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Umstrittene Urlaubssteuer benachteiligt deutsche Reiseveranstalter

Deutsche Pauschalreise-Anbieter klagen über Wettbewerbsnachteile durch die Gewerbesteuer. Nun könnte der Bundesfinanzhof eine wichtige Entscheidung treffen.

„Der erste Veranstalter musste wegen der rückwirkenden Urlaubssteuer bereits Insolvenz anmelden“, sagt Benedikt Esser vom Bustouristikverband RDA. Foto: dpa
„Der erste Veranstalter musste wegen der rückwirkenden Urlaubssteuer bereits Insolvenz anmelden“, sagt Benedikt Esser vom Bustouristikverband RDA. Foto: dpa

Anbieter von Pauschalreisen blicken hoffnungsvoll nach München. Der Bundesfinanzhof verhandelt an diesem Mittwoch über eine Besonderheit für ihre Branche bei der Gewerbesteuer, die existenzgefährdend für manche Betriebe sei. Eine „massive Marktverzerrung“, beklagt Benedikt Esser vom Internationalen Bustouristik Verband RDA. „Das ist ein Förderprogramm für unsere ausländischen Wettbewerber“, sagte er dem Handelsblatt.

Grund seines Ärgers ist die gewerbesteuerliche Hinzurechnung: Pauschalreiseveranstalter werden für die von ihnen angebotenen Hotelzimmer steuerlich mit einem Eigentümer gleichgestellt und müssen auf Teile dieses „fiktiven Anlagevermögens“ Gewerbesteuer entrichten. Nach Auskunft des Bundesfinanzministeriums zählen 12,5 Prozent der Miet- und Pachtaufwendungen eines Reiseveranstalters zum Gewerbeertrag, auf den Gewerbesteuer zu entrichten ist. „Die Belastung durch diese Hinzurechnung verteuert den Reisepreis um 2,3 Prozent“, sagte Esser.

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Vor dem Bundesfinanzhof (Az III R 22/16) geht es am Mittwoch in der mündlichen Verhandlung darum, wieweit ein Reiseveranstalter, der ein Paket für den Urlauber schnürt, über Hotelzimmer „verfügt“ oder sie nur „vermittelt“. Offen ist, ob die Richter noch am selben Tag ihr Urteil verkünden.

Die Finanzverwaltung geht nach gleichlautenden Erlassen der Länder vom 2. Juli 2012 davon aus, dass ein Reiseveranstalter ein im Eigentum eines anderen stehendes unbewegliches Wirtschaftsgut (Hotelzimmer) mietet, um die Leistung (Pauschalreise) anbieten zu können, und diese Miete dann – wie in anderen Branchen auch – zur Gewerbesteuer-Bemessungsgrundlage hinzugerechnet werden muss.

Dem widerspricht jetzt auch das Bundeswirtschaftsministerium. „In wirtschaftlicher Hinsicht ist der mittelständische Reiseveranstalter ein Händler“, sagte Thomas Bareiß (CDU), parlamentarischer Staatssekretär und Tourismusbeauftragter, dem Handelsblatt. Es entspreche nicht dem Geschäftszweck, Reiseleistungen wie Unterbringung in Eigenregie zu erbringen, deshalb sei das Hotelkontingent steuerlich als Umlaufvermögen einzuordnen, das nicht der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung unterliegt, argumentiert er. Er vergleicht Reiseveranstalter mit Lebensmittelhändlern: „So wenig wie der Lebensmittelhändler alle Produkte in seinen Regalen selbst herstellen kann, kann der Reiseveranstalter alle Reiseleistungen, die er für die Kunden zu Paketen schnürt, selbst vorhalten und erbringen“, sagte er.

Gerichte sind uneins

Die Urteile in erster Instanz sind in dieser Frage allerdings genauso gespalten wie die Bundesregierung: Das Finanzgericht Münster folgte der Argumentation der Finanzverwaltung, vertreten vom Bundesfinanzministerium, und bejahte die Hinzurechnungspflicht der Hotelzimmermieten. Das Finanzgericht Düsseldorf lehnte sie ab. Gegenstand der Verhandlung am Mittwoch ist das Urteil des Finanzgerichts Münster. Das Bundesfinanzministerium erwartet, dass sich der Bundesfinanzhof in diesem Jahr auch noch mit dem Urteil aus Düsseldorf befassen wird (Az III R 74/18).

Wie stark diese rückwirkend zu zahlende Steuerlast die etwa 2.500 deutschen Reiseveranstalter wirtschaftlich trifft, ist aus den Statistiken nicht exakt zu ermitteln. Verbandspräsident Esser sieht gerade kleinere Anbieter sogar in ihrer Existenz bedroht. „Der erste Veranstalter musste wegen der rückwirkenden Urlaubssteuer-Belastung bereits Insolvenz anmelden“, sagte er. Zu befürchten stehe auch, dass ein Teil der Branche ins Ausland abwandere.

Sollte der Bundesfinanzhof im Sinne der Reiseveranstalter urteilen, verspricht Bareiß einen Vorstoß des Wirtschaftsministeriums, diese „Urlaubssteuer“ endgültig zu kippen. Im Bundesfinanzministerium dagegen verfolgt man bisher hierzu „aus steuerlicher Sicht keine Reformpläne“.