Werbung
Deutsche Märkte geschlossen
  • DAX

    18.161,01
    +243,73 (+1,36%)
     
  • Euro Stoxx 50

    5.006,85
    +67,84 (+1,37%)
     
  • Dow Jones 30

    38.239,66
    +153,86 (+0,40%)
     
  • Gold

    2.349,60
    +7,10 (+0,30%)
     
  • EUR/USD

    1,0699
    -0,0034 (-0,32%)
     
  • Bitcoin EUR

    59.450,46
    -713,74 (-1,19%)
     
  • CMC Crypto 200

    1.328,44
    -68,09 (-4,88%)
     
  • Öl (Brent)

    83,66
    +0,09 (+0,11%)
     
  • MDAX

    26.175,48
    +132,30 (+0,51%)
     
  • TecDAX

    3.322,49
    +55,73 (+1,71%)
     
  • SDAX

    14.256,34
    +260,57 (+1,86%)
     
  • Nikkei 225

    37.934,76
    +306,28 (+0,81%)
     
  • FTSE 100

    8.139,83
    +60,97 (+0,75%)
     
  • CAC 40

    8.088,24
    +71,59 (+0,89%)
     
  • Nasdaq Compositive

    15.927,90
    +316,14 (+2,03%)
     

Verschobener WeWork-Börsengang belastet Geldgeber Softbank

Der verpatzte Börsengang des Büroflächenvermieters WeWork ist ein herber Rückschlag. Die Kritik der Investoren an Vision-Fund-Initiator Softbank wächst.

Adam Neumann wollte sich dieser Tage eigentlich feiern lassen – für einen geglückten Börsengang und für seine kühne Vision, den 2010 gegründeten Vermieter von Büroflächen WeWork in ein milliardenschweres Unternehmen zu verwandeln. Doch es kam anders. Am Dienstag sprach der Vorstandschef vor seinen Mitarbeitern von Ernüchterung und davon, dass er noch viel lernen müsse.

Das Unternehmen, das sich kürzlich in „The We Company“ umbenannte, hat den für September geplanten Börsengang vorerst abgesagt. Amerikas wertvollstes Start-up, noch im Januar mit 47 Milliarden Dollar bewertet, konnte an der Wall Street nicht genug Interessenten finden. Und das, obwohl die Bewertung zuletzt immer weiter nach unten korrigiert wurde, bis nur noch von rund zehn Milliarden Dollar die Rede war.

Das ist nicht nur für das erfolgsverwöhnte Unternehmen und dessen Investmentbanken, JP Morgan und Goldman Sachs, ein herber Rückschlag. Der verpatzte Börsengang stellt auch WeWorks größten Geldgeber Softbank vor ungeahnte Schwierigkeiten. Der japanische Mobilfunkkonzern schuf 2017 den 100 Milliarden Dollar schweren Vision Fund und ist seitdem dabei, sich als Technologie-Investor einen Namen zu machen.

WERBUNG

Doch die Erfolge blieben zuletzt aus. Von den sechs Unternehmen aus dem Vision-Portfolio, die an die Börse gegangen sind, werden nur zwei über dem Ausgabepreis gehandelt: Guardant Health, ein Hersteller von Bluttests, und die Biotech-Firma 10x Genomics. Die Büro-App Slack hat seit dem Börsengang im Juni 36 Prozent verloren, die Papiere des Fahrdienstanbieters Uber haben um rund ein Viertel nachgegeben. WeWork plant nun, im vierten Quartal einen neuen Anlauf für den Börsengang.

Softbanks Investoren stellen sich unterdessen darauf ein, dass der Konzern Abschreibungen auf seine Investments vornehmen muss. Dass die Einhörner, also Start-ups, die auf eine Bewertung von mindestens einer Milliarde Dollar kommen, an der Wall Street abblitzen, schadet auch der großen Vision von Softbank-Chef Masayoshi Son. Der hatte noch im August angekündigt, nach dem weltgrößten Technologiefonds einen zweiten Vision Fund auflegen zu wollen.

Der sollte mit 108 Milliarden Dollar noch größer werden. Nun jedoch könnten wichtige Geldgeber ihr Engagement deutlich verringern. Der Staatsfonds aus Saudi-Arabien, der mit 45 Milliarden Dollar größter Investor des ersten Fonds ist, könnte für die Zweitauflage nur die Gewinne aus dem ersten Fonds reinvestieren, berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg.

Der Staatsfonds aus Abu Dhabi, der 15 Milliarden Dollar zum ersten Fonds beitrug, könnte jetzt weniger als zehn Milliarden beisteuern, hieß es. Eine finale Entscheidung stehe jedoch noch aus. Auch die US-Konzerne Apple, Microsoft und der taiwanesische Auftragshersteller Foxconn wollten sich als Geldgeber an der zweiten Runde beteiligen.

Son hat sein Ziel klar bestimmt: Er will Softbank zum führenden Konzern im Zeitalter Künstlicher Intelligenz, Roboter und des Internets der Dinge machen. Mit dem Vision Fund hat er sich einen Traum erfüllt. Er sieht sich als Königsmacher oder besser gesagt als „Einhorn-Jäger“, der selbst mitbestimmt, welche Unternehmen er zu milliardenschweren Konzernen machen will.

Der Vision Fund ist der größte Technologiefonds aller Zeiten. Damit ist Son zu einem der wichtigsten Investoren im Silicon Valley geworden, der die ohnehin schon hohen Bewertungen noch deutlich in die Höhe getrieben hat. Softbank investierte insgesamt rund elf Milliarden Dollar in WeWork, vier Milliarden davon stammen aus dem Vision Fund. Damit hält der Konzern nach eigenen Angaben insgesamt 29 Prozent an dem schnell wachsenden, aber hochdefizitären Bürovermieter.

In Uber investierte Softbank 7,7 Milliarden Dollar. Zu den weiteren 80 Beteiligungen des Funds gehören die Dogsitter-App Wag, der südkoreanische Onlinehändler Coupang und der indische Hotelvermittler Oyo. Am Mittwoch wurden zudem die Beteiligung an dem Münchener Fintech Wirecard und eine Kooperationsvereinbarung offziell besiegelt.

Alteingesessene Investoren und Gründer haben ein gespaltenes Verhältnis zum Vision Fund. „Softbank bot einerseits eine gute Gelegenheit für frühe Investoren und Gründer, ihre Anteile zu hohen Bewertungen weiterzuverkaufen“, gibt Sven Weber zu bedenken, der den Risikokapitalfonds Knightsbridge Advisers berät. „Auf der anderen Seite waren die Investments von Softbank oft so groß, dass sie andere, etablierte Risikokapitalgeber verdrängten.“

Zu viel Geld für Neugründungen

Der Vision Fund hat sich als aggressiver Spieler positioniert. „Gründer wissen: Wer einen Scheck ablehnt, muss damit rechnen, dass der Fonds beim nächstgrößten Wettbewerber einsteigt“, sagt ein New Yorker Venture-Capital-Investor, der seinen Namen lieber nicht in der Zeitung lesen will.

Das hat auch dazu geführt, dass eine Reihe von Start-ups mit einem Luxusproblem kämpfen: Sie haben zu viel Geld und müssen sich über Jahre nicht darum kümmern, profitabel zu werden. Über Risiken beim Geschäftsmodell sah Son großzügig hinweg, sowohl bei Uber als auch bei WeWork. Umsatzwachstum war lange Zeit alles, was zählte.

Zunächst konnte Son auf üppige Renditen verweisen. Für 2018 meldete der Softbank-Chef eine durchschnittliche Rendite von 29 Prozent. Auch zu Beginn des seit April laufenden Geschäftsjahres setzte sich die positive Entwicklung fort. Softbanks Anteil an den Fonds trug im ersten Quartal mit 3,3 Milliarden Euro 58 Prozent zum Betriebsgewinn der Gruppe bei. Kritiker monieren jedoch, es sei praktisch kaum nachzuprüfen, ob die Bewertungen tatsächlich realistisch sind, da nur wenige Beteiligungen bislang an die Börse gingen oder weiterverkauft wurden.

Die Auflage eines weiteren Vision Funds würde das Risiko für Investoren der Softbank-Gruppe noch verstärken, warnen Kritiker. Durch den neuen Fonds werde Softbank noch stärker zu einer Investmentgesellschaft, meint Tomoaki Kawasaki, Analyst beim Broker Iwai Cosmo. Er glaubt, dass sich die Anleger deshalb in Schwächeperioden schneller von den Aktien trennen werden.

Der Kurs der Gruppe fiel seit Ende Juli um 18 Prozent. Dem bekannten japanische Investor Yasushi Ando, Vorstandschef von New Horizon Capital, ist Sons Eile suspekt. Der erste Fonds habe noch keine lange Erfolgsgeschichte geschrieben. „Ich glaube nicht, dass es vernünftig ist, plötzlich einen Fonds gleicher Größe zu bilden.“

Son muss abliefern

Son betont dagegen immer wieder, dass er langfristig denke. Er konzentriert sich nun darauf, stärkere Synergien zwischen seinen Portfoliounternehmen zu schaffen, damit diese schneller wachsen können. Dabei versucht er, Cluster von Firmen zu bilden, die in ihrer jeweiligen Branche Künstliche Intelligenz und Digitalisierung einsetzen, um Marktführer zu werden. „Ich mag es nicht, die Nummer zwei zu sein,“ betont Son.

Seit der Multimilliardär mit dem Vision Fund seinen Geldgebern Rendite liefern muss, ist er fordernder gegenüber seinen Beteiligungen geworden und stößt Anteile auch schneller wieder ab. So verkaufte er die Beteiligung am indischen Onlinehändler Flipkart 2018 nach weniger als einem Jahr an den US-Einzelhandelsriesen Walmart. Dabei verdoppelte Son seinen ursprünglichen Einsatz von zwei Milliarden auf vier Milliarden Dollar.

Im Februar versilberte er seinen 4,9-prozentigen Anteil an dem Grafikchip-Riesen Nvidia. Son erklärte später, er habe dadurch auf sein ursprüngliches 700-Millionen-Dollar-Investment 3,3 Milliarden Dollar Gewinn realisiert. Wie sich Softbank und der Vision Fund als Investoren verhalten, wird von Gründern auf der ganzen Welt genau verfolgt. „Dass der Fonds auch gezielt in Konkurrenten seiner Beteiligungen investiert, wird oft skeptisch gesehen“, sagt Claudia Zeisberger, Professorin an der Business School INSEAD.

Uber etwa leidet darunter, dass Son auch in die größten Konkurrenten in China (Didi), Singapur (Grab) und Brasilien (99) investiert hat, die mit dem Geld ihr Geschäft deutlich ausbauen konnten. Uber zog sich dagegen aus China und Südostasien zurück. Zeisberger rät Gründern deshalb, nicht nur die Investoren zu wählen, die ihnen die höchste Bewertung bieten. „Das kann dazu führen, dass die Bewertung später in sogenannten ‚downrounds‘ wieder reduziert werden muss.“

Das bekommt nun auch WeWork zu spüren. Wie groß der Abschlag letztlich ausfallen wird, ist derzeit noch offen. Dass WeWork tatsächlich noch 2019 die Börse geht, halten Branchenkenner für unwahrscheinlich. „Eigentlich müsste sich das Unternehmen 18 Monate nehmen, um die Bewertung und die Beteiligungen neu zu strukturieren und die Verluste zu reduzieren“, sagt Investor Weber. Ob Neumann und Son aber so viel Geduld aufbringen, bezweifeln viele Kritiker.