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Der Ton wird rauer: M.M. Warburg zieht nach Niederlage gegen die Deutsche Bank vor das OLG

Die Hamburger Privatbank fordert 176 Millionen Euro Schadensersatz von der Deutschen Bank. Nach einer ersten Niederlage geht es nun in die zweite Instanz.

Die Verantwortung für den Steuerschaden liege bei der Deutschen Bank, argumentiert die Privatbank M.M. Warburg. Diese weist die Vorwürfe zurück. Foto: dpa
Die Verantwortung für den Steuerschaden liege bei der Deutschen Bank, argumentiert die Privatbank M.M. Warburg. Diese weist die Vorwürfe zurück. Foto: dpa

Es kommt nicht häufig vor, dass sich zwei Banken in Deutschland derart unversöhnlich gegenüberstehen. Doch die Summe, um die gestritten wird, macht einen Rückzug schwierig. 176 Millionen Euro verlangt die Privatbank M.M. Warburg vom Branchenprimus, der Deutschen Bank. Zwar erlitten die Norddeutschen kürzlich vor dem Landgericht Frankfurt eine Niederlage, doch sie lassen nicht ab. Anfang November legten sie Berufung ein. Nun ruhen die Hoffnungen der Hamburger auf dem Oberlandesgericht Frankfurt.

Hintergrund des Streits sind Cum-Ex-Geschäfte. Dabei wurden Aktien innerhalb weniger Tage rund um den Ausschüttungstermin mit (cum) und ohne (ex) Dividende im Kreis gehandelt. Diesen Cum-Ex-Transaktionen standen sogenannte Leerverkäufe gegenüber, bei denen man Aktien verkaufte, die man noch gar nicht besaß. Zudem war der Handel gegen Kursschwankungen abgesichert.

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Die Geschäfte waren sehr kompliziert strukturiert, um den wahren Sinn zu verschleiern: Die Beteiligten ließen sich dabei mehr Kapitalertragsteuern erstatten, als sie abführten.

Mehr als 130 Finanzinstitute bereicherten sich auf diese Weise jahrelang am deutschen Steuerzahler. Seit 2012 ermitteln Staatsanwälte landauf, landab – allein in Köln werden inzwischen fast 1000 Beschuldigte gezählt. Im März wurden die ersten beiden Banker zu Bewährungsstrafen verurteilt.

Die M.M. Warburg soll als „hinzugezogene Prozessbeteiligte“ 176 Millionen Euro zahlen. Aktuell sitzt ihr ehemaliger Generalbevollmächtigter auf der Anklagebank in Bonn. In der Anklageschrift ist das Wichtigste in einem Satz zusammengefasst: Die Cum-Ex-Geschäfte wären ohne die Auslösung von doppelten Steuererstattungen wirtschaftlich sinnlos gewesen.

Die M.M. Warburg will die 176 Millionen Euro nicht zahlen und hält auch ihren ehemaligen Generalbevollmächtigten für unschuldig. Bei den Geschäften kaufte die Hamburger Bank Aktien von ICAP, einem englischen Broker. Zum Zeitpunkt des Verkaufs war ICAP noch nicht Eigentümer der Aktien – der Broker agierte als Leerverkäufer und würde das Aktiengeschäft erst später mit dem eigentlichen Besitzer glattstellen. Und die Deutsche Bank war mit ihm Spiel.

Sie war die Depotbank von ICAP, verwahrte also die Aktien, mit denen die Beteiligten ihre undurchsichtigen Geschäfte trieben und die Eigentumsverhältnisse mal in die eine, mal in die andere Richtung drehten. So wurde dabei das provoziert, worauf die Initiatoren der Cum-Ex-Geschäfte von vornherein aus waren: Die Finanzämter verloren den Überblick und zahlten zwei Erstattungen für eine Steuer, die nur einmal abgeführt worden war.

Die Deutsche Bank war dabei der eigentliche Verantwortliche für den Steuerschaden, sagt die M.M. Warburg. Die Hanseaten selbst seien schuldlos, weil sie sich doch genau so verhalten hätten wie vorgeschrieben: Sie führten eine Steuer ab, beantragten eine Steuererstattung und erhielten sie auch. Jahrelang habe daran das zuständige Finanzamt für Großunternehmen in Hamburg nichts zu beanstanden gehabt.

Die Deutsche Bank dagegen, sagt die M.M. Warburg, hätte sich fehlverhalten. Als Beweis führen die Hamburger das Urteil aus ihrem Prozess gegen die Deutsche Bank vor dem Landgericht Frankfurt an: „Das Gericht hat in seinem Urteil die von M.M. Warburg von Beginn an vertretene Auffassung bestätigt, wonach die Einbehaltungspflicht der Beklagten als Depotbank bestand und zwischen den Parteien ein Gesamtschuldverhältnis vorliegt.“

Freilich, diese Einschätzung der Richter brachte nicht das gewünschte Ergebnis für die M.M. Warburg. Das Geldhaus sei die originäre Steuerschuldnerin gewesen, erklärten die Richter. Bei Nachforderungen des Finanzamtes könne sie die Steuerlast deshalb nicht auf die Deutsche Bank abwälzen.

Das findet auch die Deutsche Bank und wirft der M.M. Warburg eine Verdrehung der Tatsachen vor. „Das Landgericht Frankfurt hat entgegen der Behauptung von Warburg gerade nicht festgestellt, dass die Deutsche Bank im Warburg-Fall die Steuern einbehalten und abführen musste. Diese Frage hat das Gericht ausdrücklich offengelassen“, sagte ein Sprecher der Bank.

Die Deutsche Bank wehrt sich

Hinter den Kulissen ist die Rede von Schutzbehauptungen und Ablenkungsmanövern der M.M. Warburg. Die Hanseaten hätten gemeinsam mit dem als Cum-Ex-Guru bekannten und ebenfalls angeklagten Steueranwalt Hanno Berger die Geschäfte so gestaltet, dass sie möglichst undurchsichtig waren. Von Anfang an sei geplant gewesen, doppelte Steuererstattungen zu provozieren. Wo bitte hätten die hohen Gewinne für die M.M. Warburg sonst herkommen sollen?, argumentiert die Deutsche Bank im dem Rechtsstreit und ruft einen Kernsatz des ersten Strafurteils in Bonn in Erinnerung: Ohne den Griff in die Staatskasse seien die Geschäfte wirtschaftlich sinnlos gewesen.

Der Umstand, dass die M.M. Warburg und ihre Geschäftspartner mit dieser Masche so lange durchkamen, spreche nicht für die Hanseaten, sagt die Deutsche Bank. Wer sich die Steuerbescheinigungen ausstelle und gegenüber den Finanzbehörden falsche Angaben mache, dürfe die auf diesen Angaben beruhenden Entscheidungen später nicht als Schutzschild nutzen.

Dass die M.M. Warburg die Deutsche Bank nun in zweiter Instanz auf 176 Millionen Euro verklagt, sieht der Branchenprimus gelassen. Vor dem Oberlandesgericht könne nur das herauskommen, was bereits das Landgericht Frankfurt entschieden habe: „Warburg kann ihre eigene Steuerschuld nicht auf Dritte abwälzen“, sagt der Sprecher. Das gelte umso mehr, da Warburg nach den Feststellungen des Landgerichts Bonn vollkommen klar war, dass sie Cum-Ex-Geschäfte tätigte und die Deutsche Bank in dieser Konstellation keine Steuern einbehalten und abführen würde.

Das Thema Cum-Ex ist für die Deutsche Bank auch abseits von diesem Streit allerdings noch lange nicht ausgestanden. Die Staatsanwaltschaft Köln führt auch im Umfeld der Frankfurter Bank ein umfangreiches Ermittlungsverfahren mit zahlreichen Beschuldigten.