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18-Jähriger erschießt neun Menschen

Hinweis: Dieser Artikel ist eine Zusammenfassung der Lage mit Stand 04.00 Uhr. Alle aktuellen Infos finden Sie auch

Zehn Tote und 16 Verletzte lautet die vorläufige Bilanz nach einer Bluttat am frühen Freitagabend in München. Sie hatte aus der bayerischen Landeshauptstadt eine Geisterstadt gemacht. Erst um 01:26 Uhr am Samstagmorgen gab die Münchner Polizei Entwarnung.

Es war weit nach 02.00 Uhr, als Polizeipräsident Hubertus Andrä vor die Presse trat. An gleicher Stelle hatte er fast zur gleichen Uhrzeit in der Silvesternacht gesprochen. Damals hatte es eine Terrorwarnung in München gegeben, doch zum Glück war später nichts passiert.

Das war diesmal anders. Im grauen Anzug und mit ernster Miene trat Andrä vor die Kamerateams und Reporter. Es sei der schwerste Tag in seiner Amtszeit als Münchener Polizeipräsident, sagte Andrä, und einer der schwersten in seinen mehr als 40 Jahren als Polizist. Aber es gebe auch Hoffnung, ergänzte Münchens Polizeisprecher Marcus da Gloria Martins. „Wir haben das Problem gefunden, und es ist tatsächlich so, dass wir wieder nach vorne gucken können und der morgige Tag beginnen kann.“

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Die wichtigste Nachricht: Tatverdächtiger ist ein 18-jähriger Deutsch-Iraner aus München. Der Mann hatte sich nach der Schießerei selbst getötet. In der Anfangsphase der Tat hatte eine Zivilstreife Kontakt mit ihm und schoss auch auf ihn. Doch der Mann konnte zunächst entkommen. Er tötete neun Menschen - und danach sich selbst.

Nach Angaben Andräs hatte der 18-Jährige die ersten Schüsse in einem Schnellrestaurant abgegeben, anschließend feuerte er aus seiner Pistole auch an einem Einkaufszentrum und ergriff die Flucht. Die Leiche des jungen Mannes wurde etwa einen Kilometer vom Olympia-Einkaufszentrum entfernt aufgefunden, sagte Andrä weiter. Der Mann, der zuletzt mehrere Jahre in der bayerischen Landeshauptstadt gelebt hatte, war bislang noch nicht polizeilich aufgefallen.

Es sei nicht davon auszugehen, dass es weitere Täter gegeben habe. Die Frage nach einem möglichen Terrorakt oder einem Amoklauf sei nicht geklärt: „Wir gehen momentan von einer Schießerei aus“, sagte Andrä. Andrä rief die Bevölkerung noch einmal auf, der Polizei mögliche Handy-Videos vom Tatort zur Verfügung zu stellen (dafür hat die Polizei eingerichtet). Dies helfe bei der Klärung des Tatablaufs, sagte er.

Viele widersprüchliche Nachrichten hatte es in der Nacht gegeben. Zwei Männer hatten sich in einem Auto mit hoher Geschwindigkeit vom Tatort entfernt. Erst später konnte die Polizei klären, dass es sich nicht um Mittäter handelte. Zudem gab es zahlreiche Notrufe bei der Polizei, die von Schüssen oder sogar Geiselnahmen anderswo in der Stadt berichteten. "Gott sei Dank hat sich keiner dieser Hinweise bestätigt", sagte Andrä.

Doch wegen der Fehlalarme konnte die Polizei erst relativ spät davon ausgehen, dass keine weiteren Täter in der Stadt unterwegs waren. 2300 Einsatzkräfte aus mehreren Bundesländern waren im Einsatz. Für sie ging die Arbeit auch nach Auffinden des mutmaßlichen Täters weiter. Spuren mussten gesichert werden. Gefahr für die Stadt sieht Andrä nicht mehr. Aus Sicherheitsgründen müssten keine Veranstaltungen abgesagt werden, wenn, dann aus Pietätsgründen.

Zuvor waren bereits mehrere Großveranstaltungen in München für den Samstag abgesagt worden. So gaben die Veranstalter des Feuerwerks Sommernachtstraum bekannt, dass die Veranstaltung "aus Sicherheits- und Pietätsgründen" ausfalle. Auch das Open Air "Oben Ohne", zu dem 20.000 Menschen erwartet worden waren, wurde abgesagt.


Die Ereignisse vom Freitagabend

Der Freitagabend hatte friedlich begonnen. Viele Münchener waren nach dem Feierabend zum Bummeln im Olympia-Einkaufszentrum, als um kurz vor 18 Uhr Schüsse ertönten. Mehrere Notrufe gingen bei der Polizei ein. Zeugen berichteten von drei Männern mit Langwaffen. In Panik rannten die Menschen auf die Straße, andere versteckten sich zwischen Kleiderständern in einem der mehr als 100 Geschäfte in der ältesten Shopping-Mall Münchens.

Noch weit nach Mitternacht kreisten über München Hubschrauber. Die Bürgersteige und zentralen Plätze waren wie leergefegt. Nur durch die Straßen fuhr eine große Anzahl von Einsatzfahrzeugen mit Blaulicht. Viele Menschen trauten sich nicht auf den Heimweg.

Um 01:26 Uhr gab es dann die erste hoffnungsvolle Nachricht an diesem Abend. "Vorsichtige Entwarnung", twitterte die Polizei: "Wir haben im Rahmen der Fahndung eine Person gefunden, die sich selbst getötet hat." Dabei handle es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um den Täter, der nach aktuellem Kenntnisstand allein agiert habe.

Auch die Öffentlichen Verkehrsmittel hatten da gerade ihren regulären Betrieb wieder aufgenommen. Bereits gegen 21. 45 Uhr meldet die Polizei, das Einkaufzentrum sei komplett geräumt. Bei der Bluttat erlitten zahlreiche Menschen einen Schock.

Bayerns Ministerpräsident und Innenminister Joachim Herrmann (beide CSU) setzten ein Krisentreffen in der Staatskanzlei an. Seehofer berief für diesen Samstag (11.00) eine Sondersitzung seines Kabinetts ein.

Auch die Bundesregierung stellte sich auf eine Krisenlage ein. In Berlin wird das Bundessicherheitskabinett am Samstag tagen. Ihm gehört auch Innenminister Thomas de Maizière (CDU) an - er soll bereits zum zweiten Mal in dieser Woche seinen Urlaub unterbrochen haben und auf dem Rückflug aus den USA sein, hieß es in Berlin. Schon nach dem Axt-Angriff von Würzburg war er zurückgekehrt.


Polizei warnte vor Gerüchten und Spekulationen

Nach den Schüssen zirkulierten schnell Handy-Videos von Augenzeugen im Internet. Es blieb aber unklar, ob die Aufnahmen tatsächlich den Täter zeigten - zunächst gingen die Spekulationen im Internet ohnehin von mehreren Tätern aus.

Die Polizei erklärte, sie kenne viele Videos und werte diese aus. Sie richtete zudem ein, auf der Fotos und Videos hochgeladen werden können. Sie rief dazu auf, keine Bilder vom Tatort zu veröffentlichen. „Bitte keine Fotos/Filme von polizeilichen Maßnahmen online stellen. Unterstützt nicht die Täter!“, twitterte sie.

Rasch waren Einsatzkräfte vor Ort. Die Polizei München appellierte um 18:35 Uhr: "Im Moment haben wir einen großen Polizeieinsatz am OEZ. Bitte meiden Sie den Bereich um das Einkaufszentrum." Eine halbe Stunde später forderten die Beamten dazu auf, in der Umgebung in den Wohnungen zu bleiben und die Straßen zu verlassen. Nach knapp einer Stunde twitterte die Polizei dann die Bitte, öffentliche Plätze in der ganzen Stadt zu meiden. "Die Lage ist noch unübersichtlich."

In der Stadt zirkulierten Gerüchte über weitere Tatorte, über Schüsse am Stachus und am Isartor. Doch die Polizei sprach auch am Abend von nur einem Tatort. Später appellierten die Beamten über Twitter: "Bitte haltet Euch mit Spekulationen & Diskussionen hier momentan zurück. Damit würdet Ihr uns sehr unterstützen."

Da der Täter flüchtig war, stoppte die Polizei den Bahnverkehr, auch der Hauptbahnhof wurde evakuiert. Ununterbrochen waren in der Stadt Sirenen zu hören, Hubschrauber kreisten über der Innenstadt. Die Polizei forderte die Anti-Terror-Einheit GSG 9 des Bundes und Spezialeinheiten aus mehreren anderen Bundesländern an.

Bundespräsident Joachim Gauck äußerte sich bestürzt: „Der mörderische Angriff in München entsetzt mich zutiefst.“ In Gedanken sei er bei allen Opfern und bei allen, die um einen geliebten Menschen trauerten oder fürchteten. Er fühle sich „allen verbunden, die im Einsatz sind, um Menschen zu schützen und Leben zu retten“. Kanzleramtsminister Peter Altmaier sagte im ZDF: „Wir dürfen nicht zulassen, dass die Terroristen ihr Ziel erreichen, nämlich unsere Gesellschaft zu verunsichern.“


Moscheen bieten Unterschlupf an

Augenzeugen berichteten, dass vor allem auswärtige Touristen durch die Straßen irrten und Schutz suchten. Unter dem Hashtag #offenetuer organisierten Internetnutzer in der Stadt Unterkünfte für Menschen, die in München sind und gerade nicht nach Hause kommen. Auch Moscheen boten Unterschlupf an. Der Hauptbahnhof wurde evakuiert, der Nahverkehr gestoppt.

In München hatte es zum Jahreswechsel bereits einmal Terroralarm gegeben. An Silvester bekam die Polizei um 19:40 Uhr Hinweise auf einen unmittelbar bevorstehenden Terroranschlag und räumte den Hauptbahnhof und den Bahnhof in München-Pasing. Viele Münchener waren zum Jahreswechsel in Angst um Freunde und Verwandte in der Innenstadt. Die Hinweise bestätigten sich nicht. Zudem war Bayern kürzlich von dem offenbar islamistisch motivierten Amoklauf in einem Regionalzug in Würzburg betroffen.

Die Polizei informierte wie schon in der Silvesternacht intensiv über den Nachrichtendienst Twitter. Auf Deutsch, Französisch, Englisch und Türkisch rief die Polizei München die Menschen auf, in ihren Häusern zu bleiben und keine Filme vom Tatort und den Einsatzkräften zu veröffentlichen. Das soziale Netzwerk Facebook richtete einen Safety Check ein, mit dem Nutzer ihre Freunde informieren konnten, dass sie in Sicherheit sind.

Das Olympia-Einkaufszentrum ist eine der größten und die älteste Shopping-Mall in München. Es wurde 1972 zu den Olympischen Spielen eröffnet. Es beherbergt nach eigenen Angaben 135 Geschäfte, vom Apple Store bis zum H&M sowie mehrere Cafés und Restaurants.