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Wie Topmanager Berninger den Chemiekonzern Bayer grüner machen will

Früher saß er für die Grünen im Bundestag, jetzt ist Matthias Berninger Topmanager bei Bayer. Nun gewährt er Einblicke in die neue Nachhaltigkeitsstrategie des Konzerns.

Es ist eine der aufsehenerregendsten neuen Personalien bei Bayer: Matthias Berninger, bekennender Grüner und einst für die Ökopartei im Bundestag, hat zu Jahresbeginn bei dem Leverkusener Pharma- und Landwirtschaftskonzern als neuer globaler Chef für Lobbyarbeit und Nachhaltigkeit angeheuert.

Seither trat er öffentlich nur wenig in Erscheinung. Der Grund: Berninger hat in den zurückliegenden Monaten sein erstes großes Projekt ausgearbeitet – die neue Nachhaltigkeitsstrategie von Bayer.

Am Mittwoch gab der 48-Jährige in der Bayer-Zentrale in Leverkusen erste Einblicke in die Strategie – er trat vor den rund 300 Teilnehmern des „Future Farming Dialogue“ auf, den der Konzern jährlich ausrichtet. Es ist eine Debattenveranstaltung mit Landwirten, Agrarwissenschaftlern und Fachjournalisten aus aller Welt.

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Die brennendste Frage beantwortet Berninger stets vorweg, wenn er sagt, er sei nicht zu Bayer gegangen, obwohl er ein bekennender Grüner ist, sondern weil er ein solcher ist. Manchen in der Partei ist dies unverständlich, schließlich pflegen die Grünen und Bayer ein spannungsreiches Verhältnis: Grüne Gentechnik, chemischer Pflanzenschutz, Saatgutpatente – das Kerngeschäft von Bayers Agrarsparte ist für viele reines Teufelszeug.

In der Branche wird es aber als geschickter Schachzug der Bayer-Führung gewertet, einen aus den Reihen der Ökobewegung als neuen Cheflobbyisten zu verpflichten. Erfahrung dafür bringt Berninger mit, er war zuvor sieben Jahre als Leiter Global Affairs beim amerikanischen Süßwarenhersteller Mars tätig.

Jetzt aber Bayer mit all den Herausforderungen: das verschlechterte Image seit der Übernahme von Monsanto oder die wachsende Kritik am Modell der industrialisierten Landwirtschaft, für die Bayer der weltweit führende Zulieferer von Pflanzenschutz, Saatgut und Digitaltechnik ist.

Die Front gegen Bayer ist groß: Bei der Hauptversammlung im April demonstrierte die „Fridays for Future“-Bewegung vor der Halle gegen „Klimaschäden“ durch Monsanto: Bayer sei auf einem guten Weg gewesen, aber die Übernahme habe den Konzern in Sachen Verringerung der Treibhausgas-Emissionen zurückgeworfen, hieß es vonseiten der Jugendlichen.

Tatsächlich sind die Emissionen von Bayer inklusive Monsanto im Jahr 2018 von 3,6 auf 5,5 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente hochgeschnellt. Große Investoren bewerten Bayer in Sachen Nachhaltigkeit daher ebenfalls kritischer.

Monsantos „desaströse Umweltbilanz“ schlage voll auf Bayer durch, sagte Janne Werning von der Fondsgesellschaft Union ebenfalls auf der Hauptversammlung. Viele Geldgeber orientieren sich bei ihren Investments mittlerweile klar an Nachhaltigkeitskennzahlen und -strategien von Firmen.

Berninger weiß um all dies: „Seit der Übernahme haben wir noch ein klareres Mandat“, sagt er. Im Veranstaltungszentrum von Bayer, dem Baykomm, spricht er vom Anthropozän, in dem wir leben: Ein Zeitalter, in dem die Menschen zum einflussreichsten Faktor dafür geworden sind, wie sich die Erde biologisch, geologisch und atmosphärisch verändert. Er benennt die Probleme: Verlust von Biodiversität, das Überschreiten der planetaren Grenzen, die Folgen des Klimawandels.

Berninger schreckt nicht vor klaren Worten zurück

„Kaum ein Unternehmen hat so viele Hebel, um zu mehr Nachhaltigkeit beizutragen, wie Bayer“, sagt Berninger. Deswegen arbeite er für den Konzern. Für ihn geht es dabei nicht nur die Verbesserung der konzerneigenen Klimabilanz.

Bayer soll künftig den Zugang zu wichtigen Medikamenten in weniger entwickelten Ländern erleichtern. Die Agrarsparte soll Kleinbauern in diesen Regionen stärker unterstützen und mit Digitaltechnologie ausrüsten.

Selbst zu den Rodungen in Brasilien äußert sich Berninger kritisch, wo Regenwald geopfert wird, um noch mehr landwirtschaftliche Flächen zu schaffen. Bayer ist der führende Lieferant für die brasilianischen Bauern, die Soja-Saatgut, Insektizide und Unkrautvernichter bei dem Konzern ordern. „Wir dürfen nicht neue Anbaufläche schaffen, sondern müssen die bestehende effizienter nutzen“, sagt Berninger.

Das passt natürlich gut in die wirtschaftliche Strategie von Bayer, die auf Innovationen ausgerichtet ist, mit denen in der Landwirtschaft höhere Ernteerträge auf geringerer Fläche möglich sein sollen.

Ökonomie und Nachhaltigkeit sind für Berninger aber keine Gegensätze. Bei Bayer soll beides künftig eine gleichgewichtige Rolle spielen, kündigte er an. Bayer soll kein Konzern sein, der nur von Nachhaltigkeit redet, aber nichts tut und am Ende die Vorhaben doch dem Profitdenken opfert.

Vor solch klaren Worten schreckt Berninger nicht zurück. In der Bayer-Führung hat er Rückhalt: CEO Werner Baumann wird sich mit dem jüngst angekündigten Vorstandsumbau dem Thema Nachhaltigkeit persönlich annehmen. Der Aufsichtsrat hat die von Berningers Team ausgearbeitete grüne Strategie im September abgesegnet – die Kontrolleure kündigten intern zugleich an, die Umsetzung der Ziele genau überwachen zu wollen.

Spätestens im Dezember will der Konzern die Pläne mit allen Details öffentlich vorstellen – inklusive klar formulierter Ziele und Messwerten für die Umsetzung. In den nächsten Wochen geht Berninger erst einmal auf Tour bei den Investoren. Die großen Fondsgesellschaften und Anteilseigner fordern vom Konzern schon länger eine substanzielle neue Nachhaltigkeitsstrategie.