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UBS-Verwaltungsratschef Weber dämpft Frankfurts Brexit-Hoffnungen

Viele Politiker und Finanzmanager in Frankfurt sehen den Brexit als Glückfall. Sie gehen davon aus, dass zahlreiche Banken Geschäfte von der Themse an den Main verlagern werden und dabei nicht nur Arbeitsplätze, sondern auch mehr internationales Flair mitbringen. Bis 2021 rechnet die Standortinitiative Frankfurt Main Finance wegen des britischen EU-Austritts mit 10.000 neuen Stellen im Finanzsektor.

Die Grundstimmung beim 11. Finanzplatztag an der Alten Börse in Frankfurt ist am Mittwoch folglich gut. Doch dann kommt Axel Weber. Der Verwaltungsratschef der Schweizer UBS hält die Brexit-Euphorie am Main für übertrieben.

Europa müsse es vermeiden, „Eigentore zu schießen“, mahnt der ehemalige Bundesbank-Chef. „In vielen Bereichen wird es nicht dazu kommen, dass alle in London die Koffer packen und nach Kontinentaleuropa abwandern.“ Durch den Brexit könne Frankfurt zwar gestärkt werden, sagt Weber. „Aber der Hauptprofiteur könnte ein Finanzplatz wie New York sein.“

Frankfurt rechnet sich besonders bei der Abwicklung von außerbörslichen Derivategeschäften in Euro (Euro-Clearing) große Chancen aus. Bisher wird ein Großteil dieses Geschäfts in London abgewickelt. Die EU will darauf aber auch nach dem Brexit Zugriff haben. Deshalb sollen die Briten entweder einer Beaufsichtigung des Geschäfts durch EU-Behörden in London zustimmen – oder ein Abwandern nach Kontinentaleuropa hinnehmen.

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In Frankfurt hoffen viele auf eine Verlagerung an den Main – doch aus Sicht von Weber wäre das „nicht die beste Antwort“ auf den Brexit. Der UBS-Verwaltungsratschef fürchtet, dass es dann zu einer Fragmentierung des Marktes und möglicherweise auch zu mehr Protektionismus im Finanzsektor kommen könnte.

„EU-Abschottungsreaktionen könnten in den USA weitere Abschottungsreflexe auslösen – etwa beim Dollar-Clearing“, warnt Weber. „Ich glaube, dass die Gefahr enorm groß ist, dass es dadurch für den globalen Finanzmarkt zu einer komplett neuen Situation kommt, wo wir regionale Clearings bekommen und die Liquidität im Gesamtmarkt deutlich stärker fragmentiert wird.“

Widerspruch kommt von Joachim Faber, dem Aufsichtsratschef der Deutschen Börse. Sein Unternehmen würde von einer Verlagerung des Euro-Clearings nach Frankfurt profitieren. Aber laut Faber gibt es auch bei vielen Banken den Wunsch, nicht von einem einzigen Abwicklungshaus („Central Clearer“) abhängig zu sein.

„Es ist schlicht und einfach eine Frage des guten Risikomanagements“, sagt Faber. Das treibe auch die britische Großbank HSBC um, bei der er im Aufsichtsrat sitzt. „Ich kann Ihnen das vom HSBC-Board sagen: Die Central Clearer werden im Bankenbereich als die potenziellen Verursacher der nächsten Krise angesehen.“

Die Investmentbank Goldman Sachs beobachtet zudem, dass immer mehr deutsche und europäische Kunden ihre Handelsgeschäfte bei der Deutsche-Börse-Tochter Eurex abwickeln wollen. „Wir gehen dahin, wo unsere Kunden handeln wollen“, betont Jörg Kukies, der Co-Chef von Goldman Sachs in Deutschland. „Und zahlreiche unserer Kunden wollen an der Eurex Zinsswaps handeln.“

Laut Kukies wird Goldman Sachs kontinentaleuropäische Kunden künftig wieder verstärkt vor Ort betreuen, etwa aus Mailand, Madrid, Stockholm, Frankfurt oder Paris. Dass nach dem Brexit Geschäfte im großen Stil in die USA abwandern, glaubt Kukies im Gegensatz zu UBS-Manager Weber nicht. „Die Regionalisierung innerhalb von Kontinentaleuropa wird der größere Effekt sein als die Verlagerung nach New York.“

Nach Webers Beobachtungen wollen sich in London ansässige Banken im Rahmen des Brexit möglichst lange alle Optionen offenhalten, bevor sie Arbeitsplätze und Geschäfte verlagern. „So lange unklar ist, was passiert, wird man nur solche Veränderungen einleiten, die man nachher nicht bereut.“

Gerade Mitarbeiter mit Familien würden bei Bedarf lieber von London nach Frankfurt pendeln, statt mit Kind und Kegel umzuziehen, sagt Weber. „Die Schlangen an den Meldeämtern werden sicherlich weniger groß sein als die Schlangen am Frankfurter Flughafen.“