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Tut sie's oder tut sie's nicht?

Tapfer hat sich der Dax in der vergangenen Woche hochgearbeitet. Gute Konjunkturdaten wie die zum ifo-Geschäftsklima gaben Rückenwind, und auch die Hilfsmaßnahmen für Griechenland sorgten an den Börsen für gute Stimmung. Sogar die Sorgen vor dem „Brexit“ verringerten sich angesichts neuer Umfrageergebnisse.

Ein Nachrichtenpaket, das viele Investoren überzeugte. Am Freitag setzte sich der Dax deutlich über der Marke von 10.000 Zählern fest und nahm damit ein sattes Plus von insgesamt fast fünf Prozent mit ins Wochenende.

Doch die wichtigen Fragen, die über die weitere Entwicklung der Börsen entscheiden werden, sind damit nach wie vor nicht geklärt: Bleibt Großbritannien Mitglied der Europäischen Union (EU)? Und wann wird die US-Notenbank ihren nächsten Zinsschritt gehen?

Die Experten zerbrechen sich darüber die Köpfe. „Erhöht die Fed im Juni die Zinsen und kann ein Brexit vermieden werden, ist es aus unserer Sicht sehr wahrscheinlich, dass die Aktienkurse wieder anziehen werden“, sind die Aktienexperten der DZ Bank zuversichtlich. Sie erwarten „seit geraumer Zeit eine weitere Leitzinsanhebung im Juni“, schreiben sie in einer aktuellen Markteinschätzung.

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Beim Zinsentscheid dürfte die US-Konjunktur eine Rolle spielen. Die US-Wirtschaft hat einen schwachen Start ins Jahr hingelegt und bietet der Notenbank Fed nur wenig mehr Spielraum für eine Zinserhöhung. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) wuchs von Januar bis März aufs Jahr hochgerechnet lediglich um 0,8 Prozent, wie das Handelsministerium am Freitag in Washington mitteilte. Es ist das schwächste Wachstum seit einem Jahr. Experten hatten mit einem Tick mehr gerechnet, nachdem eine frühere Schätzung lediglich 0,5 Prozent ergeben hatte.

Experten sind skeptisch, dass die US-Notenbank wirklich schon die Zinsen bei ihrer nächsten Sitzung am 15. Juni anhebt. So rechnen die Volkswirte der HSBC damit, dass sich die Fed mit diesem Schritt bis September Zeit lassen wird. Zur Begründung verweisen sie auf den amerikanischen Arbeitsmarkt. Diese Richtung bestätige auch Fed-Chefin Janet Yellen am Freitagabend bei einer Rede in Cambridge. Falls das Wachstum weiter anziehe, seien schrittweise und vorsichtige Schritte nach oben angebracht. Yellen ließ indes offen, ob sie eine Erhöhung im Juni oder erst im Juli oder September anvisiert.

Am kommenden Freitag werden die aktuellen Daten zur Zahl der Beschäftigten und der Arbeitslosenquote veröffentlicht. Im Schnitt erwarten die von Reuters befragten Volkswirte, dass die Zahl der Stellen (Landwirtschaft ausgenommen) um 170.000 gestiegen ist und die Arbeitslosenquote leicht auf 4,9 Prozent gesunken ist. HSBC ist hier aber weniger optimistisch. Und auch die NordLB verweist in einem aktuellen Marktkommentar auf die Möglichkeit, dass „auch der Juli terminanvisiert werden“ könne, „der nach dem Brexit-Referendum liegt“.


Bleibt Großbritannien in der EU oder nicht?

Die Briten stimmen am 23. Juni über den Verbleib ihres Landes in der EU ab. Umfragen zufolge läuft es auf ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen beiden Lagern hinaus. Bis die Lösung dieser Fragen klar ist, dürften alle Konjunkturdaten auf Hinweise dazu abgeklopft werden. In den Hintergrund rückt für die Börsianer da sogar die Sitzung der Europäischen Zentralbank (EZB) in Wien am Donnerstag, wo Zinserhöhungen kein Thema sein dürften.

Wichtigster Termin in dieser Woche abseits Zinsen und Konjunktur wird wohl der Quartalsbericht von Volkswagen sein. Am Dienstag lässt sich Europas größter Automobilhersteller in die Bücher blicken. Zwar stehen darin, wie dpa unter Berufung auf Insider berichtet, wohl keine neuen Rückstellungen für „Dieselgate“ drin. Erwartet wird aber, dass unter anderem Kosten für Rabattaktionen auf das Ergebnis gedrückt haben. Rocket Internet veröffentlicht ebenfalls am Dienstag Ergebnisse, Ahold und Audi folgen am Mittwoch und Scania am Donnerstag.

Doch das war es dann auch schon von Seiten der Unternehmen. Für die meisten Schlagzeilen dürften in den kommenden Tagen Konjunkturzahlen sorgen.

Ohnehin sieht es nach einem ruhigen Wochenstart aus. Es ist „Memorial Day“ in Amerika; man gedenkt den im Krieg gefallenen Soldaten. An den US-Börsen wird daher am Montag nicht gehandelt, und auch in London ist Feiertag. Für viele internationale Investoren beginnt die Arbeitswoche erst am Dienstag. Da der viel beachtete Arbeitsmarktbericht erst für Freitag auf dem Zettel steht, wird sich am deutschen Aktienmarkt nach Ansicht von Experten erst einmal kaum etwas tun. „Der Dax wird mehr oder weniger auf der Stelle treten“, zitiert die Nachrichtenagentur Reuters Aktienstratege Tobias Basse von der NordLB. „Der Fokus liegt ganz klar auf der Geldpolitik und den Wirtschaftsdaten in den USA.“

KONTEXT

Die Schwer- und Leichtgewichte im Dax (am 19. Mai 2016)

Platz 1

Bayer

Gewichtung: 9,83 Prozent

Die Werte des Dax sind kapitalgewichtet, das heißt die Bedeutung des Werts innerhalb des Index bemisst sich am Anteil der Firma am gesamten Marktwert der im Index enthaltenen Werte. Allerdings wird nur der frei handelbare Teil des Grundkapitals jedes Unternehmens herangezogen.

Alle Daten mit dem Stand vom 19. Mai 2016.

Platz 2

Siemens

Gewichtung: 8,58 Prozent

Platz 3

SAP

Gewichtung: 8,04 Prozent

Platz 4

Allianz

Gewichtung: 7,91 Prozent

Platz 5

BASF

Gewichtung: 7,78 Prozent

Platz 26

ThyssenKrupp

Gewichtung: 0,98 Prozent

Platz 27

Beiersdorf

Gewichtung: 0,94 Prozent

Platz 28

Commerzbank

Gewichtung: 0,93 Prozent

Platz 29

Lufthansa

Gewichtung: 0,72 Prozent

Platz 30

RWE

Gewichtung: 0,67 Prozent

KONTEXT

Fakten rund um den Dax

Die Anfänge

Der Dax führt den Index der "Börsen-Zeitung" fort. Basis der Indexberechnung ist der 30. Dezember 1987 mit einem Wert von 1.000 Punkten. Die historische Zeitreihe reicht bis 1959 zurück.

Wer ist gelistet?

Im Dax sind die Aktien der 30 größten und umsatzstärksten deutschen Unternehmen an der Frankfurter Wertpapierbörse enthalten.

Wie wird der Dax berechnet?

Der Index wird sekündlich auf Basis der Xetra-Kurse von 9.00 bis 17.30 Uhr berechnet und ist ein Performance-Index. Damit unterscheidet er sich vom Dow-Jones-Index für die US-Standardwerte, in dem die Aktien nicht gewichtet sind.

Wonach werden die Aktien gewichtet?

Das Gewicht einer Aktie bemisst sich nach dem Anteil an der gesamten Kapitalisierung der im Index enthaltenen Werte.

Was entscheidet über die Aufnahme in den Dax?

Wichtigstes Kriterium für die Dax-Aufnahme sind der Wert des Unternehmens an der Börse (Marktkapitalisierung) und der Börsenumsatz. Jeweils zu Monatsbeginn erstellt die Börse nach diesen Kriterien eine Rangliste, die dem Arbeitskreis Aktienindizes als Entscheidungsgrundlage bei der Überprüfung des Index dient. Daneben werden unter anderem auch der Streubesitz oder die Sektorenzugehörigkeit berücksichtigt.

Wie beeinflussen Dividenden den Index?

Bei Dividenden- oder Bonuszahlungen wird die Indexberechnung um den Betrag der Barausschüttung korrigiert. Ähnliches gilt bei Kapitalmaßnahmen.

Wer bestimmt über den Dax?

Die Zusammensetzung des Dax wird einmal jährlich im September vom Arbeitskreis Aktienindizes überprüft. Diesem gehören die Deutsche Börse und Banken aus dem In- und Ausland an. Der Arbeitskreis tagt aber vier Mal im Jahr: im März, Juni, September und Dezember.