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Streit über Lieferkettengesetz: Koalition scheitert mit Schlichtungsversuch

Die Koalition streitet weiter über das Lieferkettengesetz. Eine Spitzenrunde mit Kanzlerin Merkel brachte keine Lösung. Kommende Woche soll es weitergehen.

Die Große Koalition ist erneut daran gescheitert, ihren Streit über ein nationales Lieferkettengesetz zu lösen. Ein Spitzengespräch zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) und den drei beteiligten Fachministern Gerd Müller (CSU, Entwicklung), Hubertus Heil (SPD, Arbeit) und Peter Altmaier (CDU, Wirtschaft) am Freitag brachte keine Einigung. Allerdings war von einer „Annäherung“ die Rede. Die Gespräche sollen kommende Woche fortgesetzt werden.

Zuvor waren Müller und Heil auf Altmaier zugegangen: Sie ließen ihre Forderung fallen, Unternehmer für Menschenrechtsverstöße in ihrer Zuliefererkette auch zivilrechtlich haftbar zu machen. Stattdessen sind in ihrem Kompromissangebot nur noch Bußgelder und administrative Strafen wie der Ausschluss eines Unternehmens von öffentlichen Aufträgen vorgesehen.

Altmaier aber gibt sich damit noch nicht zufrieden. Er will erreichen, dass sich die Sorgfaltspflichten der Unternehmen nur auf ihre direkten Zulieferer erstrecken. Das wiederum ist für Heil und Müller nicht akzeptabel. Ein „Placebo-Gesetz“ sei mit ihm nicht zu machen, sagt Heil.

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Die Hoffnungen auf eine Lösung hat Heil allerdings noch nicht begraben. Bei den Gesprächen mit der Kanzlerin habe es eine „Annäherung in wichtigen Sachfragen“ gegeben, sagte sein Sprecher. Das Arbeitsministerium sei fest entschlossen, „ein wirksames Lieferkettengesetz noch in dieser Legislaturperiode zu verabschieden.“

Das Lieferkettengesetz soll Unternehmen verpflichten, auf die Einhaltung elementarer Menschenrechte zu achten – nicht nur im eigenen Betrieb, sondern auch bei ihren Geschäftspartnern und Zulieferern im Ausland. So sollen beispielsweise Kinderarbeit oder ausbeuterische Arbeitsverhältnisse in der Kakao-, Textil- oder Rohstoffwirtschaft verhindert werden.

Wirtschaftsverbände protestieren

Menschenrechts- und Umweltgruppen wie auch einzelne Unternehmen machen sich schon lange für ein entsprechendes Gesetz stark. Dagegen warnen die großen Arbeitgeber- und Wirtschaftsverbände vor einem nationalen Alleingang. Sie argumentieren, dass ein Lieferkettengesetz die Position deutscher Unternehmen im internationalen Wettbewerb schwächt und der von der Coronakrise ohnehin schwer gebeutelten Wirtschaft zusätzliche Bürokratie auferlegt.

Noch am Freitag hatten sich der Arbeitgeberverband Gesamtmetall und der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) zu Wort gemeldet. „Es ist unbegreiflich, warum die SPD in der schlimmsten Wirtschaftskrise seit dem Zweiten Weltkrieg und trotz des in der Großen Koalition verabredeten Belastungsmoratoriums für die Wirtschaft an diesem für die Unternehmen praktisch nicht umsetzbaren Gesetzesvorhaben festhalten möchte“, sagte Gesamtmetall-Hauptgeschäftsführer Oliver Zander.

Menschenrechte seien nicht verhandelbar, twitterte der BDI. In globalen Wertschöpfungsketten sei es aber zu kurz gedacht, die Verantwortung durch ein deutsches Lieferkettengesetz allein an deutsche Unternehmen zu delegieren. „Politik und Wirtschaft müssen gemeinsam eine sinnvolle Lösung finden!“, schrieb der Industrieverband.

Kritik kommt auch aus den Ländern: „Das Lieferkettengesetz sei „geeignet, einen dauerhaften Flurschaden im deutschen Wirtschaftsrecht zu hinterlassen“, sagte der nordrhein-westfälische Justizminister Peter Biesenbach (CDU). Es drohe den Industriestandort Deutschland schwer zu belasten, wenn Unternehmen im Auftrag des Staates weltweit Detektivarbeit bei Produktionsbedingungen übernehmen müssten.

Es bestehe kein Grund, beim Lieferkettengesetz mit einem nationalen Alleingang vorzupreschen, wenn das Thema bereits in Brüssel ganz oben auf der Agenda stehe, sagte Biesenbach. „Für die nächste Justizministerkonferenz werde ich dieses wichtige Rechtsthema jedenfalls an die Spitze der Tagesordnung setzen.“

Freiwillige Selbstverpflichtung reicht nicht aus

Wirtschaftsminister Altmaier sperrt sich innerhalb der Regierung schon lange gegen das Gesetz. Weder eine erste Spitzenrunde der Fachminister mit Kanzlerin und Vizekanzler noch das Treffen der Koalitionsspitzen in dieser Woche hatten eine Einigung herbeigeführt. Menschenrechtsorganisationen werfen ihm vor, das Vorhaben verwässern zu wollen.

Heil und Müller dagegen pochen auf den Koalitionsvertrag. Darin hatten sich Union und SPD darauf verständigt, ein Gesetz einzubringen, wenn sich herausstellen sollte, dass die bisherige freiwillige Selbstverpflichtung der Wirtschaft nicht ausreicht, um die Einhaltung von Menschenrechtsstandards sicherzustellen.

Eine aufwendige Unternehmensbefragung hatte im vergangenen Jahr ein ernüchterndes Ergebnis zutage gefördert. Demnach erfüllt nur ein kleiner Teil der deutschen Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten die international vereinbarten „menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten“.