus den USA und Katar sowie die Importe über Pipelines aus Norwegen und der kas­pischen Region mit Aserbaidschan und Turkme­nistan erhöht werden. Für einige Länder bleibe auch die eigene Förderung wichtig, besonders für Rumänien.

Einbußen für Russland trotz mehr Exporte nach Asien

Russland könne den Verlust in Europa nur teilweise durch Exporte nach Asien ausgleichen. Kurz­fristig seien diese Exporte auf LNG und eine ­Pipeline nach China beschränkt. „Es ist anzunehmen, dass mittel­ und langfristig die Pipelinekapazitäten ausgebaut werden können“, schreibt das DIW.

China habe aber eine niedrigere Zahlungs­bereitschaft hat als frühere europäische Importeure. Russlands Einnahmen würden also sinken - bei zusätzlichen Kosten.

Mittel­ und lang­fristig steuere die europäische Energiewirtschaft auf einen Erdgasausstieg zu, schreibt das DIW. Der rasche Umstieg auf erneuerbare Energien könne dazu beitragen, Importabhängigkeiten und damit die Erpressbarkeit einiger europäischer Staaten zu ver­ringern.

Auch die europäischen Erdgasinfrastruktur mit Pipelines, LNG­-Terminals und Verdichtern sei bereits stark ausgebaut wor­den. Sie bedürfe nur eines geringfügigen Ausbaus. Der geplante Ausbau der LNG­Kapazitäten erscheint dem DIW überdi­mensioniert. Die bestehenden Leitungen könnten effizienter genutzt werden.

Die komplette Studie des DIW findet ihr hier.