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Taktisch vernünftig

Im Kampf um die künftige Führungsrolle in der Agrochemie haben die Kontrahenten Bayer und Monsanto ihre nächsten Karten ausgespielt. Bayer hat seine Offerte den amerikanischen Saatgutriesen leicht erhöht, das Monsanto-Management verstärkt offenbar die Suche nach strategischen Alternativen und klopft dazu erneut bei BASF an.

Schon jetzt scheint klar, dass diese Manöver das Tauziehen noch nicht entscheiden. Denn nach allem, was bisher von US-Investoren und auch von Monsanto selbst zu hören ist, dürften die drei Dollar je Aktie, die Bayer zusätzlich auf den Tisch legt, kaum ausreichen, um einen Deal perfekt zu machen. Dazu erscheint der Widerstand in St. Louis zu stark, und der neue Vorstoß von Bayer-Chef Werner Baumann noch zu zaghaft.

Andererseits hat der Leverkusener Konzern auch wenig Grund, jetzt schon alle Trümpfe auf den Tisch zu legen. Zwar sind die Dinge im Agrochemie-Sektor weiterhin in Bewegung. Ein schneller strategischer Ausweg indessen dürfte für Monsanto kaum zu finden sein. Eine Verbindung mit wäre für den US-Konzern auf dem Papier zwar durchaus attraktiv. Sie wäre – wenn überhaupt – aber wohl nur zu Konditionen zu realisieren, die für die Monsanto-Aktionäre schwer zu verdauen sind.

Die vorsichtige Anhebung der Offerte war insofern ein taktisch vernünftiger Schritt von Baumann. Er demonstriert Entschlossenheit, erhöht den Druck auf das Monsanto-Management und signalisiert den eigenen Aktionären zugleich, dass man dabei doch behutsam vorangeht.

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Beides ist für den Bayer-Chef wichtig. Denn die Größe des Deals hat die Bayer-Aktionäre ohnehin bereits verschreckt. Inzwischen bewegt sich das Gesamtvolumen bei etwa 64 Milliarden Dollar. Und je höher die Summe steigt, desto schwieriger könnte die nötige Kapitalerhöhung für Bayer werden. Baumann hat daher allen Grund, sich an einen Deal eher heranzutasten als ihn mit der Brechstange zu erzwingen.

KONTEXT

Neue Runde im Milliardenpoker um Monsanto: Wo steht Bayer jetzt?

Was will Bayer jetzt für den umstrittenen US-Konzern zahlen?

Bereits im ersten Anlauf hatte Bayer im Mai rund 62 Milliarden Dollar oder gut 55 Milliarden Euro für den amerikanischen Saatgut-Hersteller geboten. Jetzt hat der Leverkusener Konzern sein Angebot noch einmal um rund 1,2 Milliarden Euro aufgestockt. Statt 122 will er 125 Dollar je Monsanto-Aktie zahlen.

Wird das für einen Erfolg im Übernahmepoker ausreichen?

Das ist ungewiss. Einerseits sind 1,2 Milliarden Euro mehr viel Geld. Das nachgebesserte Angebot entspreche damit einem Aufschlag von 40 Prozent auf den Schlusskurs der Monsanto-Aktie am 9. Mai 2016, also vor Bekanntwerden der Übernahmepläne, betont Bayer. Andererseits fällt der Nachschlag gemessen an den Erwartungen vieler Marktteilnehmer eher klein aus. In Finanzkreisen war auf einen Aufschlag von zehn bis 15 Dollar je Monsanto-Aktie spekuliert worden, nicht mit vergleichsweise bescheidenen drei Dollar.

Wie reagierte Monsanto?

Zunächst zurückhaltend. Man werde die neue Offerte prüfen, hieß es lediglich.

Warum kommt Bayer gerade jetzt mit dem neuen Angebot?

Bayer betonte, die Aufstockung des Angebots sei möglich geworden, nachdem das Leverkusener Unternehmen in vertraulichen Gesprächen mit Monsanto zusätzliche Informationen erhalten habe. Doch mag auch eine Rolle gespielt haben, das in den Medien zuletzt Berichte auftauchten, das Monsanto-Management suche nach strategischen Alternativen zum Bayer-Angebot. Dabei bemühe es sich auch, Gespräche mit dem Chemiekonzern BASF über einen Kauf der Pflanzenschutzsparte des deutschen Bayer-Rivalen wiederzubeleben.

Ist das jetzt das letzte Wort von Bayer?

Das weiß derzeit wohl nur die Führungsspitze des Leverkusener Konzerns. Der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), Marc Tüngler, meint: "Den Monsanto-Aktionären muss klar sein, dass es keine Salami-Taktik von Bayer geben wird. Das Unternehmen geht noch einmal auf sie zu. Aber es dürfte wohl eher das letzte Wort sein." Branchenkenner Jonas Oxgaard vom Analysehaus Bernstein Research glaubt dagegen, Bayer signalisiere damit zumindest ein Stück weit die Bereitschaft zu einem noch höheren Gebot oder einem aggressiveren Vorgehen, falls Monsanto nicht zu Verhandlungen bereit sei.

Wie reagieren die Bayer-Aktionäre auf die Erhöhung des Angebots?

Gelassen. Die Bayer-Aktie verzeichnete am Freitagvormittag sogar leichte Kursgewinne. Noch im Mai hatten das erste Angebot die Bayer-Aktionäre regelrecht in die Flucht getrieben. Der Kurs war phasenweise unter die Marke von 84 Euro gerutscht. Auf dem aktuellen Kursniveau kosten die Papiere allerdings immer noch rund sechseinhalb Prozent weniger als vor den ersten Gerüchten über ein Kaufinteresse an Monsanto.

Was macht Monsanto für Bayer so interessant?

Für Bayer wäre es der große Wurf. Auf einen Schlag würden die Leverkusener zur Nummer eins auf den Märkten für Saatgut und Pflanzenschutz aufsteigen. Bayer würde sich dadurch wichtige Schlüsseltechnologien etwa bei genverändertem Saatgut bei weiteren Anwendungen erschließen. In Kombination mit den klassischen Unkraut-, Pilz- und Schädlingsvernichtern könnte so eine geballte Macht entstehen. Auch in den Umbau des Konzerns passt der Schritt. So würde Bayer den Wandel vom chemisch-pharmazeutischen Mischkonzern zum Spezialisten rund um die Gesundheit von Mensch, Tier und Pflanze abrunden. Die Reputationsprobleme von Monsanto in den Griff zu bekommen, traut sich Bayer offenbar zu.